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Bruder Cadfaels Buße

Bruder Cadfaels Buße

Titel: Bruder Cadfaels Buße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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zu ergreifen. Am besten war es, sich um die Brandwunden und andere Verletzungen zu kümmern.
    Zwischen den Notlagern im Rittersaal, von denen der Geruch von verbranntem Fleisch und verbrannter Kleidung aufstieg, hörte er etwa eine halbe Stunde später, wie sich die Balken der Brustwehr lösten und in die Tiefe stürzten, wobei der Luftzug des Falls die Flammen erneut anfachte. Laut krachend stürzte die Konstruktion unterhalb des Turms zu Boden und blieb dort liegen. Hier und da flammte erneut Feuer auf und erstarb dann.
    Eine Weile darauf trat Philip in den Rittersaal, mit rußgeschwärztem Gesicht und ausgedörrt vom eingeatmeten Rauch. Er sah nur kurz herein, um sich zu erkundigen, wie es den Verwundeten ging. Er hatte selbst Verbrennungen erlitten, achtete aber kaum darauf.
    »Sie werden versuchen, vor Morgengrauen die Mauer an jener Stelle niederzureißen«, sagte er.
    »Die Brustwehr ist bestimmt noch zu heiß«, wandte Cadfael ein, der gerade einen stark verbrannten Arm behandelte.
    »Dennoch werden sie es versuchen. Es ist nur Holz, die Nacht ist kalt, und in ein paar Stunden ist alles ausgekühlt. Sie sind auf ein rasches Ende aus und werden es darauf ankommen lassen.«
    »Ohne Schutzdach?« Cadfael nahm nicht an, daß sie von Gloucester ein solches hölzernes Zelt herbeigeschleppt hatten, das immerhin lang genug war, um einen Trupp Männer und einen schweren Widder von oben und von den Seiten zu schützen.
    »Vermutlich haben sie den ganzen Tag daran gebaut.
    Holz steht ihnen ja reichlich zur Verfügung. Nachdem jetzt die halbe Brustwehr unten liegt, sind wir an jener Stelle verwundbar.« Philip zog sich das Kettenhemd über der versengten Schulter zurecht und kehrte auf den Wehrgang zurück. Cadfael, der endlich Atem schöpfen konnte, nachdem alle Verwundeten notdürftig versorgt waren, nahm an, daß es mehr oder weniger Mitternacht sein müsse. Also verrichtete er sein Matutin-Gebet, kurz, aber voller Inbrunst.
    Der Sturmangriff begann vor dem ersten Tageslicht.
    Der Feind hatte auf die Vorsichtsmaßnahme eines Schutzdaches verzichtet, bemühte sich aber, diesen Nachteil durch Schnelligkeit wettzumachen. In großer Zahl stürmten die Männer aus den Wäldern herab der Mauer entgegen, und obwohl die schußbereiten Wurf maschinen Lücken in ihre Reihen rissen, erreichten die meisten den Fuß des Turmes, unmittelbar neben der Stelle, wo die Reste der hölzernen Brustwehr glosten. Cadfael hörte im Rittersaal den Anprall des Sturmbocks gegen das Mauerwerk und spürte, wie der Boden unter seinen Füßen bebte. Da den Verteidigern ein Stück ihrer Brustwehr fehlte, mußten sie sich ungedeckt zeigen, um Steine nach unten zu schleudern und mit Hilfe von Öl und Fackeln den Brand dort neu zu entfachen. Cadfael hatte alle Hände voll zu tun und erfuhr nichts über den Kampfverlauf. Gegen Morgen riß ihn Philips Stellvertreter Guy Camville, ein Ritter aus Berkeley im nahegelegenen Grenzgebiet, aus dem Halbdämmer der Erschöpfung. Er legte ihm eine Hand auf die Schulter und forderte ihn auf, den vergleichsweise ruhigen Bergfried aufzusuchen, um dort einige Stunden zu schlafen, solange das möglich war.
    »In einem Streit, der Euch nicht betrifft«, sagte er voll Herzlichkeit, »habt Ihr genug getan, Bruder.«
    »Keiner von uns hat je genug getan«, gab Cadfael mit dem Ton des Bedauerns zurück, während er sich benommen erhob, »- und niemand je am rechten Ort.«
    Bevor es ganz hell wurde, zog sich der Stoßtrupp mitsamt dem Widder zurück. Zwar hatte die Ringmauer standgehalten, doch war es gelungen, eine Bresche unten in den Turm zu schlagen. Ein neuer Vorstoß würde im Licht des Tages ohne Schutzdach zu viele Menschenleben fordern, doch waren die Belagerer inzwischen gewiß eifrig dabei, ein solches Dach herzustellen, das ihren nächsten Angriff decken konnte. Sofern es ihnen gelang, Reisig und dürre Äste in die Bresche zu schaffen, dürfte es wohl möglich sein, sich mit Hilfe eines Feuers den Weg in den Burghof zu bahnen. Mit dem Eindringen einer größeren Zahl von Angreifern brauchte man aber erst zu rechnen, nachdem der Durchlaß ausgekühlt war - doch gerade Zeit war das einzige, was den Angreifern nicht im Übermaß zur Verfügung stand. Philip stellte all seine Steinschleudern an der bedrohten Südwestmauer auf und ließ sie beständig auf den Waldrand schießen. Er wollte den Bau des Schutzdachs nach Kräften behindern und den Feind zwingen, bis zum Einbruch der Dunkelheit in Deckung zu bleiben, wenn

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