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Brüchige Siege

Brüchige Siege

Titel: Brüchige Siege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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daß ein ungeduldiger Freier
    ›aggressiv‹ wurde.
    »Aggressives Verhalten unterläuft den Vertrag, der bei
    Zahlung des üblichen Honorars beiderseits frei eingegangen
    wird«, meinte sie. »Und du warst aggressiv. Sabrina hätte nur zu rufen brauchen und man hätte dich kurzerhand
    rausgeschmissen, aber es tat ihr zu leid, daß ein so grüner
    Junge wie du, der obendrein noch stumm ist, da draußen liegen
    sollte, bis er wieder zu sich kam. Also durftest du deinen
    gläsernen Traum« – sie wies mit der Nase auf den
    Aschenbecher – »genau hier zu Ende träumen, mein Süßer.«
    Fünf Türen weiter lehnte ein Mann mit bulligem Gesicht an
    der Wand, er hatte die Arme vor der Brust verschränkt, sein
    Bizeps glänzte. Er sah zu mir her, zog sein Kinn ein und
    lächelte – eher mitleidig als gemein.
    »Ich bin Fidelia Florida Foxworthy«, sagte die Frau. »Sabrina
    kümmert sich woanders um jemand. Und auf dem Bett konnten
    wir dich nicht lassen, mein Süßer, weil Mamie das Zimmer
    gebraucht hat. Und zu deinen Kameraden konnten wir dich
    auch nicht bringen, weil – Kunden mit einer Beule am Kopf
    sind nun mal keine Reklame. Deshalb hat Burley« – sie nickte
    dem Rausschmeißer zu – »deinen Kameraden erzählt, du
    hättest dich so gut mit Sabby amüsiert, daß du es auf eigene
    Rechnung noch mit ein, zwei anderen Mädels treiben
    wolltest.«
    Diese Geschichte versetzte mich in Panik. Ich hob mein
    Handgelenk ans Ohr wie jemand, der hören will, ob seine
    Armbanduhr noch tickt.
    »Ich trage auch keine«, sagte Miss Fidelia. »Burley, wie spät
    ist es?«
    Der Rausschmeißer sah auf die Uhr. »Dreiii-viertel-zehhhn.«
    Die Stimme tropfte wie Honig.

    Mein Gott, ich hatte das Dinner mit Phoebe und ihrer Ma
    verpaßt! Curriden und die anderen waren bestimmt schon fort.
    Schlimmer noch – hatte man keine Sondergenehmigung von
    Mister JayMac, dann war am Abend vor einem Spiel um elf
    Uhr Zapfenstreich. Wenn ich noch zu den Pharrams wollte, um
    mich zu entschuldigen, würde ich es nicht mehr bis McKissic
    House schaffen, bevor die Standuhr im Foyer elf schlug; eher
    würde sich mein fahrbarer Untersatz – Taxi, Heuwagen oder
    Fahrrad – in einen Kürbis verwandeln!
    Ich packte den nächstbesten Türknauf und wollte die Tür, die
    daran befestigt war, aufreißen, doch die Tür ließ sich nicht
    aufreißen.
    »Da kannst du nicht rein, mein Süßer«, sagte Miss Fidelia.
    »Mamie ist bei der Arbeit. Sie sind alle bei der Arbeit. Sollten sie jedenfalls.«
    Ich sprang auf das Sofa, trampelte drüberweg und stürzte
    mich auf den nächsten Knauf. Die Tür tat auch keinen Mucks.
    Ich stürzte zur nächsten und rüttelte am Knauf.
    »Burley! Burley, halt ihn auf!« schrie Miss Fidelia.
    Burley kam durch den Flur gestürmt, ein Wackelpeter, der
    schneller wogte als seine Stimme tropfen konnte. Ich hatte fast alle erreichbaren Türknäufe probiert, als einer sich drehte. Die Tür machte klick, ich fiel in das Kabuff dahinter, landete peng auf einem Sisalteppich und krabbelte auf allen vieren, als
    Burley nach dem Türknauf grapschte und sich das Ohr am
    Pfosten schlug, weil der Widerstand seinen Schwung
    umkehrte.
    Ich konnte gerade noch sehen, wie auf dem Bett eine Wing-
    and-Thigh-Mieze in abgeschnittenen Jeans und schulterfreiem
    Oberteil mit Halsträger ihren Lippenstift benutzte, um den
    rückwärtigen Vollmond ihres Freiers in einen zwinkernden
    Popeye zu verwandeln. Mein Auftritt bescherte dem
    vergänglichen Kunstwerk ein jähes Ende. Das Mädchen

    kreischte und kugelte sich fast den Arm aus, als sie mit dem
    Lippenstift nach mir warf. Ihr Freier wälzte sich über das
    Popeyegesicht und präsentierte seinen Tussey-Cosmetics-roten Ständer samt Anhang und weiter oben sein wahres Gesicht mit
    Augen, die so rund und weiß wie kleine Arschbacken aus den
    Höhlen traten, ehe sie sich wieder verengten.
    Burley prallte mit dem Mädchen zusammen, als ich die
    gegenüberliegende Tür aufriß und den fahrbaren Untersatz mit
    dem Aquarium enterte. Der Wagen rollte ein, zwei Fuß weit,
    fing sich am Rand des Läufers und kam ruckartig zum Stehen.
    Nicht so das Becken. Es rutschte weiter, kippte und krachte zu Boden, zerbrach und ergoß zehn Gallonen algengrüne
    Pferdepisse und zwei Pfund tropische Fische in den Flur. Der
    Teppich wirkte wie Löschpapier, und die gestrandeten Fische
    zappelten und japsten auf dem pitschnassen Läufer wie eine
    Reihe silbriger Conga-Tänzer.*
    »Halt, du verdammter kleiner Zwerg!« rief

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