Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brüchige Siege

Brüchige Siege

Titel: Brüchige Siege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
Vom Netzwerk:
Couch
    ohne Rücken und Lehnen), einen Klappstuhl, eine Stehlampe
    und eine zweite Tür gegenüber der ersten. Die Ladies des Wing
    & Thigh hatten also mindestens zwei Ausgänge – ganz wie die Präriehunde in ihren Erdhöhlen.
    Über Miss Loveburns Bett glänzte das Ölportrait einer Tahiti-
    oder Samoa-Maid, der Sarong ließ eine braune Brust
    unbedeckt. Die Sonne, die hinter der Maid unterging, war
    genauso drall wie die nackte Brust.
    Der Blick aus Miss Loveburns violett geschminkten Augen
    sondierte meine Haut. Die Frau machte auf mich den Eindruck
    einer halbwegs hübschen aber genervten Lehrerin. Hätte sie
    unter dem Johnny-Mack-Brown-Hemd etwas anderes als ihre
    Haut getragen, ich hätte mir vorstellen können, wie sie mit
    artig zusammengedrückten Knien in der Bank einer
    Baptistenkirche saß.
    »Baseballspieler sind mir lieber als Soldaten«, sagte sie.
    »Besonders kurz nach dem Spiel. Die meisten gehen danach

    unter die Dusche. Bei ‘nem GI weiß man nie. Manche kommen
    und duften wie ‘ne Kölnischwasserfabrik, andere stinken wie’n
    gottverdammter Ziegenstall, tut mir leid, wenn ich das so sage.
    Du kannst froh sein, wenn sie sich mit ‘nem saubren
    Waschlappen waschen und dir nicht die Grippe dalassen und
    dir das Wochenende versauen.«
    Miss Loveburns Blick bohrte sich in meine Haut. »Komm
    her. Das ist nichts, was man telefonisch machen kann.« Sie
    schüttelte den Kopf. »Wenn du nicht reden kannst, kannst du
    natürlich auch nicht telefonieren – höchstens die Nummer
    wählen, hab ich recht? Oder hören vielleicht. Du scheinst mir
    ganz gut zu hören. Komm her. Laß dich beschnuppern.«
    Durch ihr Gerede hatte Miss Loveburn an Schrecken
    verloren. Ich ging zu ihr. Sie legte mir die Hände auf die
    Schultern und beschnupperte mich unterm Kinn und an den
    Ohren, ganz wie ein Hund es an den Hosenbeinen seines
    Herrchen tut, nachdem eine Katze in der Nähe gewesen war.
    Derweil sie mich beschnupperte, beschnupperte ich ihr Haar –
    eine wogige glitzerbraune Wolle, die nach Zigaretten und
    Talkumpuder roch. Ich mochte den Geruch.
    »Nicht schlecht«, sagte Miss Loveburn. »Ein bißchen
    kindlich vielleicht.« Von den Ohren wanderte sie zu meinem
    Brustbein und von dort zu den Achseln und schnupperte mal
    hier und mal dort. »Geduscht oder nicht geduscht, hier kommt
    schon ein klein wenig Reife durch.« Sie schob die Hände unter
    meine Arme und richtete sich kerzengerade auf. »Was will ich
    mehr, hm? Ein junger Bursche, dem das Klima zu schaffen
    macht. Ist schon okay. Du bist mir recht.«
    Sie schnupperte an meinem Mund. »Rauchst schon, was?
    Läßt du besser.« Sie hob meine Lippe an, um Luft an die
    Eckzähne zu lassen. »Macht die Perlmuttchen nur gelb.
    Wenigstens kaust du nicht. Riechst aber ein bißchen hungrig.
    Hast du Hunger?«

    Ich war zum Essen verabredet, doch Miss Love-burn ließ
    meine Schultern nicht los.
    »Jetzt du«, sagte sie. »Sag mir, was für sumpfige
    Wohlgerüche ich verströme. Fair ist fair.«
    Ich tat ihr den Gefallen und beroch ihre Stirn und ihre
    Augenbrauen: Talkumpuder, schaler Zigarettenrauch,
    Frauenschweiß, die öligen Gerüche vergangener Liebhaber.
    Alles ziemlich schwach, nichts allzu Übles. Unangenehm
    ranzig roch nur das Zimmer – das Bett: Schweiß, befleckte
    Leintücher, Kochdünste aus dem Parterre.
    »Aber sagen kannst du ja nichts. Hab noch nie mit einem
    Stummen zu tun gehabt – kann das auch nicht richtig glauben.
    Laß mal sehen. Mach auf.« Sie schob wieder meine Lippe
    hoch, und ich sperrte weit auf, dann lockerte sie meinen
    Schlips und spähte mir in den Mund. »Entspann dich. So ist
    gut. Ein geschenkter Gaul bist du doch nicht, oder? Bei dem,
    der bezahlt hat, hab ich’s leichter. In meinen wird aber nicht geguckt. Fair ist fair, aber klug ist klug und schlau ist schlau.«
    Sie setzte mir die Fingerspitze auf die Zunge. »Lippen okay.
    Zunge okay.« Sie sondierte mit einem anderen Finger. Ich
    mußte mich beherrschen, um nicht zuzubeißen. »Hals okay.
    Stimmbänder – Ah – Ah – aufhalten – Ah – wo sind sie denn?
    Hat die jemand rausgeschnitten? Ausgeräumt wie
    durchgeschmorte Leitungen?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Warum dann die Sprachlosigkeit, Honey? Das paßt nicht zu
    einem jungen Mann von deinem Format.« Miss Loveburn
    führte mich zu ihrem Bett, setzte sich auf die Kante und zerrte an mir, bis ich rechts von ihr saß. Ihr Hemd bedeckte nicht
    mehr, was es eben noch bedeckt hatte. Ich sah die

Weitere Kostenlose Bücher