Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brüchige Siege

Brüchige Siege

Titel: Brüchige Siege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
Vom Netzwerk:
seiner Gefährten zurückbehalten – ihn und den mit Leder umhüllten Gummiball, den er von einer Latte aus warf, die er hingelegt hatte, um den Standort des Pitchers zu markieren. Schließlich schlug ich den Ball bis in die Wipfel der Bäume, hinter denen ich mich versteckt hatte, und weder Jimmy noch ich konnten ihn wiederfinden.
    So fand meine improvisierte Probevorstellung ein jähes
    Ende, doch Jimmy rang mir durch beharrliche Schmeichelei
    die Zusage ab, mich wochentagsabends in den Strawberry
    Diggings zum Training einzufinden.
    »Morgen«, sagte er.
    »Vielleicht. Ich glaube kaum, daß ich Talent für Baseball habe, Mr. Brawley, ich…«
    »Jimmy«, sagte er. »Bloß kein Mister-Firlefanz. Hört sich an, als wär ich schon aufgebahrt.«

    »Jimmy, ich glaube auch nicht, daß mir Ihre Mitspieler und Zuschauer die gleiche Gunst entgegenbringen wie Sie. Es
    ergeht mir immer so. Meine äußere Erscheinung erregt
    Anstoß. Ich werde als Ausgestoßener sterben, weil mein
    Körper nicht nur Abscheu erregt, sondern auch eine gänzlich ungerechtfertigte Angst.«
    »Wenn du den Ball ein- bis zweimal pro Spiel in die Wipfel da klopfst, Sohnemann, dann kannst du aussehn wien Coyote
    mit rasiertem Hintern, und kein Mensch rund um Poinsett
    macht sich deswegen ins Hemd.«
    Für nahezu eine Woche ließ ich mich nicht wieder blicken.
    Nur abends begab ich mich mit einem Sack voller
    Kiefernzapfen und einem kräftigen Ast ins ›Karo‹ der
    Strawberry Diggings, um mich zu erproben. Ich übte
    stundenlang. Die schuppige Oberfläche der Zapfen und ihre
    relativ geringe Dichte verhinderten, daß ich sie weit über den Fächer des Innenfeldes hinausschlug, doch die Beharrlichkeit, mit der ich trainierte, flößte mir mit der Zeit großes
    Selbstvertrauen ein.
    Ich entschied mich, Jimmys
    Herausforderung anzunehmen.
    Als ich mich das erste Mal den Poinsett Redbirds an einem
    ihrer Trainingsnachmittage zeigte, stellte Jimmy mich den
    Spielern und Almont Rattigan, dem Manager, vor. Selbst gegen den besten Pitcher des Teams schlug ich erstaunlich gut,
    erwies mich aber als Feldspieler so ungeschickt, daß Rattigan es für aussichtslos hielt, mich einzusetzen, weil ich in der Verteidigung nur eine Belastung sein würde. Die einfältigeren oder weniger freundlichen Redbird-Spieler bezeichneten mich als Plattfuß, Lahmen Ochsen, Ballverlierer oder Kreuzsteifen.
    Mr. Rattigan riet mir, von Baseball abzulassen und mich dem Bergbau zuzuwenden, doch letzteren gab es in und um Poinsett nicht.

    Jimmy war praktisch der einzige, der mich vor meiner
    Untauglichkeit im Feld und der Ungnade seiner
    Teamkameraden zu retten suchte. Erst mit alten in Leder
    gehüllten Bällen, dann mit einer Versandkiste voller Spaldeens nahm er meine beschränkten Fähigkeiten in Angriff und
    entwickelte sie durch beharrliches Vormachen und
    Wiederholenlassen, bis mich nur noch meine Beine hinderten, zur Höchstform eines Feldspielers aufzulaufen. Dieses
    Handicap – die Folge meiner Anstrengungen, mich weniger
    monströs und etwas menschlicher aussehen zu lassen –
    überwand ich durch fleißige Gymnastik und eine raffinierte Art, in Stellung zu gehen, die später bei den Redbirds Schule machte. Als ich niemanden fand, mit dem ich hätte trainieren können, riet Jimmy mir, mich auf den freien Platz hinter
    Griscoms Büro zu begeben und so lange einen Spaldeen gegen die Grundmauer zu werfen und zu fangen, wie ich nur konnte.
    Indem ich mich dieser Prozedur unterwarf, konnte ich mich
    derart verbessern, daß Rattigan mich binnen einer Woche mit einem übergroßen Redbird-Dress ausstaffierte und in wichtigen Städteturnieren gegen Le-panto und Fry’s Mill
    einsetzte…
    ∗
    Seit der Zeit vor dem Großen Krieg bis zur Depression
    wechselte ich mindestens einmal pro Jahr meinen Wohnort.
    Ich scheute eine dauerhafte Bleibe, nicht zuletzt wegen der unvermeidlichen Schnüffelei der Nachbarn, und bevorzugte die geschütztere Privatsphäre, die ein regelmäßiger
    Wohnortwechsel mit sich bringt. Ich spielte in
    Stadtmannschaften von Tennessee, Mississippi, Louisiana,
    Missouri, Kentucky, Alabama, Texas und Süd-Florida. Ich
    wählte Städte, die so weit auseinander lagen, daß ich nicht

    ∗ Great War = der (naturgemäß erst später so bezeichnete) Erste Weltkrieg (1914-18)

    Gefahr lief, auf alte Bekannte oder frühere Baseballkameraden zu stoßen. In gewissen Abständen unterbrach ich meine
    Teilnahme an solchen Spielen für ein, zwei oder sogar drei Jahre,

Weitere Kostenlose Bücher