Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bruder Kemal: Ein Kayankaya-Roman (German Edition)

Bruder Kemal: Ein Kayankaya-Roman (German Edition)

Titel: Bruder Kemal: Ein Kayankaya-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Arjouni
Vom Netzwerk:
Luft, und dann aus der Musikbox: Greatest Love of All – da gehen Sie auf die Knie vor Glück. Und dann sie wieder: Na schön. Ich habe einen Rekorder, der geht noch… Oder so ähnlich. Jedenfalls wussten wir beide, dass es von hier bis zu einem gemeinsamen Whitney-Houston-Abend bei Wein und Kerzenlicht nur noch höchstens drei Sätze waren.
    Schließlich sagte ich: »Abgesehen davon, dass meine Whitney-Houston-Zeit vorbei ist.«
    Sie räusperte sich, ihr Ton wurde freundlich sachlich: »Na, das hoffe ich – mit dreiundfünfzig.«
    »Sie meinen, mit dreiundfünfzig ist man zu alt für Whitney Houston?«
    »Zu alt für eine Whitney-Houston-Zeit, denke ich. Hin und wieder einen Song, warum nicht?«
    Ich merkte, wie ich die Zähne bleckte. »Ich wette, auf Ihrem MP 3-Player haben Sie hin und wieder einen Whitney-Houston-Song.«
    Sie zögerte. »Kann schon sein. Ich weiß es nicht. Ich hör schon seit einer Weile keine Musik mehr.«
    Es lag mir auf der Zunge: Aber mit Abakay doch sicher die ein oder andere Ballade?
    Stattdessen sagte ich: »Das kommt schon wieder. Solche Phasen gibt’s.« Und dann noch spröder: »Haben Sie meine Rechnung bekommen?«
    »Ja.« Kurze Pause, dann in alter Kühle: »Soll ich die auch verschwinden lassen?«
    »Jedenfalls sollen Sie mir das Geld nicht überweisen. Ich hol’s mir einfach irgendwann in bar ab.«
    Sie sagte nichts.
    »Oder vielleicht schicke ich einen Freund, der es abholt.«
    »Ja, machen wir’s doch so«, sagte sie.
    Es ärgerte mich. Dass sie mich so schnell ziehen ließ, wollte ich dann doch nicht. Und es ärgerte mich, dass es mich ärgerte.
    »Okay, so machen wir’s. Und bitte geben Sie mir sofort Bescheid, wenn Sie jemand nach mir fragt.«
    »Kann ich da nicht auch Ihrem Freund Bescheid geben? Wäre das nicht einfacher?«
    Ich sah auf meine große Bahnhofsuhr, hinter der sich meine Pistolen, Handschellen, K.O. -Tropfen, mein Pfefferspray verbargen. »Nein, das wäre nicht einfacher. Weil mein Freund keine Ahnung hat, worum es geht.«
    »Na schön, ich ruf Sie an. Gibt es sonst noch was zu besprechen?«
    Ich verneinte, wir verabschiedeten uns und legten auf. Ich war wütend. Auf sie, auf mich. Nebenbei fragte ich mich, warum ich nach Whitney Houston auf Foreigner und Münchner Freiheit gekommen war. Alles Puffmusik.
    Ich saß immer noch nachdenklich am Schreibtisch, als zehn Minuten später Katja Lipschitz anrief.
    »Hallo, Herr Kayankaya.«
    »Hallo, Frau Lipschitz.«
    »Ich habe mit unserem Verleger gesprochen. Wenn Sie nach wie vor bereit sind, würden wir Sie gerne während der Buchmesse für drei Tage als Leibwächter für Malik Rashid engagieren.«
    »Ich bin bereit. Haben Sie Ihrem Verleger meinen Preis genannt? Nicht dass es bei der Bezahlung nachher Schwierigkeiten gibt.«
    Ich wusste nicht, warum, wahrscheinlich lag es nur an einem durch billige Fernsehfilme genährten Klischee, aber bei der Buchbranche dachte ich an eine gewisse Schwerfälligkeit beim Erfüllen finanzieller Verpflichtungen.
    »Ist alles abgesegnet. Mailen Sie mir Ihren Vertrag.«
    »Mach ich sofort. Der Vorschuss beträgt einen Mindesttagessatz, also tausend Euro plus Steuern. Sobald der auf meinem Konto eingegangen ist, guck ich mir Rashids Hotel an. Wie hieß es noch mal?«
    »Das ›Harmonia‹ in Niederrad.«
    »Wann reist Rashid an?«
    »Freitag Mittag. Ist das für Sie in Ordnung, Freitag Mittag bis Montag Mittag, drei Tage?«
    »Das ist in Ordnung. Soll ich ihn vom Flughafen oder Bahnhof abholen?«
    »Nein, das macht meine Assistentin. Rashid, Sie und ich treffen uns um zwölf im Hotel, um alles zu besprechen. Ab dann würde er sich in Ihrer Obhut befinden.«
    »Wunderbar. Dann also bis Freitag um zwölf.«
    »Eine Bitte habe ich noch, Herr Kayankaya. Es ist gut möglich, dass während der Messe Journalisten auf Sie zukommen. Rashid und sein Roman werden ein großes Thema sein, da könnte sein Leibwächter auch ein Thema werden. Ob Sie sein Buch gelesen haben, was Sie als Moslem darüber denken und so weiter…«
    »Und Sie möchten, dass ich die Klappe halte.«
    »Nun, was Sie mir gesagt haben, wie Ihre Einstellung zu Religion ist, und überhaupt, Ihre Art… Verstehen Sie mich nicht falsch, ich fand es sehr… interessant, mit Ihnen zu reden, aber… Sehen Sie, Journalisten neigen nicht zum Komplizierten. Und ein türkischer Leibwächter, der Gott mit warmen Steinen vergleicht und das Objekt seiner Bewachung, einen international renommierten Autor, der nach allgemeinem

Weitere Kostenlose Bücher