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Brüchige Siege

Brüchige Siege

Titel: Brüchige Siege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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unterwegs, würden
    alles aufschreiben, und das ganze Geld war für Sie. Aber das war nicht das Buch, das mir vorschwebt. Ah-ah.« Er kippte noch einen Fingerhoch Early-Times und verrenkte sich fast,
    um das Kofferradio einzuschalten, das auf dem schmalen Sims
    über ihm stand. Die von Statik zerrissene Übertragung eines
    Baseballspiels plärrte in unsere Unterhaltung. Boles schien
    dem Spiel mühelos zu folgen, selbst noch als er seine eigenen
    literarischen Absichten umriß und meine unkonzentrierten
    Einwände parierte.
    Andere Schreiber, meinte er, hätten da schon viel Gutes über
    Major-League-Scouts geschrieben – Artikel in Illustrierten und Zeitungen, sogar ganze Bücher; über manche Sandplatz-Propheten, die das Spiel ungeheuer bereichert hätten. Das Feld sei bestellt und die Ernte eingefahren. Ich hielt dagegen, daß ein erstklassiger Schreiber und die typischen Methoden und
    Eigenarten eines ausgesuchten Scouts das Thema durchaus
    wieder beleben könnten. Boles schüttelte den Kopf. Tja, sicher, vielleicht könne ich ein interessantes und auch farbiges Buch über seine Karriere schreiben (da brauche es schon einen
    blutarmen Lohnschreiber, um aus seiner Story das totale
    Gähnen zu machen), aber es wäre nun mal kein
    bahnbrechendes Buch – keines, das sich ganz und gar von allem abhebe, was je über die patriotische Vergangenheit
    Amerikas publiziert worden sei.
    Verärgert sagte ich: »Wovon reden Sie, Mr. Boles? Was
    genau soll ich für Sie schreiben?«
    »Schon mal von der CVL gehört? Von Mr. Jordan McKissic?
    Von den Highbridge Hellbenders? Von Jumbo Clerval? Von
    einem siebzehnjährigen Shortstop* namens Danny Boles?«
    Danny Boles, ja. Ansonsten Fehlanzeige. In Wahrheit stufte
    ich den Rest des Katalogs als Kauderwelsch ein. Später erst
    sollte ich imstande sein, die einzelnen Namen als solche zu
    erkennen und zu identifizieren. Später erst sollte ich erfahren, daß CVL für Chattahoochee Valley League stand, und daß die
    CVL unter älteren südlichen Kollegen insgeheim den Stempel
    des Mysteriösen trug.
    »Das stimmt. Früher war ich mal Shortstop in einer
    drittklassigen Liga, ein vielversprechender Aufsteiger. Die Liga, in der ich spielte, überstand sechs Spielzeiten, von 1938
    bis 1943, und die letzte Saison war das einzige Jahr, in dem Jung Danny Boles professionell gespielt hat. Genau darüber will ich schreiben, Sportsfreund; und dabei sollen Sie mir helfen.«
    Das High-School-Spiel war zu Ende. Das einheimische Team
    hatte verloren. Man konnte das Gejohle der auswärtigen Jungs

    in ihrem Unterstand hören. Palavernde Fans sickerten auf den
    Parkplatz, strebten zu ihren Fahrzeugen und sammelten sich
    um das Wohnmobil. Im grünlichen Licht der
    Sicherheitslampen, die eben aufgeglüht waren, sahen die
    Partisanen der einheimischen Mannschaft wie Dämonen aus:
    ausgezehrt und unwirklich.
    Ich stöhnte innerlich. Boles wollte, daß ich über seine kurze
    und unbedeutende Karriere im Zweiten Weltkrieg schrieb. Das
    klang nach Kosmetik. Da war er nun der nachweislich
    erfolgreichste Major-League-Scout aller Zeiten, doch der
    nagende Wunsch nach Legitimation ließ ihm diese Spielzeit
    publikumswirksamer erscheinen als seine nahezu mythischen
    Leistungen als Scout. Schade.
    Boles bemerkte mein Zögern und zog ein Ohrläppchen lang.
    »‘43, Ende der Saison, da wurde ich aufgerufen, aber eine
    Verletzung an genau dem Tag, als Mr. Jay-Mac mir die frohe Botschaft überbrachte, vereitelte alles.«
    »Eine Verletzung?«
    »Die Phillies wollten, daß ich für sie am Short übernehme, aber eine Verletzung durch Spikes… He, Sie haben mich doch hier raufhinken sehen.«
    Hatte ich; doch weil Boles immer noch munter
    drauflosmarschieren konnte, hatte mich sein Handicap nicht
    sonderlich berührt. In seinem Alter lief man ohnehin nicht
    mehr wie ein Whippet.* Was er für Ambitionen gehabt hatte,
    bevor ihn die Philadelphia Phillies 1948 als Scout unter
    Vertrag genommen hatten, daran hatte ich keinen Augenblick
    gedacht.
    »Nicht, was mit mir passierte, war so bedeutsam an dieser
    Kriegs-Saison«, sagte Boles, »sondern vielmehr das Schicksal meines Zimmergenossen, Jumbo Clerval, und das der ganzen
    unseligen Liga. Die Story stellt alles in den Schatten, was Sie je gehört haben.«

    Sorry, das bezweifle ich. Auch, daß die Phillies (‘44 wurden
    sie für zwei unselige Spielzeiten in Blue Jays umbenannt,
    lange bevor es in Toronto ein Team gab, an dem dieser
    Spitzname hängenblieb) – also daß

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