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Brüchige Siege

Brüchige Siege

Titel: Brüchige Siege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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eines rotweißen Taxis. Vorne saß Curriden, ließ die
    Finger auf dem Armaturenbrett trommeln und gab
    Anweisungen. »Penticuff Strip«, hörte ich ihn sagen. »Wing
    and Thigh.« Hinter uns versank das Stadion wie ein Dreimaster
    hinter der Erdkrümmung.
    Die Straßen pulsierten vor Energie. Ob in schicken weißen
    Gegenden oder in heruntergekommenen farbigen, die
    Nachricht von unserem Sieg hatte sich wie ein Lauffeuer
    verbreitet. Unser Fahrer, ein schwarzer Mann mit
    Pferdegesicht, lehnte sich aus dem Fenster und brüllte seinen
    Freunden an der Straßenecke zu: »Platz da! Horridoh, hier
    kommen ein paar superscharfe Hellbenders! Platz da!«
    »Sei still«, sagte Curriden. »Wir sind inkognito heute abend.«
    Du meinst wohl, dachte ich, damit Mister JayMac nicht
    erfährt, wohin wir unterwegs sind, und uns mit seinen
    Geldbußen den Hahn zudreht. Das Prickeln in meinem Hirn
    zerfloß zu einem Dutzend pochender Kopfschmerzen.
    Wir passierten den Wochenmarkt und überquerten die
    Geleise zwischen dem Geschäftsviertel im Norden und dem
    neonbunten Teil des Penticuff Strip im Süden. Der Fahrer
    folgte den Schienen in östlicher Richtung und hielt sich rechts.

    Die Gasse vor uns – ein Tunnel aus aufgeregten elektrischen
    Schildern und uniformierten GIs – wuchs zu einer wahren
    Karnevalsdienstagsparty heran.
    »Jesus, alles nur Soldaten«, sagte Mariani.
    Parris sagte: »Seid nett zu ihnen, und sie lassen euch
    zufrieden.«
    Der Fahrer setzte uns vor einem Lokal ab, das sich auf
    Brathühnchen mit Kohlsalat spezialisiert hatte: The Wing & Thigh. Jemand hatte Filmposter an die Scheiben geklebt und Zettel, die zur freiwilligen Hilfe bei der Herbsternte aufriefen.
    Curriden hielt mir, Mariani und Parris die Tür zum Wing & Thigh auf.
    Das Lokal war ein Schlauch so lang und breit wie zwei bis
    drei Eisenbahnwaggons mit einem Tresen längs der einen und
    einem Dutzend Tischen längs der andern Seite. Am anderen
    Ende war durch den Rauch, der sich über den Tischen
    kräuselte, eine wenig Vertrauen erweckende Holztreppe zu
    erkennen, die auf eine ebensolche Empore führte; darunter
    glühte über einem schmalen Vorhang aus Perlschnüren ein
    rotes EXIT. Eine Jukebox schmetterte Bing Crosbys White
    Christmas, doch die Gerüche nach Rübenkraut, Pfeffersoße und Brathühnchen hatten nichts Weihnachtliches. Wir hatten
    gerade mal Juli.
    »Du willst nichts?« fragte mich Curriden.
    Aha-ah. Nach einer Stunde oder so wollte ich mit den
    Pharrams essen.
    »Ich schon«, meinte Curriden. »Mach mal, Vito.« Er drückte
    Mariani einen Fünfer in die Hand – wie Diamond Jim Brady
    dem Pförtner. »Bestell uns drei ordentliche Teller mit Salat,
    Chips und eisgekühltem Tee, und gib mir den Rest zurück,
    wenn ich wiederkomme.«

    »Wohin gehst du?« wollte Parris wissen. Sein Singsang legte
    nah, daß er Bescheid wußte. »Damit Danny nicht leer
    ausgeht?«
    Curriden packte meine Hemdbrust und zog mich durch den
    Schlauch voller eingetrockneter Bierpfützen und durch den
    Gestank nach Essig und Bratfett nach hinten auf die Treppe zu.
    GIs sahen von ihren Tischen auf, und ein paar von den
    Mädchen (soviel Seide auf einmal hatte ich noch nie erlebt),
    die bei ihnen saßen und mit fettglänzenden Fingern an
    Brathühnchen knabberten, winkten mir zu oder langten aus,
    um mich in die Seite zu zwicken. Mama hätte sie ›leichte
    Mädchen‹ genannt, und mir schwante schon, wie der Name
    Wing & Thigh zustande gekommen war.
    Die Tür auf der ächzenden Empore öffnete sich auf eine
    weitere Treppe an der rückwärtigen Hauswand. Sie trug uns
    bis an eine Tür, die sich auf eine Diele direkt über der Küche und dem Servierbereich öffnete. Curriden bugsierte mich zu
    einer kleinen Theke, hinter der eine Frau in einem
    elfenbeinfarbenen Kostüm mit busenhoher Taille und ovaler
    Aussparung rings um den Bauchnabel wartete. Ersparen Sie
    mir weitere Einzelheiten.
    »Was kann ich für Sie tun, Gentlemen?« sagte sie.
    »Nur für Danny Boy«, sagte Curriden. »Er ist mein kleiner
    Bruder.«
    Rechts von ihr war in Schulterhöhe eine geriffelte Leiste
    angenagelt, an der – ähnlich wie beim Friseur –
    Nummernschildchen hingen. Die Haken standen paarweise
    zusammen, über jedem Paar stand ein weiblicher Vorname,
    und bei vier Namen hing neben den Nummern noch ein
    Schildchen mit ›Not Available‹.
    »Heute abend stehen Flossie, Jordan Kaye, Roberta, Sabrina
    und Irene zur Verfügung«, sagte die Frau.
    »Geben Sie ihm Sabrina«, sagte

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