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Brüchige Siege

Brüchige Siege

Titel: Brüchige Siege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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und trat ihm in die Kehle. Bei
    solchen Tritten jubelte die Truppe am lautesten.
    Das alles hatte sich so schnell entwickelt, daß die anderen
    Hellbender keine Chance gehabt hatten, mich zurückzuhalten.
    Jetzt aber schrie Curriden: »Boles, du bringst uns noch alle in den Knast!« Er war vielleicht zehn Fuß hinter mir – mit noch
    fünf oder sechs anderen Kameraden hinter sich, die ihm den
    Rücken stärkten. »Jesus, laß ab, Junge!«
    Aber die Soldaten waren voll auf meiner Seite, stießen
    gellende Pfiffe aus und grunzten. Ich wich meinen Kameraden
    aus und schleifte Pumphrey im Zickzack vor mir her, was ihn
    die Haut an den Ellbogen kostete. Er warf den Kopf von einer
    Seite zur anderen, um den kurzen Tritten zu entgehen. Ich
    spuckte auf ihn, hustete mir in den Mund, was ich auftreiben
    konnte. Er war mein Tanzschulpartner, dieser dekorierte
    Hundesohn mit den Winkeln am Ärmel, und ich hätte den
    ganzen Nachmittag mit ihm tanzen können. Pumphrey gab mir
    allerdings einen Korb. Er ließ los.
    Ich stolperte ein paar Schritte rückwärts und fiel auf den
    Hintern. Die Schweißsammler rissen die Mäuler auf, dann
    wieherten sie los. Was für launische Fans ich hatte. Wie rasch sie die Kurve kriegten. Ich hatte den Gummiknüppel, doch
    Pumphrey sprang vorwärts und schlug mir den Handballen
    aufs Maul. Ausgerechnet Hoey krabbelte auf allen vieren
    dazwischen, und Curriden rettete meine Haut, indem er mich
    beim Arm packte und wie einen Sack Zwiebeln hinter sich
    schleuderte. Die anderen Hellbender reichten mich weiter, bis
    mich gut fünfzehn Yards und vier oder fünf Kameraden von
    dem zerschundenen Pumphrey trennten.
    »Der Junge hat nicht alle Tassen im Schrank«, sagte
    Pumphrey. »Man sollte ihm den Pimmel in die Nieren
    schieben.«

    »Du hast mir meine Stimme genommen!« rief ich hinter
    Dunnagin.
    »Was soll das? Sperr die Ohren auf, du Knilch. Du bist lauter
    als ein Kanonenschlag und sagst, ich hätte dir die Stimme
    genommen?«
    »Die Stimme und fünfzig verdammte Dollars.«
    »Der hat doch einen Dachschaden. Einen Knoten im Hirn.«
    »Hab ich nicht«, rief ich. »Ich bin Popeye der Seemann. Ich
    bin stark ohne Ende, weil ich meinen Spinat esse. Ich bin P-P-
    Popeye der Seemann.«
    »Tuuut-tuuut«, machte Turkey Sloan.
    Pumphrey sah benommen drein, wie vor den Kopf
    geschlagen.
    »Tenkiller«, rief ich. »Tenkiller!« Ich schwang mich von Dunnagin zu Nutter zu Muscles und zu Curri-den, um
    Pumphreys Gesicht aus der Nähe zu sehen, das Gesicht aus
    dem Zug, das Gesicht aus dem Puff. Die Miene hangelte sich
    von Zorn über Leere zu hechelndem Verdruß. »Wenn du mein
    Geld nicht hast«, sagte ich, »dann nimm zurück, was du über
    meinen V-V-Vater gesagt hast.«
    Pumphrey kehrte uns den Rücken. »Der Junge hat Fieber«,
    sagte er über die Schulter. »Bringt ihn ins Lazarett, bevor ein Heißsporn die 45er zieht und…«
    »Vorher geb ich dir die Kugel!« brüllte ich Pumphrey nach, zielte mit dem Zeigefinger und spannte mit dem Daumen.
    »Peng!«
    Die Soldaten hüpften in eine Art Formation, derweil mich
    meine Kameraden abschirmten, damit es nicht zu einer neuen
    Konfrontation kam, und mich um den Bomber
    herumbugsierten und durch die Tür in den Bus schoben. Sie
    drückten mich auf einen Sitz, dessen Fenster aufs Lazarett
    blickte. Curriden keilte sich neben mich und quetschte mich
    über den Radbuckel.

    »Wir können von Glück sagen, daß keine MP in der Nähe
    war«, meinte er. »Die hätten uns allesamt eingebuchtet – als
    verkappte Unruhestifter.«
    »Miese Pimmel«, sagte ich.
    »Was, zum Teufel, ist in dich gefahren? Das heilige
    Stimmwunder? Du hast fast soviel gequatscht wie
    Kaltenborn.«
    Henry und Mister JayMac kamen aus dem Lazarett und
    stiegen in den Bomber. Mister JayMac blieb vorne im
    Mittelgang stehen und sah uns der Reihe nach an, derweil
    jenseits der ›K-Street‹ hundert schwarz eingetütete Menschen
    der Reihe nach von dem öligen Platz auf eine Holzrampe und
    von dort in das Qartiermeisterdepot hopsten.
    Mister JayMac zog das Jackett aus und zeigte uns sein von
    Hitze, Kummer und Weiß-der-Teufel-was getränktes
    Frackhemd.
    »Charlie Snow ist gestorben. Er hing genauso am Leben wie
    Sie oder ich, aber er hat in dem Wissen gespielt, daß es jeden Tag passieren konnte, und hat sich so gut wie möglich in acht
    genommen, damit es nicht passierte. Sein Glück – gewöhnlich
    stellte ihm Gott einen Schutzengel an die Seite – tja, sein
    Glück nahm sich heute frei.

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