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Bruder des Schwertes

Bruder des Schwertes

Titel: Bruder des Schwertes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donald A. Wollheim
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Tore einzog.
    Die Männer von Killorn schlugen vor einer der Mauern ihr Lager auf, und bald flackerten ihre Feuer gegen den silberblauen Himmel, während einige der Krieger Wache standen. Sie trauten den Ryvaniern nicht ganz, denn diese stammten aus den reichen Südländern mit den breiten Straßen und den Legionen von Soldaten und nicht aus Killorn und seiner harten stürmischen Einsamkeit.
    Bald danach traf die Nachricht ein, daß die Führer der Barbaren im Palast erwartet würden. Und so legten Bram, Nessa und Kery ihre polierten Harnische an und darüber ihre besten Tuniken und Umhänge. Sie warfen sich die Schwerter über die Schultern, bestiegen ihre Reittiere und ritten zwischen zwei Abteilungen der ryvanischen Wache durch die Tore und in die Stadt.
    Die Stadt war von Flüchtlingen förmlich überschwemmt. Menschenmassen strömten ziellos durch die breiten Straßen, ergossen sich in die Säulengänge und Hallen der Tempel und sogar in die Gärten und Villen der Adeligen. Da war der staubbedeckte, bärtige Bauer mit Weib und Kind, der sich mit staunenden Augen umsah; dort ritt der in farbenprächtige Gewänder gehüllte Edelmann, dessen vornehmes Gehabe kaum die darunter lauernde Furcht überdecken konnte, durch die Menge. Der fette Kaufmann und der kahlrasierte Priester starrten mit bösen Augen auf die mittellosen Flüchtlinge, die sich durch die Straßen wälzten und auf Befehl der Königin mit Speise und Obdach versehen werden mußten. Soldaten versuchten, in dem Menschengewirr die Ordnung aufrechtzuerhalten. Ihre Gesichter waren verzerrt, und die Rüstungen drückten schwer auf den Schultern. Gaukler, Diebe, Quacksalber, Dirnen und Gastwirte gingen in der hektischen Fröhlichkeit der Untergangsstimmung ihren Geschäften nach. Ein Sturm von Menschen, der sich in dunklen Gäßchen und wirbelnden Mengen verlor – die ganze Welt schien sich in Ryvan eingefunden zu haben, um sich hier vor dem drohenden Untergang dicht zusammenzudrängen.
    Die Furcht ritt durch die Stadt, und Kery konnte sie fühlen. Er atmete, und die Luft war mit Schrecken gesättigt. Seine Haare sträubten sich wie die eines Tieres, und er legte die Hand um den Griff seines Schwertes. Einen Augenblick lang dachte er an Killorn. Der große See stieg vor seinem geistigen Auge empor, und er stand an seinem Ufer und sah, wie die Brise kleine Wellen erzeugte, und hörte das Geflüster des Schilfes und das Glucksen des Wassers am Kiesstrand. Ringsum erstreckten sich meilenweit Hügel und Moore, und der reine, starke Geruch des Heidekrauts drang in seine Nase. Alles war ruhig bis auf den kühlen Wind, der durch Mornas Haar fuhr. Und im Westen hing die riesige Sonnenscheibe knapp unter dem Horizont, und die stets wechselnden Farben – rote, grüne und goldene Flammen – flackerten am Dämmerhimmel.
    Er schüttelte den Kopf, in dem er seine Sehnsucht als scharfen Schmerz empfand, und trieb sein Roß durch die Menge. Bald erreichten sie den Palast.
    Er war langgestreckt, niedrig und prächtig, nun jedoch von den Adeligen und ihrem Anhang überfüllt, die hierher gezogen waren und ihre eigenen Villen widerwillig den Heimlosen überlassen hatten. Die Nordmänner stiegen ab und schritten durch die Reihen der Wachen, durch duftende Gärten, breite Marmorstufen hinan, durch lange Gänge und reich ausgestattete Räume und gelangten endlich in den Audienzsaal der Königin.
    Er glich einem Kelch von weißem Stein, aus Liebreiz gearbeitet und bis zum Rand mit Halbdunkel und Ruhe gefüllt. Die tiefblaue Dämmerung lag kühl und geheimnisvoll zwischen den hohen, schlanken Säulen, und von irgendwoher drang das Spiel einer Harfe, der Gesang von Vögeln und melodisches Geplätscher von Brunnen. Plötzlich wurde sich Kery seiner groben Kleidung, seiner linkischen Art und seines Akzents bewußt. Die Zunge wurde ihm schwer, und er wußte nicht, was er mit den Händen anfangen sollte. Unbeholfen nahm er den Helm ab.
    »Lord Bram von Killorn, Eure Majestät«, meldete der Haushofmeister.
    »Grüße und Willkomm«, sagte Sathi.
    Nachricht von der jungen Königin von Ryvan war in weit entfernte Gebiete gedrungen, aber Kery stellte verwirrt fest, daß die Gerüchte noch untertrieben hatten. Sie war groß, graziös und gut proportioniert, und tief unter dem breiten, weichen Mund und den anmutigen Rundungen von Wange und Stirn schlummerte Willensstärke. Ein wenig Blut aus den Sonnenländern dunkelte ihr Haar zu glänzendem Blauschwarz und vergoldete ihre Haut. Das Feuer

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