Bruderschaft der Kueste
allerdings stand Simon noch immer an der gleichen Stelle und war ihm nicht gefolgt. Miguel runzelte kurz die Stirn, als Simon weiterhin keine Anstalten machte, ihn anzugreifen, während er am Boden lag. Stattdessen senkte der junge Engländer seine Waffe, ging zurück zum ursprünglichen Ort ihres Kampfes und schien dort auf Miguel zu warten zu wollen.„Donnerwetter!“, entkam es Miguel verblüfft und er stemmte sich hoch. Sein Blick ruhte etwas länger nachdenklich auf Simons schlanker Gestalt.
„Ein echter, gottverdammter Gentleman!“, kam es ihm halb entgeistert, halb bewundernd über die Lippen und sekundenlang stand ein anderer Ausdruck in seinen Augen . Er stand vollends auf, schaute Simon verwundert an und näherte sich ihm langsam und viel vorsichtiger.
Simon erwartete ihn gelassen. Ringsum lachten, diskutierten und schrien die Piraten, genossen das Schauspiel offenbar in vollen Zügen, und wie Simon heraushörte, veränderten sich die Wetten gerade deutlich zu seinen Gunsten. Stolz richtete er sich auf. Dies war ganz nach seinem Geschmack. Nun würden ihn diese Männer wohl endlich auch als Mann respektieren. Miguel bezog ihm gegenüber erneut Position und schüttelte ungläubig den Kopf. Sein Lächeln war noch da, nur seine Augen musterten Simon jetzt lauernder, taxierten den Gegner.
Endlich hat auch er erkannt, dass er mich ernst nehmen muss, frohlockte Simon, nickte ihm respektvoll zu und griff erneut an. Mühelos trieb er den anderen Mann vor sich her, der nur hier und da halbherzig die Angriffe abblockte, sich oft genug einfach duckte und an anderer Stelle auftauchte. Er war schnell, doch Miguel kam mit Simons immer schneller und geschickter werdender Kampftechnik nicht zurecht. Immer wieder parierte er beinahe zu spät, wich irgendwann nur noch geschickt aus. Schließlich gelang es Simon, ihm den Degen mit einem heftigen Hieb aus der Hand zu schlagen. Verwundert starrte der Spanier seiner Waffe hinterher, die über das Deck davon schlitterte und in einem Haufen aus Tauen verschwand. Triumphierend blickte ihn Simon an und senkte augenblicklich seinen Degen. Hochmütig und aufrecht stand er da, versuchte seinen unpassenden, keuchenden Atem zu kontrollieren und stolz zu wirken.
Ein überraschendes Glücksgefühl durchströmte ihn, als er Miguel vor sich in die Knie gehen sah. Weit öffnete der Spanier seine Arme in einer Geste der Kapitulation. Die schwarzen Augen hatten jeden Spott verloren, blickten ihn nun offen bewundernd an. Simon dachte nicht lange drüber nach, tat, was man ihm beigebracht hatte: den unterlegenen Gegner zu respektieren, seine Kapitulation anzunehmen. Er trat auf den besiegten Mann zu und bot ihm freundschaftlich die Hand an. Dass diese Geste unter diesen gottlosen Menschen hier nicht angebracht war, erfuhr er schnell und sehr schmerzhaft, als Miguel die dargebotene Hand ohne zu Zögern packte, ihn heftig nach vorne zog, wobei Simon das Gleichgewicht verlor und hart zu Boden ging. Überrascht keuchte er auf, ließ prompt den Degen los. Im nächsten Moment, schon wurde ihm der rechte Arm auf den Rücken gedreht. Miguel zerrte ihn halb hoch und die andere Hand griff nach vorne, umklammerte schmerzhaft eine überaus empfindliche Stelle. Erschrocken keuchte Simon gequält auf, wagte es jetzt freilich nicht mehr, sich zu heftig zu bewegen, denn der Griff verstärkte sich augenblicklich, als er seinen Körper leicht anspannte. Ringsum war es plötzlich völlig still, alle Rufe und Stimmen verstummten. Sämtliche Augenpaare starrten auf die zwei Männer in der Mitte.
„Im Prinzip gut gekämpft, mein heißblütiger, englischer Lord“, hörte Simon Miguels Stimme leise in seinem Nacken. Sein warmer Atem strich über die feinen Härchen, ließ sie ganz fein vibrieren und sandte Schauer über Simons Nacken. „Freilich hat deine dumme Ehre dich letztlich zu Fall gebracht“, fuhr Miguel ebenso leise fort.
„Die wird dich nicht retten, wenn du wirklich kämpfen musst.“Auch Miguels Atem ging stoßweise, sein Schweiß tropfte auf Simons Nacken und Hals und hinterließ ein seltsam prickelndes Gefühl auf seiner Haut. Dieser Mann war ihm gefährlich nahe ...
„Wenn man kämpft, dann kämpft man mit allem, was man hat“, meinte Miguel sanft, sehr eindringlich.
„Und ein Mann ohne Ehre hat da einfach mehr Möglichkeiten.“
Sein Atem wurde heißer, als er sich vorbeugte. Simon spürte etwas Feuchtes an seiner Wange, erkannte entsetzt, dass der Mann ihm mit der Zunge langsam
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