Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brüchige Siege

Brüchige Siege

Titel: Brüchige Siege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
Vom Netzwerk:
Curriden.

    »Hier.« Die Frau nahm Nr. 26 vom Kundenhaken und
    händigte ihm das Schildchen aus. »Das Honorar, bitte.«
    Curriden zahlte. »Sie können jetzt in den Korridor gehen und
    warten.«
    Curriden schob mich in einen schummrigen, langen Flur, auf
    einen verschlissenen pflaumenfarbenen Läufer, vorbei an
    etlichen Türen und romantischen Bildern von alten
    Herrenhäusern und zwei von vier schaumigen Aquarien auf
    fahrbaren Untersätzen, wie man sie im Krankenhaus benutzt,
    um das Essen rumzufahren. Wir landeten in einem
    Wartezimmer – eigentlich mehr eine Art Parkplatz für
    Fußgänger – mit Klappstühlen und einem niedrigen Tisch, auf
    dem Stöße von Illustrierten lagen.
    Drei Soldaten saßen in dem offenen Karee. Niemand sagte
    ein Wort, niemand las eine Illustrierte. Zwei GIs sahen
    gelangweilt drein. Der dritte wippte nervös mit dem Bein.
    Curriden und ich setzten uns neben ihn. Der PFC hatte unter
    dem fliehenden Kinn ein Geschwader von winzigen
    Rasiermesserblessuren. Er sah uns mißtrauisch an, dann grinste er höllisch breit.
    »Werd sie richtig in die Mangel nehmen. Werd meinen
    Treibhammer auf Vollgas fahren und die Mieze halbieren.«
    Der Corporal, der ihm am nächsten saß, meinte: »Wenn ihm
    bloß das Knie nicht durchgeht, bevor er dran ist.«
    »Ha, ha«, sagte der PFC. »Sehr witzig.«
    In genau dem Augenblick ging mir schlagartig auf, daß ich in
    ein Bordell geraten war – ich meine, das Drum und Dran war mir nicht entgangen, aber daß Curriden mich durch diesen
    Mannbarkeitsritus schleusen wollte, begriff ich erst jetzt. Er packte mich beim Hemd und zog mich auf den Stuhl zurück.
    Weiter unten ging gegenüber einem der Fischbecken eine Tür
    auf; ein Mann in Uniform kam den Flur herauf und machte bei
    uns halt. »Nummer fünfundzwanzig für Sabrina. Die Lady

    sagt, um neun macht sie Schluß, egal wer noch dran ist.« Er
    sah auf die Uhr an seinem Handgelenk. »Ich hab erst acht.«
    »Sabrina«, sagte der PFC. »Wau, das bin ich!« Er zeigte
    rasch seine Nummer und stand auf. Mir fiel sofort auf, daß der Boden nicht mehr vibrierte. »Ich besorg’s ihr dreimal in acht
    Minuten. Die wird mich nicht wieder fortlassen.«
    Curriden schnappte sich die Nummer des Burschen und
    steckte ihm eine schmalgefaltete Dollarnote zu. »Such dir’n
    Mädchen, das länger bleibt. Das Leben ist zu kurz, um die
    wichtigen Dinge zu überstürzen.«
    »He, gib mir meine Nummer!«
    »Ah-ah.« Curriden drückte ihn mit sanften drei Fingern auf
    den Stuhl zurück und bugsierte mich den Flur hinunter zu
    Sabrinas Zimmer. Der PFC kam uns nicht hinterher – er hatte
    seinen Extradollar und war nicht so dumm, einen Mann von
    Curridens Statur zu provozieren.
    In dem erleuchteten Becken vis-à-vis von Sabrinas Zimmer –
    der Flur wurde nur von den vier Aquarien erhellt, die lauter
    kühle blaugrüne Lichtflecken streuten – schwammen die
    Fische in hypnotisierten und hypnotisierenden Formationen:
    gestreifte Fische, gefleckte Fische, solche mit Flossen, die wie Hochzeitsschleier wehten, und solche mit durchsichtiger Haut
    und Skeletten, die wie Weihnachtsbäume glühten.
    Curriden klopfte an, die Tür ging auf. Aus dem Augenwinkel
    sah ich eine brünette, blaßhäutige Frau, die etwa so groß war
    wie ich und ein Nachthemd mit Jochkragen, Perlknöpfen und
    Johnny-Mack-Brown-Latz trug. Die Beine darunter erinnerten
    an eine Baumschere. Die Zehennägel waren orangerot lackiert.
    Curriden gab ihr noch einen Extra-Bonus. »Sabrina, das ist
    Danny Boles. Danny, das ist Sabrina Loveburn.
    Vito, Quip und ich werden uns unten ein wenig stärken,
    Kleiner. Mach’s gut.«

    »Um neun hab ich Schluß«, sagte Sabrina hinter Curriden
    her.
    »Nicht, wenn du nachzählst, Honey. Außerdem geht er
    schneller los als ein Knallfrosch. Sei ein Schatz.«
    »Dann komm mal rein«, sagte Miss Loveburn.
    Ich starrte auf ihre Fußnägel und hätte mich wahrscheinlich
    gar nicht von der Stelle gerührt, wenn da nicht ein Getrappel
    auf der Treppe und ein Schwall von Männerstimmen gewesen
    wäre. Gerade als ein Trupp von vier Soldaten durch die Tür an
    die Theke der Concierge lärmte, trat ich in Miss Loveburns
    Zimmer. Sie schloß die Tür. Die GIs bollerten an jede Tür im
    Flur, auch an unsere.
    »Du bist also ein Baseballspieler«, sagte sie. »Und einer, der nicht redet.« Wann hatte Curriden ihr das erzählt?
    Ich machte nicht mal den Versuch zu antworten. In dem
    Zimmer gab es ein niedriges, schmales Bett (mehr eine

Weitere Kostenlose Bücher