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Bruderschatten

Bruderschatten

Titel: Bruderschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Bechtheim
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überall herum, dass er ab sofort keinen Tropfen mehr trinken würde. Wir haben Wetten abgeschlossen, wie lange er durchhalten würde. Ich hab 50 Mäuse gewonnen, weil ich wusste, dass die Frau es ihm wert war und er alles durchzog, wenn er sich einmal etwas vorgenommen hatte. Er war dann wie ein Pittbull, der sich verbissen hatte. Er ließ nicht wieder los.«
    Er inhalierte einen tiefen Zug, stieß den Rauch aus und fragte: »Also, weshalb interessieren Sie sich jetzt auf einmal dafür?«
    »Wissen Sie genauer, woran er gearbeitet hat?«
    »Das sagte ich bereits. Er arbeitete an dem Koslowski-Fall.«
    »Hatte er etwas Neues herausgefunden?«
    Er schwieg einen Moment.
    »Sie sind Leos kleine Schwester?«
    »Kannten Sie Leo etwa?«
    »Der kam doch in dem Sommer jeden Tag vorbei und stand Peter so lange auf den Füßen rum, bis er ihn mit ein paar Hilfsarbeiten beschäftigte. Leserbriefe beantworten, Traueranzeigen schreiben. So was. Der Junge wollte unbedingt Journalist werden, oder wissen Sie das etwa auch nicht?«
    »Doch«, sagte ich. »Er hatte nur keine Chance.«
    »Sind Sie deshalb Journalistin geworden?«
    »Nein«, sagte ich eine Spur zu schnell. »Kommen wir auf Peter Bartels zurück. War er vor seinem Tod anders als sonst?«
    »Er war in der Zeit ziemlich nervös. Das war auch kein Wunder, nachdem die Tochter seiner Freundin ermordet worden war. Aber er fing nicht wieder an zu trinken.«
    Ich war alarmiert.
    »Wie alt war das Mädchen?«
    »Weiß ich nicht mehr. Vielleicht sechs oder sieben.«
    »Sie war eine von Koslowskis Opfern, stimmt’s?«
    »Was denken Sie denn?«
    »Also war er auf einmal persönlich involviert.«
    »Das haben Sie aber messerscharf geschlussfolgert.«
    Ich ließ mich nicht provozieren.
    »Hatte er nun etwas Neues herausbekommen oder nicht?«, bohrte ich. »Das müssen Sie doch mitbekommen haben. Sie sagten eben, Sie hätten nach seinem Tod die Berichterstattung übernommen.«
    »Ich war ein blutjunger Anfänger, und er hat sich mir nun mal nicht anvertraut«, sagte er. »Aber Sie können seine Freundin fragen. Vielleicht weiß die ja was.«
    »Wie heißt sie?«
    »Paula Wenner.«
    »Mit Doppel-N?«
    »Nehm ich mal an.«
    Ich notierte den Namen und unterstrich ihn drei Mal.
    »Sie können es natürlich auch bei seiner Mutter versuchen. Die muss noch leben. Sie müsste jetzt weit in den Achtzigern sein. Wenn ich mich richtig erinnere, ist sie vor ein paar Jahren ins Seniorenheim gezogen. Wenn Sie Glück haben, hat sie was von seinen Sachen behalten.«
    »Von welchen Sachen?«
    »Die ich ihr nach seinem Tod gebracht habe. Ich habe seinen Schreibtisch ausgeräumt und ihr alles vorbeigebracht. Es war nicht so viel. Private Tasse, extragroß für Kaffee mit Schnaps. So was. Passte alles in einen Schuhkarton.«
    »Haben Sie eine Adresse?«
    »Lange nicht hier gewesen, was?« Er lachte wieder und erklärte mir, dass es nur ein Seniorenheim gab und wo ich es finden konnte.
    »Weshalb haben Sie es nicht an seine Freundin geschickt?«
    »Die wohnten nicht zusammen. Die war ja völlig durch den Wind. Erst das Kind und dann der Freund.« Er machte eine Pause. »Offen gestanden, die war in der Zeit völlig hysterisch. Aus der kriegte man kein normales Wort raus. Sie hat fast nur geheult. Ich glaub, die war nach Peters Tod sogar mal im Krankenhaus. War wohl alles zu viel.«
    »Haben Sie von ihr auch eine Adresse oder Telefonnummer?«
    Er bat um einen Moment Geduld, legte den Hörer beiseite, und ich hörte, wie er etwas durchblätterte. Ein Rolodex. Die junge Nachwuchsredakteurin wusste wahrscheinlich nicht einmal mehr, wie man ein Telefonverzeichnis handschriftlich anlegte.
    Als er sich wieder meldete, notierte ich mir Paula Wenners Adresse und Telefonnummer, und dann suchte er für mich noch die Nummer des Heims heraus.

38
    Paula Wenners Tochter war eines von Koslowskis Opfern, hatte Heiner Mundt gesagt, und noch während wir uns weiter am Telefon unterhielten, übernahmen meine Mutterinstinkte die Führung. Kaum hatte ich aufgelegt, stieg ich leise nach oben ins Dachgeschoss und öffnete die Tür.
    Ich erwischte sie, wie sie mit roten Köpfen etwas unter die Bettdecke stopften. Es könnte ein »Playboy« sein. Sie waren in dem Alter. Dann legten sie ihre Hände sittsam auf die Decke und schauten unschuldig drein.
    Ich unterdrückte ein Lächeln und atmete auf. Wahrscheinlich hatte Chris einen »Playboy« von seinem Vater mitgehen lassen. Sie lagen bei Cornelius auf der Toilette im tiefsten und

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