Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bruderschaft der Kueste

Bruderschaft der Kueste

Titel: Bruderschaft der Kueste
Autoren: Chris P. Rolls
Vom Netzwerk:
als leicht, es zu ignorieren, dennoch musste er weiter, er musste einfach tun, was Jean verlangte. Also kam er auf die Beine, stieß sich von der Wand ab und verlor kein Wort, vermied jeden Gedanken daran, was da gerade passiert war. Aufrecht ging er an Miguel vorbei und wurde mit jedem Schritt sicherer. Kurz bevor er die Straße betrat, hörte er dessen Stimme hinter sich.  „Er wird dich nicht bekommen!“, flüsterte er, fast zu leise, um es zu hören. „Das schwöre ich dir, Simon !“ Der stockte, als Miguel leidenschaftlicher sprach:
    „Du wirst frei von ihm sein. Frei selbst zu entscheiden.“ Fast hätte sich Simon umgedreht, aber er wusste genau, dass es ein Fehler wäre. Also trat er entschlossen auf die Straße, versuchte das unangenehme Gefühl in seinem Schritt zu verdrängen und zügig weiter zu gehen. Er musste zum Haus Realmaer. Das musste er erreichen. Alles andere war unwichtig. Jeder Schritt trug ihn seiner Bestimmung entgegen. Unwiderruflich.
    Es war nicht weiter schwer, von Lord Realmaers Bediensteten eingelassen zu werden. Nach kurzer Zeit schon empfing ihn der Hausherr persönlich. Zwar war er natürlich überrascht über den unerwarteten Besuch, freute sich hingegen offensichtlich, jemand so Wichtiges zu beherbergen. Sehr glaubhaft konnte Simon in seiner derangierten Kleidung machen, dass er auf seiner Reise in unglückliche Umstände geraten war, und fand wohlwollende Aufnahme, ein warmes Bad und neue Kleidung. Einen Luxus, den er vollen Herzens, freilich mit schlechtem Gewissen genoss.
    Miguel war in jener Gasse zurückgeblieben. Simon hatte keine Ahnung, ob ihm der spanische Dieb später vielleicht noch gefolgt war oder seiner Wege gegangen war. Er vermied es auch tunlichst an ihn oder daran zu denken, was dort in der schmutzigen Seitengasse mit ihm passiert war. Er würde einfach nur sein Wort erfüllen, funktionieren, wie Jean es von ihm erwartete. Darin hatte Simon genug Übung. Er tat sein Leben lang schon nichts anderes.
    Gegen Abend wurde es im Haus ruhig. Simon hatte vorgegeben, von der anstrengenden Reise völlig erschöpft zu sein, um sich früh zurückziehen zu können. Nun lauschte er lange angestrengt und kam schließlich zu dem Schluss, dass wirklich alles schlief. Leise verließ er sein Zimmer und schlich sich durch das Haus hinunter in den Innenhof. Sein Herz schlug vermutlich laut genug, um jeden Bewohner damit aufzuwecken. Irgendwie schaffte er es unbemerkt in den Stall. Rasch fand er auch die Tür, die in die Seitengasse führte, und sperrte sie auf. Er holte tief Luft und öffnete sie vollends. Draußen schien alles ruhig zu sein. Wie schwarze Schatten huschten die dunklen Gestalten plötzlich heran und schälten sich aus der Nacht. Simon trat zurück, ließ sie passieren und fühlte sein Herz schwer schlagen, schwer vor Schuld und Scham. Jean hielt neben ihm an. Die Hand strich ihm kurz sanft über seine Wange. Simon wich augenblicklich zurück, denn Jeans Berührungen ekelten ihn geradezu an.
    „Gut gemacht, Simon“, lobte ihn der Piratenkapitän leise und forderte ihn auf:
    „Folge  mir.“
    Im Dunkeln versuchte Simon verstohlen Miguels Gestalt unter den Piraten auszumachen, jedoch schien er offenbar nicht mehr dabei zu sein. Vermutlich war er wirklich einfach geflohen. Der Gedanke daran versetzte Simon einen schmerzhaften Stich und ließ ihn hoffnungslos zurück.
    Die Piraten fanden rasch, was sie gesucht hatten. In einem Raum neben den Boxen führte eine hölzerne Falltür nach unten. Zügig kletterten ein paar von ihnen hinab und entzündeten die Petroleumlampen. Ihre gedämpften Stimmen drangen zu Jean und Simon hoch, die abwartend oben stehen geblieben waren.
    „Teufel auch!“, kam nach einer Weile ein Laut von unten. „Der Spanier hatte recht. Hier sind sechs Kisten voll Gold- und Silberschätzen.“
    Jean entwich ein leises Pfeifen durch seine Zähne und Simon konnte ihn trotz der Dunkelheit zufrieden grinsen sehen. Miguel hatte also nicht übertrieben. So ein verfluchter Dieb, dachte Simon kopfschüttelnd und versuchte dem Wort wieder den üblen Klang zu verleihen. Nur wollte es ihm nicht recht gelingen, wenn er es mit Miguels Bild verband.
    Die Piraten arbeiteten leise und zügig, brachten die Kisten nach oben und zur hinteren Tür. Gedämpfter Hufschlag erklang kurz danach. Simon machte ein Fuhrwerk aus, bei dessen Pferd die Hufe mit Stofflappen umwickelt waren, um das Klappern der Eisen zu unterbinden. Eilig wurden die Kisten aufgeladen. Jean
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher