Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bruder Kemal: Ein Kayankaya-Roman (German Edition)

Bruder Kemal: Ein Kayankaya-Roman (German Edition)

Titel: Bruder Kemal: Ein Kayankaya-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Arjouni
Vom Netzwerk:
Dafürhalten ein äußerst wichtiges und höchst brisantes Buch geschrieben hat, möglicherweise nicht ganz ernst nimmt – also, das einigermaßen fair und unvoreingenommen rüberzubringen ist jedenfalls nicht gerade unkompliziert. Und nachher steht dann in der Zeitung: Bestsellerautor vom eigenen Leibwächter verhöhnt oder so was.«
    »Machen Sie sich keine Sorgen. Ich hab kein Interesse daran, in die Zeitung zu kommen.«
    »Das habe ich mir schon gedacht. Ich wollte Sie nur warnen: Manche Journalisten können recht forsch werden.«
    »Danke.«
    »Und noch was…«
    »Ja?«
    »Auf Rashids Tagesplänen werden Sie sehen, an welchen Veranstaltungen er teilnimmt. Unter anderem wird er im Literaturhaus ein Podiumsgespräch mit Herrn Doktor Breitel führen…«
    Sie machte eine Pause, ließ mir Zeit zu reagieren, und als ich nichts sagte, fügte sie erklärend hinzu: »Einer der Herausgeber der Berliner Nachrichten. Der Titel lautet: ›Die zehn Plagen‹…« Wieder wartete sie kurz auf eine Reaktion. »Das ist aus der Bibel. Irgendwann hat Gott mal Hitze, Heuschrecken und Hagel und so was übers Land geschickt, um… Ach, ich weiß auch nicht mehr genau. Jedenfalls bei dem Podiumsgespräch geht es um die verschiedenen Bedrohungen für unsere westliche Gesellschaft: Geburtenrückgang, Zerfall der Familien, Vereinsamung, Übertechnisierung, Internet, noch ein paar Sachen und zuletzt – und mit Malik Rashid als Gast natürlich um das eigentliche Thema: ob hinter all dem nicht ein immer besser organisierter Islam steht, der uns die Bedrohungen, die Plagen also, mit mehr oder weniger Vorsatz bereitet. Da wird es zum Beispiel um die Folgen des Geburtenrückgangs bei, äh…«
    »Uns«, half ich ihr.
    »Ja, uns, und der Geburtenzunahme bei…«
    »Migrantenfamilien.«
    »Danke. Um so was wird es also gehen. Tut mir leid, das ist kein Thema, bei dem ich mich besonders gut auskenne, und ich finde den Veranstaltungszettel gerade nicht.«
    »Wissen Sie noch, was draufstand, wie der Islam uns die Übertechnisierung bereitet?«
    »Nun, das war im Zusammenhang mit dem Internet. Ich glaube, die These von Herrn Doktor Breitel lautet: dass das Internet der eigentliche Motor der Zerstörung unserer Gesellschaft ist, weil es – hier hab ich den Zettel, und da steht: ›lauter einsame, frustrierte, entmenschlichte Kreaturen schafft, die zu einer funktionierenden, wehrhaften Gemeinschaft nicht mehr fähig sind.‹ Und unten weiter: ›Wissen wir, wie viel arabisches und persisches Ölgeld im World Wide Web steckt? Aus einer Weltregion, in der die Mehrheit der Bevölkerung kaum Computer besitzt? Sollte das Internet etwa wie eine Droge sein, mit der die Herrscher und Religionsführer des Orients die westliche Welt eindecken, um aus uns eine Masse verblödeter, mit unnötigem Wissen vollgestopfter, pornosatter Stubenhocker zu machen? Ist das Internet vielleicht nichts anderes als intelligente Kriegsführung? Ähnlich wie die Briten im neunzehnten Jahrhundert China mit Opium erst von innen heraus schwächten, um es dann militärisch zu unterwerfen?‹ Und so weiter. ›…Wir freuen uns auf einen kontroversen Abend. Zuschauerfragen sind im Anschluss erlaubt. Aus Sicherheitsgründen bitten wir um Voranmeldung auf unserer Homepage. Für das leibliche Wohl sorgt Driss Mararoufi, Chefkoch im tunesischen Restaurant Medina in Sachsenhausen.‹« Katja Lipschitz machte eine kurze Pause und beschloss dann etwas zu laut, als gelte es den ein oder anderen Zweifel zu übertönen: »Das wird bestimmt ein äußerst interessanter Abend.«
    »Bestimmt. Doch was wollten Sie mir eigentlich sagen?«
    »Ach so. Nun, Sie haben gehört, aus Sicherheitsgründen werde um Voranmeldung gebeten. Tatsächlich ist es eine geschlossene Veranstaltung, wir wollten das bloß nicht öffentlich machen. Die Leute kaufen sich eher Bücher zu Veranstaltungen, für die sie keine Karten mehr bekommen haben, als zu solchen, bei denen sie als Besucher gar nicht vorgesehen waren. Das Risiko beim Einlass von normalem Publikum wäre einfach zu groß. Die Bürgermeisterin will kommen, vielleicht sogar der hessische Innenminister… Na ja, jedenfalls in dem Zusammenhang wollte ich Sie um… ähm… angemessene Kleidung bitten.«
    »Wie meinen Sie das? Turban?«
    »Nein, natürlich nicht.« Sie lachte kurz und nervös auf. »Wenn Sie einen Anzug hätten oder zumindest ein Sakko – es wird ein sehr exklusiver Abend, und in Ihrem eigenen Interesse… Ich nehme an, auch Ihnen wäre es

Weitere Kostenlose Bücher