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Bruder Cadfaels Buße

Bruder Cadfaels Buße

Titel: Bruder Cadfaels Buße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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dem Berggrat aufzuckte, unheimlich wirkende schwarze Umrisse zu erkennen: die Belagerungsmaschinen. Zwar konnte man sie aus der Entfernung für Spielzeug halten, doch waren sie deshalb nicht minder bedrohlich. Fürs erste hatte der Feind eine Pause eingelegt, alles war gespenstisch still. Auf der Mauer tauchten die Verteidiger vorsichtig aus dem Schutz der Zinnen auf, um zum Berggrat hinüberzuspähen. Für die Bogenschützen war es jetzt zu dunkel, wenn nicht gerade jemand in den Lichtkreis einer Fackel trat und dadurch ein unwiderstehliches Ziel bot.
    Unterdessen beklagten die Verteidiger ihre ersten Toten.
    Man hatte sie in der kalten Kapelle und den Gängen des Bergfrieds aufgebahrt, denn eine Beisetzung innerhalb der Anlage war nicht möglich.
    Cadfael schritt inmitten der angespannt und stumm in der Dämmerung stehenden Männer die Mauer zwischen den Türmen ab und sah Philip am Ende des Wehrgangs, wo das zerstörte Stück Brustwehr in die Tiefe hing. Er zeichnete sich kaum vor der Dunkelheit ab, trug immer noch sein Kettenhemd und suchte den Waldrand nach Feuerschein und der Position der Belagerungsmaschinen ab, welche die Kaiserin gegen ihn ins Feld führte.
    »Ihr habt nicht vergessen, was ich Euch gesagt habe?« fragte Cadfael, der dicht neben ihn getreten war. »Es ist die reine Wahrheit.«
    »Ich habe es nicht vergessen«, antwortete Philip, ohne den Kopf zu wenden.
    »Und Ihr zweifelt auch nicht an meinen Worten?«
    »Nein«, sagte er mit einem Lächeln. »Ich habe nie daran gezweifelt. Ich denke auch jetzt daran. Sollte Gott der Kaiserin in den Arm fallen, müssen wir an die denken, die übrig bleiben.« Dann wandte er den Kopf und sah Cadfael, immer noch lächelnd, an. »Wollt Ihr meinen Tod?«
    »Nein«, sagte Cadfael.
    Mit einem Mal flammte eins der winzigen Feuer in der Ferne mit einem roten Glühen auf, nicht größer als der Funke, der von einem Feuerstein springt. Für Sekunden ließ es, kaum wahrnehmbar, eine heftige Bewegung, gleich einer Störung der nächtlichen Ruhe, die über dem Wald lag, erkennen. Blätter und Zweige blitzten auf wie geklöppelte Spitze und verschwanden wieder. Etwas erhob sich zischend und glühend in die Dunkelheit, ein angsteinflößender Komet mit einem Feuerschweif. Einer der Bogenschützen, der zehn Schritt von Cadfael entfernt stand, ein junger Bursche, der noch keine Belagerung miterlebt hatte, sah in hilflosem Staunen nach oben. Philip stieß einen Warnruf aus, stürmte vor wie eine geschleuderte Lanze, packte den jungen Mann um den Leib und riß ihn in den Schutz des Turmes zurück. Zu dritt ließen sie sich zu Boden fallen, und an jeder Zinne taten es ihnen die Männer gleich, drängten sich in den Winkel von Mauer und Wehrgang. Mit züngelnden Flammen schlug der funkensprühende Komet mitten in den herabhängenden Teil der Brustwehr ein, verschleuderte brennenden Teer und versprühte sein Feuer durch jede Öffnung der Zinnen. Sogleich fing das zersplitterte Holz Feuer, und die Flammen breiteten sich über die gesamte Länge der Brustwehr aus.
    Philip sprang auf und zog den atemlosen jungen Mann mit sich empor. »Fehlt dir nichts? Kannst du gehen? Dann runter mit dir und hol Äxte! Der Versuch zu löschen wäre sinnlos.«
    Später würde man sich mit Verbrennungen und Schlimmerem beschäftigen müssen, aber jetzt gab es Anderes zu tun. In verzweifelter Hast eilte der junge Bogenschütze in den Burghof hinab, und Philip rannte im Schutz der Zinnen gebückt dorthin, wo es am heftigsten brannte. Er zog seine Männer auf die Füße und schickte die am schwersten Verwundeten nach unten, damit ihre Wunden versorgt würden. Jetzt galt es, die Brustwehr loszuhacken, bevor sich das Feuer ausbreiten konnte, auf die Holzkonstruktion der Türme übergriff und geschmolzenen Teer in den Burghof hinabtropfen ließ. Cadfael trug einen stöhnenden jungen Mann Stufe um Stufe nach unten, das Skapulier um dessen Leib gewickelt, um das Glimmen seiner Kleider zu ersticken und den Geruch von versengtem Fleisch fernzuhalten. Unten warteten Männer, die ihn und andere in Empfang nahmen, um sie in Deckung zu bringen. Cadfael zögerte, ob er nicht besser auf den Wehrgang zurückkehrte. Dort oben schlug Philip mit seinen verbliebenen Wachen auf die brennenden Balken ein und watete durch züngelnde Teerpfützen, um auch an die Teile der Brustwehr zu gelangen, die nach wie vor von der Mauer herabhingen.
    Nein, befand Cadfael. Er gehörte nicht zur Besatzung und hatte nicht das Recht, Partei

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