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Brüchige Siege

Brüchige Siege

Titel: Brüchige Siege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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ausstehen.
    Als die schwerfällige Hälfte des ersten Innings* getan war
    und die Mannschaften mit indifferenten Mienen die Plätze
    tauschten, da sagte ich: »Mr. Boles, Sie sind ein
    anspruchsvoller Mann, wenn es um neue Talente geht.«
    Er sah mich mit verengten Augen an, als hätte ich ihn mit
    einem Stock gepiekst.
    »Wenn da nicht Kit Carson gestanden hätte«, sagte ich mit einer Geste in Richtung Parkplatz, »ich wär bestimmt
    weitergefahren. Das ist das traurigste aller traurigen Nester, die ich in den letzten fünf Tagen besucht habe.«
    Boles Augen entspannten sich, sie wurden ein, zwei
    Nummern größer, jede Iris ein winziges Zahnrädchen. Die
    Aprilsonne schien von hinten durch seine Segelohren. Auch
    wenn er so aussah, als könne man ihn mit einer Spargelstange
    erschlagen: Boles flößte mir Angst ein. Wieso? Die
    grellbunten Hemdsärmel reichten bis an die Ellbogen und
    verliehen ihm das Aussehen eines zerbrechlichen Gnoms mit
    schlechtem Haarschnitt Vielleicht war es sein Ruf, der mich
    einschüchterte, oder die Härte von Feuerstein in den eng
    stehenden Augen.

    Beinah gleichgültig wandte Boles den Blick ab. Ein
    Pitcherwechsel* während des Innings fesselte
    seine
    Aufmerksamkeit. Ein langarmiger schwarzer Junge mit den
    Oberschenkeln eines Schlußmanns beim Football betrat den
    Pitcherhügel und warf sich beim Aufwärmen in Weißglut.
    Leider, mit einem Schlagmann an der Plate, waren die Würfe
    dann zu hoch, zu weit außerhalb oder landeten im Dreck. Er
    schenkte den ersten zwei Schlagmännern einen Walk, warf
    einen wild schwingenden Schlagmann ›aus‹, verschenkte den
    dritten Walk, warf noch einen Schlagmann durch ein Dutzend
    Würfe ›aus‹ (darunter etliche, die einen sicheren Walk
    bedeutet hätten, wenn der Schlagmann sie ignoriert hätte) und
    verlor endgültig die Kontrolle, als ein knapp über das Infield*
    geschlagener Ball bis zum rechten Centerfield-Zaun rollte und
    den Gegner zwei Bases weiterbrachte. Der nächste Wurf traf
    den Schlagmann zwischen die Rippen, der Junge schritt auf
    dem Hügel herum, schimpfte und peitschte sich immerzu den
    Handschuh ans Bein.
    »Wenn er sich nur ein bißchen in der Gewalt hätte«, sagte
    ich.
    Mit einem Zeichen gab der Manager dem Rightfielder und
    dem wütenden schwarzen Jungen zu verstehen, die Plätze zu
    tauschen.
    Jetzt erst sah Boles mich wieder an. »Genau da hätte er erst mal spielen sollen. Wenn der Junge ein Pitcher ist, dann stellt Incredible Hulk Servietten her.«
    Wiewohl sein Blick mich versengte, setzte mir seine Stimme
    am meisten zu. Ich hatte vergessen, daß man ihn vor Jahren an
    Kehlkopfkrebs operiert hatte; Boles hatte keine Stimmbänder
    mehr. Er redete mit Hilfe einer Verstärkeranlage, das
    schnurlose Mikrophon hielt er über dem Adamsapfel an den
    Hals. Die Stimme aus dem Verstärker war leidlich zu
    verstehen, aber sie klang mechanisch. Hörte man ihm zu, hatte

    man das Gefühl, sein Gesicht sei nur eine Gummimaske, um
    das metallene Konterfei und den künstlichen Sprechapparat
    eines Roboters zu kaschieren.
    »Wer, zum Teufel, sind Sie überhaupt?«
    »Pardon, Mr. Boles.« Ich faßte mir ein Herz. »Ich bin
    Sportreporter.«
    »Ach ja? Für wen?«
    »Columbus-Blatt. Columbus, Georgia.«
    Boles nickte und steckte das Sprechgerät weg.
    »Vor ein paar Wochen hab ich bei Ihnen in Atlanta
    angerufen«, sagte ich. »Es geht mir um eine ausführlichere
    Biographie. In Buchlänge. Ihre Frau wollte meine Nachricht
    weiterleiten. Sie gab mir den Rat, inzwischen nach Ihnen
    Ausschau zu halten, bei High-School-Spielen hier im
    Chattahoochee Valley. Sie meinte, wir sollten das Projekt von
    Mann zu Mann bereden.«
    »Sir«, fügte ich hinzu.
    Boles legte den Finger an die Lippen. Dann fuhr der Finger in
    einer jähen Bewegung an die meinen. Er war nicht hier, um zu
    konferieren; wenn ich seine Kooperation wollte, hielt ich jetzt besser den Mund. Nach der Wertungstafel im Rightfield waren
    vier Innings gespielt. Wie viele Innings hatten High-School-
    Spiele? Sieben? Neun?
    Trotz Windjacke und Wollhosen fror ich mir eine Gänsehaut
    mit mammutgroßen Brubbeln, derweil Boles, gebräunt und zäh
    in seinem Hawaiihemd, für weitere vier bis sechs Innings
    gewappnet schien.
    Zu meiner Überraschung wartete er nur noch zwei schwache
    Ground-outs* ab, dann löste er sich vom Zaun, winkte mir,
    ihm zu folgen, und humpelte in Richtung Parkplatz. Er sah sich nicht mehr um. Ungeachtet der hakelnden Gangart, kam er
    zügig voran. Er

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