Brüchige Siege
und trat ihm in die Kehle. Bei
solchen Tritten jubelte die Truppe am lautesten.
Das alles hatte sich so schnell entwickelt, daß die anderen
Hellbender keine Chance gehabt hatten, mich zurückzuhalten.
Jetzt aber schrie Curriden: »Boles, du bringst uns noch alle in den Knast!« Er war vielleicht zehn Fuß hinter mir – mit noch
fünf oder sechs anderen Kameraden hinter sich, die ihm den
Rücken stärkten. »Jesus, laß ab, Junge!«
Aber die Soldaten waren voll auf meiner Seite, stießen
gellende Pfiffe aus und grunzten. Ich wich meinen Kameraden
aus und schleifte Pumphrey im Zickzack vor mir her, was ihn
die Haut an den Ellbogen kostete. Er warf den Kopf von einer
Seite zur anderen, um den kurzen Tritten zu entgehen. Ich
spuckte auf ihn, hustete mir in den Mund, was ich auftreiben
konnte. Er war mein Tanzschulpartner, dieser dekorierte
Hundesohn mit den Winkeln am Ärmel, und ich hätte den
ganzen Nachmittag mit ihm tanzen können. Pumphrey gab mir
allerdings einen Korb. Er ließ los.
Ich stolperte ein paar Schritte rückwärts und fiel auf den
Hintern. Die Schweißsammler rissen die Mäuler auf, dann
wieherten sie los. Was für launische Fans ich hatte. Wie rasch sie die Kurve kriegten. Ich hatte den Gummiknüppel, doch
Pumphrey sprang vorwärts und schlug mir den Handballen
aufs Maul. Ausgerechnet Hoey krabbelte auf allen vieren
dazwischen, und Curriden rettete meine Haut, indem er mich
beim Arm packte und wie einen Sack Zwiebeln hinter sich
schleuderte. Die anderen Hellbender reichten mich weiter, bis
mich gut fünfzehn Yards und vier oder fünf Kameraden von
dem zerschundenen Pumphrey trennten.
»Der Junge hat nicht alle Tassen im Schrank«, sagte
Pumphrey. »Man sollte ihm den Pimmel in die Nieren
schieben.«
»Du hast mir meine Stimme genommen!« rief ich hinter
Dunnagin.
»Was soll das? Sperr die Ohren auf, du Knilch. Du bist lauter
als ein Kanonenschlag und sagst, ich hätte dir die Stimme
genommen?«
»Die Stimme und fünfzig verdammte Dollars.«
»Der hat doch einen Dachschaden. Einen Knoten im Hirn.«
»Hab ich nicht«, rief ich. »Ich bin Popeye der Seemann. Ich
bin stark ohne Ende, weil ich meinen Spinat esse. Ich bin P-P-
Popeye der Seemann.«
»Tuuut-tuuut«, machte Turkey Sloan.
Pumphrey sah benommen drein, wie vor den Kopf
geschlagen.
»Tenkiller«, rief ich. »Tenkiller!« Ich schwang mich von Dunnagin zu Nutter zu Muscles und zu Curri-den, um
Pumphreys Gesicht aus der Nähe zu sehen, das Gesicht aus
dem Zug, das Gesicht aus dem Puff. Die Miene hangelte sich
von Zorn über Leere zu hechelndem Verdruß. »Wenn du mein
Geld nicht hast«, sagte ich, »dann nimm zurück, was du über
meinen V-V-Vater gesagt hast.«
Pumphrey kehrte uns den Rücken. »Der Junge hat Fieber«,
sagte er über die Schulter. »Bringt ihn ins Lazarett, bevor ein Heißsporn die 45er zieht und…«
»Vorher geb ich dir die Kugel!« brüllte ich Pumphrey nach, zielte mit dem Zeigefinger und spannte mit dem Daumen.
»Peng!«
Die Soldaten hüpften in eine Art Formation, derweil mich
meine Kameraden abschirmten, damit es nicht zu einer neuen
Konfrontation kam, und mich um den Bomber
herumbugsierten und durch die Tür in den Bus schoben. Sie
drückten mich auf einen Sitz, dessen Fenster aufs Lazarett
blickte. Curriden keilte sich neben mich und quetschte mich
über den Radbuckel.
»Wir können von Glück sagen, daß keine MP in der Nähe
war«, meinte er. »Die hätten uns allesamt eingebuchtet – als
verkappte Unruhestifter.«
»Miese Pimmel«, sagte ich.
»Was, zum Teufel, ist in dich gefahren? Das heilige
Stimmwunder? Du hast fast soviel gequatscht wie
Kaltenborn.«
Henry und Mister JayMac kamen aus dem Lazarett und
stiegen in den Bomber. Mister JayMac blieb vorne im
Mittelgang stehen und sah uns der Reihe nach an, derweil
jenseits der ›K-Street‹ hundert schwarz eingetütete Menschen
der Reihe nach von dem öligen Platz auf eine Holzrampe und
von dort in das Qartiermeisterdepot hopsten.
Mister JayMac zog das Jackett aus und zeigte uns sein von
Hitze, Kummer und Weiß-der-Teufel-was getränktes
Frackhemd.
»Charlie Snow ist gestorben. Er hing genauso am Leben wie
Sie oder ich, aber er hat in dem Wissen gespielt, daß es jeden Tag passieren konnte, und hat sich so gut wie möglich in acht
genommen, damit es nicht passierte. Sein Glück – gewöhnlich
stellte ihm Gott einen Schutzengel an die Seite – tja, sein
Glück nahm sich heute frei.
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