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Bruderschaft der Unsterblichen

Bruderschaft der Unsterblichen

Titel: Bruderschaft der Unsterblichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Der Tod mag gut genug gewesen sein für Beeth o ven, Jesus und Präsident Eisenhower, aber ich, und damit will ich niemanden verletzen, ich bin anders. Ich kann mich nicht einfach hinlegen und entschlafen. Warum ist es nur so kurz? Warum kommt es so rasch? Warum kö n nen wir nicht das ganze Universum in uns aufnehmen? Der Tod schwebte mein ganzes Leben lang über mir. Mein Vater starb mit sechsunddreißig, Magenkrebs. E i nes Tages hustete er Blut aus und sagte, Schatz, ich fürchte, ich habe in der letzten Zeit sehr viel Gewicht verloren. Zehn Tage später sah er aus wie ein Skelett, und zehn Tage darauf war er ein Skelett. Sechsunddre i ßig Jahre sind ihm gewährt worden. Was ist das für ein Leben? Ich war elf, als er starb. Ich hatte einen Hund, der Hund starb. Die Schnauze wurde grau, die Ohren wurden schlaff, der Schwanz baumelte herunter, auf Wieders e hen. Ich hatte auch einmal Großeltern, genau wie du vier Personen. Sie starben: eins, zwei, drei, vier, die lederart i gen Gesichter, die Grabsteine im Staub. Warum? Wa r um? Warum? Ich will noch soviel sehen, LuAnn! Afrika, Asien und den Südpol, den Mars und die Planeten dra u ßen beim Alpha Centauri! Ich will den Sonnenaufgang am ersten Tag des einundzwanzigsten Jahrhunderts sehen und den vom zweiundzwanzigsten Jahrhundert auch. Bin ich gierig? Ja, ich bin gierig. Ich habe jetzt alles vor mir. Jetzt und alles. Planmäßig soll ich alles wieder verlieren. Genau wie jeder andere, aber ich weigere mich, mich dann zu unterwerfen. So fahre ich nach Westen, mit der Morgensonne im Rücken, und Timothy schnarcht neben mir, und Ned schreibt auf dem Rücksitz Gedichte, und Eli brütet über dem Mädchen, das Timothy ihm nicht zugestehen wollte. Und ich, ich denke diese Dinge alle dir zu, diese Dinge, die ich nicht erklären kann. Oliver Marshalls Meditation über den Tod. Bald werden wir in Arizona sein. Dann kommt die Enttäuschung und die Desillusionierung. Wir werden ein paar Bierchen trinken und uns gegenseitig erzählen, daß die ganze Sache offe n sichtlich ein Scherz war. Dann werden wir wieder nach Osten fahren und uns dem Prozeß des Todes ergeben. Aber vielleicht auch nicht, LuAnn, vielleicht nicht. Eine Chance existiert. Eine klitzekleine Chance, daß Elis Buch recht hat.
    Diese Chance existiert.

9. KAPITEL
Ned
     
    Heute sind wir bereits vier- oder fünfhundert Meilen g e fahren. Seit dem frühen Morgen ist kaum ein Wort gefa l len. Spannungen herrschen zwischen uns, setzen Abstä n de zwischen uns. Eli ist sauer auf Timothy; ich selbst bin auch sauer auf Timothy. Timothy ist über Eli und mich verstimmt. Oliver gehen wir alle auf die Nerven. Eli ist sauer auf Timothy, weil er verhindert hat, daß Eli das kleine dunkelhaarige Mädchen mitnehmen durfte, das er letzte Nacht aufgelesen hat. Meine Sympathie gehört Eli. Ich weiß, wie schwer es ihm fällt, ein nettes Mädchen zu finden, und welche Qual es für ihn gewesen sein muß, sich von ihr zu trennen. Auf der anderen Seite halte T i mothy natürlich recht: undenkbar, das Mädchen mitz u nehmen. Ich habe meine eigenen Gründe, Timothy zu zürnen, weil er sich in mein Sexualleben letzte Nacht in der Single-Bar eingemischt hat. Er hätte mich doch g e nausogut mit dem Knaben zu seiner Bude gehen lassen und mich am Morgen wieder auflesen können. Aber nein, Timothy befürchtete, man würde mich in der Stadt to t schlagen – du weißt doch, wie es ist, Ned, früher oder später schlagen sie jeden Schwulen tot –, und deshalb wollte er mich nicht aus den Augen verlieren. Was geht es ihn an, wenn ich zu Tode geprügelt werde, wenn ich meinen schmutzigen Vergnügungen nachgehe? Die Mandala würde auseinanderbrechen, das ist der Grund. Der viereckige Rahmen, der heilige Diamant. Drei kon n ten sich den Hütern der Schädel nicht präsentieren. Ich bin der notwendige Vierte. Somit ist Timothy, der sehr zum Ausdruck bringt, daß er nicht die Bohne an den Schädelhaus-Mythos glaubt, trotzdem zu dem Hirten g e worden, der unerbittlich die Gruppe intakt zum Altar führt. Mir gefällt seine Attitüde, sie hat die ausgewog e nen, gegensätzlichen Resonanzen, den angemessenen Kreis aufeinanderprasselnder Absurditäten. Ich bin nicht mit dem Herzen dabei, sagt Timothy, aber ich werde bis zum Ende mitmachen, und verdammt noch mal, ihr Bu r schen werdet ebenfalls bis zum Ende durchhalten.
    Es gibt noch andere Spannungen an diesem Morgen. Timothy ist mürrisch und in sich gekehrt. Ich nehme an, weil ihm die

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