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Bruder Kemal: Ein Kayankaya-Roman (German Edition)

Bruder Kemal: Ein Kayankaya-Roman (German Edition)

Titel: Bruder Kemal: Ein Kayankaya-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Arjouni
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vor, wie wir in den nächsten Tagen alle halbe Stunde gemeinsam zur Toilette zuckelten.
    Als er schließlich zurückkam, hatte sich seine Laune merklich verbessert. »Gut, Herr Kayankaya«, sagte er versöhnlich. »Machen wir’s, wie Sie’s für richtig halten.«
    Katja Lipschitz schaute erleichtert.
    Auf dem Weg zur Messe kam im Taxi dann mit einem Mal sogar richtig gute Stimmung auf. Rashid erkundigte sich bei Katja Lipschitz, wer noch alles käme, Lutz Dingsbums vielleicht oder der »witzige Bodo«, wie viele Interviewtermine er habe, wo man vor der Veranstaltung am Abend noch schnell was essen könne, und schien sich zu freuen wie ein Kind, auch wenn er zwischendurch immer wieder stöhnte: »Gott, wird das anstrengend!«
    Zu mir sagte er: »Sie werden sehen, die Buchmesse, das ist die Hölle!« Und strahlte dabei übers ganze Gesicht.
    11
     
    Die Buchmesse war nicht die Hölle, sie roch nur ein bisschen so. In den riesigen Hallen breiteten sich über mehrere Stockwerke, jedes mit einer Fläche von etwa zwei Fußballfeldern, Stellwand an Stellwand gefühlte Millionen Verlagsstände bis in die letzte Ecke aus. Dazwischen schob sich durch Gänge und Stände, über Rolltreppen, in Toiletten und durch Eingangstüren pausenlos ein schwitzendes, ungewaschenes, parfümiertes, alkoholgetränktes, verkatertes, mit Haargel beschmiertes Menschengewühl. Aus Würstchen-, Pizza-, Chinapfannen-, Thaicurry- und Bratkartoffelbuden zog Fettdampf über die Köpfe, unsichtbare Heizungen schienen bis zum Anschlag aufgedreht – vielleicht produzierten aber auch nur die vielen Körper die Wärme –, und für Frischluft sorgten ausschließlich die paar wenigen auf- und zuschlagenden Eingangstüren.
    Dazu drangen aus der kleinen Verpflegungskammer des Maier Verlags schräg hinter mir die Ausdünstungen von auf der Wärmeplatte vor sich hin schmorendem Filterkaffee, verschmähten Ei- und Harzer-Käse-Brötchen, deren Aromen sich im Laufe des Tages immer deutlicher hervortaten, sowie einem selbstgebackenen Kokos-Bananen-Kuchen, den ein junger US -amerikanischer Autor den Verlagsmitarbeitern mitgebracht hatte, »For you, guys, for all the amazing work you do!«, und der aus Bountys und faulem Obst zu bestehen schien.
    Der Stand des Maier Verlags war ungefähr fünfundzwanzig Meter lang und fünf Meter breit. An den Wänden hingen Autorenporträts und Plakate von Buchumschlägen, in mehreren Regalen lagen stapelweise Neuerscheinungen, zum Sitzen gab es einfache Holzbänke und -stühle, dazu kleine runde Tische, auf jedem zwei Schalen mit Keksen und Salzgebäck. Ein etwa fünf Meter breites Wandstück in der Mitte des Stands sowie der Tisch und die vier Stühle davor unterschieden sich vom Rest der Einrichtung. Hier schmückten die Wand ein Fischernetz, zwei Plastikhummer, ein Plastiktintenfisch, eine Glasflasche mit Flaschenpost, eine kleine Boje und fünf ins Netz gehängte Exemplare des neuen Romans von Hans Peter Stullberg: Eine okzitanische Liebe. Der Tisch war ein klassischer französischer Bistrotisch mit Eisenfuß und Marmorplatte, die Stühle waren Gartenklappstühle aus Holz in den Farben Rot und Gelb. »Die Farben Okzitaniens«, wie uns Katja Lipschitz erklärte.
    Rashid hatte bei unserer Ankunft die besondere Präsentation von Stullbergs Roman trocken mit »wegen der Rückenbeschwerden« kommentiert.
    Mit seinem eigenen Roman Die Reise ans Ende der Tage war ein ganzes Regal vollgestellt, darüber ein Zitat aus Le Monde: »Selten sind inhaltliche Relevanz und formaler Ausdruck eine so vollendete Symbiose eingegangen.«
    »Ein toller Satz«, sagte Katja Lipschitz.
    »Tja, Le Monde ist eben immer noch Le Monde «, pflichtete Rashid bei.
    Und ich sagte: »Man bekommt sofort Lust zu lesen.«
    Katja Lipschitz warf mir einen ausdruckslosen Blick zu, ehe sie in die Ecke neben der Verpflegungskammer deutete. »Da, haben wir uns gedacht, sitzen Sie. Von dort haben Sie den ganzen Stand gut im Blick und bleiben relativ unauffällig. Malik wird seine Interviews mit Journalisten und Gespräche mit Lesern und Buchhändlern an dem Tisch vor Ihnen führen.«
    »Wunderbar«, sagte ich und stellte meine Tasche mit gebügeltem Hemd und Nadelstreifenanzug für die Abendveranstaltung mit Herrn Doktor Breitel neben den mir zugedachten Stuhl. Rashid schob seinen schwarzglänzenden Rucksack mit einer kleinen aufgenähten kanadischen Stoffflagge und der roten Aufschrift Vancouver International Writers Festival unter den Tisch, erklärte uns, er gehe

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