Bruder Cadfaels Buße
eines Monarchen. Mein Vater hat den Weg bereitet, den ich gehe«, fuhr er fort. »Ich werde Stephen ebenso schätzen, wie ich Maud geschätzt habe, falls er sich als fähig erweist, die Ordnung im Lande wiederherzustellen.
Ich begreife den Groll sehr gut, den sie gegen mich hegt.
Sie hat das Recht, mich zu hassen, und ich werde ihren Haß ertragen.«
Es war das erste Mal, daß er so offen gesprochen hatte, und in seinen Worten lag weder Bedauern, noch Reue.
»Sofern Ihr mir glaubt, daß sie Euch einen schändlichen Tod wünscht«, sagte Cadfael, »ist mein Auftrag erfüllt. Wer die ganze Wahrheit kennt, kann sich darauf einstellen. Allerdings lechzt die Kaiserin nicht nur nach Rache, sie ist auch auf ihren Vorteil bedacht. Ich denke, sie würde sich auf einen Handel einlassen.«
»Es gibt Dinge, bei denen wir nicht zu feilschen bereit sind«, entgegnete Philip und wandte lächelnd den Kopf.
»Habt dennoch einen Augenblick Geduld mit mir«, sagte Cadfael. »Ihr habt von der Kaiserin gesprochen - jetzt sprecht mir von Olivier.«
Schroff wandte sich der dunkle Kopf wieder ab. Stumm spähte Philip nach Osten, wo es nichts zu sehen gab, es sei denn, seine eigene Vorstellungskraft hätte die Finsternis bevölkert.
»Dann will ich von ihm sprechen«, sagte Cadfael. »Ich kenne meinen Sohn. Ihr habt zu viel von ihm erwartet, denn er ist von schlichterer Wesensart als Ihr. Ich nehme an, daß Ihr gemeinsam mit ihm so manche gefährliche Situation durchlebt und einander schätzen gelernt habt.
Ihr konntet euch im Laufe der Zeit aufeinander verlassen.
Als Ihr dann das Lager gewechselt habt und er Euch nicht folgen konnte, war das doppelt bitter, denn beide hatten den Eindruck, vom jeweils anderen im Stich gelassen worden zu sein. Er hat nichts gesehen als den Verrat, Ihr hingegen ausschließlich seine Unfähigkeit zu verstehen, und sie war in Euren Augen gleichbedeutend mit Verrat.«
»Das ist Eure Geschichte, Bruder, nicht meine«, sagte Philip, der seinen Gleichmut wiedergewonnen hatte.
»Aber sie trifft genau einen bestimmten Punkt«, sagte Cadfael. »Ihr hegt keinen Groll gegen die Kaiserin dafür, daß sie Euch Euer Verhalten nachträgt. Warum könnt Ihr die gleiche Gerechtigkeit nicht meinem Sohn widerfahren lassen?«
Er bekam keine Antwort, brauchte aber auch keine; er kannte sie. Philip hatte Olivier ins Herz geschlossen; die Kaiserin hatte dort nie einen Platz gehabt.
12. Kapitel
ie erwartete Abordnung kam mit dem Morgengrauen. Der Marschall führte sie. Die Gruppe kam aus dem Wald heraus und setzte ihren Weg auf dem Damm fort, damit man sie sah, sobald sie die Deckung verließ: vorauf ein Ritter mit einem weißen Wimpel, dann FitzGilbert, dem drei Hauptleute folgten. Als unübersehbaren Hinweis darauf, daß sie weder eine Bedrohung darstellten, noch eine erwarteten, trugen sie weder Kettenhemden noch Waffen. Philip, den man aus seinem kurzen Schlaf geweckt hatte, kaum daß sie sich zeigten, trat zu ihrem Empfang über dem Tor zwischen den beiden Türmen auf den Wehrgang.
Cadfael hörte aus der Tür zum Rittersaal der Unterhaltung zu. Die Stille zwischen den Mauern war wie die Ruhe vor dem Sturm. Jeder verharrte in seiner Bewegung, um besser zu hören; nicht aus Furcht, sondern eher mit einer alles durchdringenden Erregung, wie sie es schon viele Male erlebt hatten, ein bekanntes Empfinden, das ihnen beinahe willkommen war.
»FitzRobert«, rief der Marschall, der einige Schritte vor den geschlossenen Torflügeln angehalten hatte, um den Mann, den er herausforderte, besser sehen zu können, »öffnet Eure Tore der Kaiserin und empfangt ihren Abgesandten.«
»Entledigt Euch Eurer Botschaft von dort, wo Ihr seid«, sagte Philip. »Ich höre Euch sehr gut.«
»Dann gebe ich Euch kund und zu wissen«, fuhr FitzGilbert mit lauter Stimme fort, »daß Eure Burg von einer starken Streitmacht umschlossen ist. Kein Entsatz vermag den Ring zu durchbrechen, um Euch zu helfen, und niemand kann die Burg ohne ausdrückliche Zustimmung der Kaiserin verlassen. Täuscht Euch nicht, Ihr könnt einem Angriff nicht widerstehen, und angreifen werden wir, sofern Ihr unsere Forderung nicht erfüllt.«
»Laßt Euer Angebot hören«, sagte Philip unbewegt.
»Ich habe zu tun, wenn schon Ihr nicht.«
FitzGilbert war in den Finessen des Bürgerkrieges zu erfahren, als daß herabsetzende Äußerungen ihn hätten erschüttern können. »Nun denn«, erwiderte er, »Eure Herrin, die Kaiserin, fordert Euch auf, ihr die Burg
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