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Bruder Kemal: Ein Kayankaya-Roman (German Edition)

Bruder Kemal: Ein Kayankaya-Roman (German Edition)

Titel: Bruder Kemal: Ein Kayankaya-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Arjouni
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vielleicht noch eine Kleinigkeit – und zwar eine ausgezeichnete – zu essen oder einen kräftigenden Ingwersaft oder Tee zu trinken, dann würde ich Sie schnell ins Restaurant meiner Frau bringen. Dort sitzen auch ein paar Freunde von mir, die passen alle gut auf Sie auf, und in einer halben Stunde bin ich zurück und begleite Sie in die ›Frankfurter-Hof‹-Bar oder wohin Sie wollen.«
    »Ihre Frau hat ein Restaurant?«
    Ehe ich antworten konnte, trat Katja Lipschitz zu uns und sagte: »Verzeihung, Malik, aber Hans Peter geht jetzt, und ihr werdet euch morgen nicht mehr sehen.«
    Rashid erhob sich halb aus dem Stuhl und winkte zu Stullberg hinüber. »Tschüss, Hans Peter! Und gute Besserung!«
    »Danke, Malik! Viel Glück für dein neues Buch! Tolle Kritiken! Ich hoffe, die Leser ziehen nach!«
    Rashid setzte sich wieder. Seine Laune schien sich noch mal um eine Spur verschlechtert zu haben. Ohne mich anzusehen, sagte er: »Mal einen Moment von hier wegzugehen ist vielleicht eine gute Idee.«
    Kurz bevor wir das Restaurant verließen und während Rashid seinen Mantel aus der Ecke holte, bat ich Katja Lipschitz, mir eine Einladung für zwei Personen für Stullbergs Lesung im Literaturhaus zu besorgen.
    Überrascht fragte sie: »Sie mögen Stullbergs Bücher?«
    »Nun… Sagen Sie bitte Rashid nichts davon.«
    »Natürlich nicht.« Sie lächelte verständnisvoll.
    Die ersten fünf Minuten fuhren wir stumm. Ich lenkte meinen Opel über die Kurt-Schumacher-Straße, an der Konstabler Wache vorbei rechts in die Zeil. Niemand folgte uns. Rashid sah die ganze Zeit düster aus dem Fenster. »Ich hoffe, die Leser ziehen nach« – damit schien ihn der Bestsellerautor Stullberg für diesen Abend ausgeknockt zu haben.
    Schließlich fragte Rashid, wie um das Thema zu wechseln: »Wie heißt eigentlich Ihre Frau?«
    »Deborah.«
    »Deborah?« Er wandte den Kopf zu mir. »Ist sie jüdisch?«
    »Ihre Großmutter war’s.«
    »Spielte das bei Ihrer Heirat keine Rolle?«
    »Wir sind nicht verheiratet. Ich nenne sie meine Frau, weil sie das nun mal ist, auch ohne Papiere.«
    »Aha!« Er beugte sich im Beifahrersitz vor und grinste mich übertrieben an. Wahrscheinlich hatte er beschlossen, dass Stullberg ihm verdammt noch mal nicht den Abend verdarb. Rashid also auf einmal witzig: »Wie die Deutschen, was? Verheiratet, nicht verheiratet, Hauptsache…«, er blinzelte mir zu. »Ich kenne kein anderes Land, wo so viele Leute unverheiratet zusammenleben.«
    »Was heißt hier ›wie‹? Wollen Sie meinen Ausweis sehen?«
    »Ein Ausweis ist auch nur ein Stück Plastik, Herr Kemal Kayankaya.« Er machte eine Pause und wartete auf meine Erwiderung. Ich ließ ihn warten.
    Schließlich wechselte er das Thema, blieb allerdings im Bereich Völkerkunde: »Ich bin Araber, ja. Aber wissen Sie was? Ich liebe die Juden.«
    »Alle?«
    »Ach, Sie…!«
    Ich war froh, im nächsten Moment vor Deborahs Weinstube angekommen zu sein. Sollte er sich über solchen Quatsch doch mit Lara unterhalten.
    Auf der Straße sah ich mich schnell und unauffällig nach Beschattern um, entdeckte aber niemanden.
    Der kleine Saal war rappelvoll, es roch nach Essen, es war laut, der Kellner trug schwitzend einen Stapel Teller in die Küche. An einem Sechsertisch saßen Slibulsky, Lara, Tugba vom ›Mister Happy‹, Raoul, ein alter Freund und Besitzer des Restaurants Haiti Corner, Benjamin, ebenfalls ein alter Freund und Leiter einer Flüchtlingsberatungsstelle, und Deborah, die eine Pause machte und eine Scheibe Rinderzunge mit Kartoffeln und Mayonnaise aß. Später wollte ich auch so was.
    Alle schienen schon ziemlich betrunken und bester Laune zu sein. Rashid wurde begrüßt, der Kellner brachte einen weiteren Stuhl, ich gab Deborah einen Kuss und sagte ihr ins Ohr: »Ich bin in etwa einer halben Stunde wieder da. Pass auf, dass Slibulsky deinem neuen Gast keine reinhaut.«
    Deborah sah zu Rashid hinüber, der offensichtlich Mühe hatte, seinen Blick von Laras Dekolleté zu lösen.
    »Bis gleich.«
    Auf der Straße sah ich mich erneut und diesmal gründlicher nach Beschattern um. Das heißt: Eigentlich hielt ich nur Ausschau nach Scheich Hakims Sekretär. Ich war mir ziemlich sicher, dass es Methat gewesen war, der uns am Abend zuvor verfolgt hatte. Aber ich entdeckte nur einen kleinen Lieferwagen, der an der nächsten Straßenecke in zweiter Reihe stand. Im Führerhäuschen saßen ein älterer Mann und ein Mädchen. Vater und Tochter, dachte ich.
    Schließlich stieg

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