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Brüchige Siege

Brüchige Siege

Titel: Brüchige Siege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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zu versammeln
    und zu vergnügen.
    Auf jeden Fall verließ ich den Wald.
    Am Rand von Poinsett in Arkansas hatten sich hundert oder
    mehr Zuschauer um das schlecht markierte Feld versammelt
    (das die Einheimischen ›Strawberry Diggings‹ nennen); sie
    waren zu Fuß oder auf vierrädrigen Wagen gekommen, die von einem Maultier oder einem Ochsen gezogen wurden, in
    mehrspännigen Kutschen und sogar in Karossen mit
    eingebautem Antrieb, die mal ›Model T‹, mal ›Automobil‹ und mal ›Ford‹ genannt wurden. Die Fahrer dieser Automobile
    pflegten die beweglichen Windschutzscheiben nach vorne zu
    klappen, um das Glas vor den Bällen zu schützen, die von den verschiedenen Schlagmännern der Teams ›foul‹ geschlagen
    wurden.
    Wann immer das Zuschauen eine bestimmte Entwicklung im
    Spiel verriet, dann pfiffen, jubelten, applaudierten und
    trampelten die Zuschauer, die dastanden oder auf Ein- und
    Mehrspännern saßen. Jene in den Automobilen betätigten die eingebauten Signalgeber und veranstalteten ein fröhlich
    heilloses Konzert. Eigentlich hätte mich das ständige Spektakel warnen sollen; statt dessen zog es mich an wie das Licht die Motte.
    Der Ball, der von dem nichtsahnenden Poinsett-
    Außenfeldspieler verfolgt wurde, rollte mir vor die Füße. Ich bückte mich, um ihn aufzuheben, und brachte den Mann um
    seinen Seelenfrieden. Die Augen unter dem schmalen Schnabel der gestreiften Kappe weiteten sich, dann wurde der Blick
    hart. Ich warf ihm den Ball zu. Er fing ihn mit einem dünnen Handschuh, aus dem die Fingerspitzen wie bleiche Würstchen herauslugten. Der Jubel und das Hupen der Anhänger wurde
    lauter und besorgter. »Danke«, sagte der Mann. Beim
    Umdrehen warf er den Ball in einem flachen Bogen zu einem

    Teamkameraden an einer ziemlich bevölkerten Ecke des
    ›Karos‹. Dieser disziplinierte Wurf und seine erfahrene
    Annahme seitens eines Teamkameraden ließ den Beifall der
    Enthusiasten noch anschwellen. Ich zog mich in den Schutz der Bäume zurück – und verfolgte von dort den Rest des
    Wettstreits, ohne Gefahr zu laufen, von den Zuschauern
    entdeckt oder in das Spiel verwickelt zu werden.
    Hernach wagte sich der Mann, dem ich den Ball zugeworfen
    hatte, allein bis zum Rand des Kieferngehölzes vor. »Sir«, sagte er, »wenn Sie noch hier sind, zeigen Sie sich doch bitte.«
    Ich tat, worum er mich bat, doch die Erfüllung seiner Bitte weckte seine schlafende Wachsamkeit. Er war
    überdurchschnittlich groß und kräftig, aber ich war drei
    Handbreit größer als er, so daß er in meinem Schatten stand.
    »Haben Sie keine Angst«, sagte ich. »Ich führe nichts Böses im Schild, weder gegen Sie noch gegen Ihre Freunde.« Meine
    Worte machten ihm offensichtlich Mut, denn er trat flugs aus meinem Schatten und musterte mich mit der größten
    Sympathie.
    »Daß Sie mir geholfen haben, ihn zu kriegen«, sagte er in
    seinem kruden Dialekt, »war ein Mordsding. Genau da wollte uns das Spiel wegkippen, aber der Abschlag von Flexner am Third hat die Braggadocios aufgemischt und uns grade noch
    aus der Klemme geholfen. Besten Dank noch mal. Ohne Sie
    hätt ich in Griscoms Zahnklempnerbüro zwei Wochenlöhne an
    Bruno Shaler verloren.«
    »Es war mir ein Vergnügen«, sagte ich, und das Timbre
    meiner Stimme bereitete ihm einen weiteren Moment des
    Unbehagens. Doch er erholte sich rasch und erkundigte sich nach meinen Baseballkenntnissen und danach, wie ich meine
    Spielerfahrung einschätze. Ich gab zu, daß ich mein Wissen nur aus Beobachtungen abgeleitet hatte; desweiteren, daß

    mein Talent, so ich denn welches hatte, dem eines blutigen Anfängers entsprach.
    »Wenn Sie nur ein Viertel so schlagen, wie Sie groß sind,
    könnten Sie die Poinsett Redbirds zu Champs von Arkansas
    machen«, sagte er. »Wie wär’s mit ‘nem Wochentagsjob bei
    Griscom. Ich werf Ihnen ein paar Bälle, mal sehen, was
    passiert, okay?«
    Dieser Außenfeldspieler und Angestellte in einem
    Zahnarztbüro hieß Jimmy Brawley. Jimmy fuhr fort, meine
    Fähigkeiten zu testen und mich in die Grundlagen jenes
    Zeitvertreibs und Sports einzuweihen, dem er die meisten
    Samstag- und Sonntagnachmittage widmete. Als er mir
    probeweise Walle warf – erst warf er hoch in die Luft, dann schleuderte er mit unerwarteter Wildheit – da erregte ich seine Bewunderung, weil ich sieben Bälle der letzteren Art beinah bis an die Bäume schlug. Mein Schlagholz war eine
    modifizierte Wagendeichsel; Jimmy hatte ihn eigens für mich aus dem Bestand

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