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Brüchige Siege

Brüchige Siege

Titel: Brüchige Siege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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Movietone-
    Wochenschau. Ich hatte gesehen, wie er Zivilschutzübungen
    leitete, wie er Luftschutzwarte beaufsichtigte und Ähnliches.
    Er trug einen weißen Stahlhelm, fuchtelte mit den Armen und
    machte viel Theater und erinnerte mich an Lou Costello, die
    kleine Ulknudel von Abbott und Costello*, dem Komikerpaar.
    Im Radio klang er irgendwie weibisch. Wie hatte ein Bursche,
    der so aussah und so redete wie er, es bloß fertiggebracht,
    Bürgermeister von New York zu werden? Gil Stone, der
    Bürgermeister von Tenkiller, trug Hemden mit Passekragen,
    Stiefel aus Schlangenleder und Latzhosen aus Kattun.
    Dann las ich in der Tulsa World, daß eine Clique aus Politikern den Major-League-Baseball auf unbestimmte Zeit
    einfrieren wollte. LaGuardia hat getobt. Er hat die Schurken
    aufs Korn genommen: »Unser Volk nimmt die Rationierung
    von Zucker und Schuhen hin, aber diese Männer in
    Washington sollen die Finger von unserem Baseball lassen!«
    Bravo, LaGuardia. Ein Kerl, der sich für Baseball einsetzte,
    verteidigte Amerika besser als irgendein Klugscheißer im
    Kongress, vielleicht sogar besser als ein Rekrut, der unten in Alabama oder Missisloppy* Küchendienst machte.
    Klar, bei mir ging Baseball über alles. Und Bürgermeister
    LaGuardia, auch wenn er noch so aussah wie Lou Costello, las
    den Kids im Radio vor, was sie gern hörten, und hatte den
    Baseballbremsern tüchtig eine auf die Mütze gegeben. Ich hab
    nie an die drei Major-League-Vereine in seiner Stadt gedacht,

    und daß sein Eintreten für Baseball wahrscheinlich genauso
    viel mit Geld und Habgier zu tun hatte wie mit seiner Liebe zu dem Spiel. Vielleicht war er auch mit der Yankee-Nadelstreifen-Mafia verheiratet: mit DiMaggio*, Crosetti und
    Rizzuto. Wer weiß?
    Okay, okay. Wie schaffte ich es von einer Beifuß-Stadt wie
    Tenkiller zu einer Erdnuß-Stadt wie Highbridge? Von den Red
    Stix zu den Hellbenders, einer zusammengewürfelten Truppe
    in den unteren Minor-Leagues? Wie es aussah, hob der Krieg
    die Nachwuchsnester der großen Ligen aus. Das
    Wehrpflichtgesetz oder die Einberufung räumte so viele
    kerngesunde Jungs aus dem Feld, daß die Minor-Leagues
    nahezu ausstarben.
    Aus zwei Gründen war ich trotzdem Kandidat für einen
    dieser Nachwuchsvereine, falls sie denn überlebten.
    Erstens war ich ein prima Baseballspieler. Wie Dizzy Dean
    immer sagte: »Man gibt nicht an, wenn man wirklich gut ist.«
    Ich war gut. In den zwanzig Spielen, die die Red Stix im Frühling bestritten hatten – zwei waren richtige Schaukämpfe
    –, da ist mir nur ein Fehler angekreidet worden. Eben dieser
    Paß, über den man streiten kann. Unser Spielschreiber gab mir
    die Schuld, weil ich den harten Treibball mit dem Handschuh
    niederschlug und Toby Watersong zuschaufelte, der daraus ein
    erzwungenes ›Aus‹ am Second machen sollte. Toby mußte ein
    bißchen hinlangen und verpaßte den Ball. Vielleicht war es
    mein Fehler, vielleicht seiner. Na ja, Spielschreiber war an
    dem Tag zufällig Tobys Onkel. Und was heißt das? Gar nichts,
    hab ich mir gesagt. Und bin immer noch der Meinung.
    Man hört ‘ne Menge über gute Feldspieler, die keine Punkte
    machen: fabelhafte Leute, was das Aufnehmen von
    Bodenbällen und das Erreichen von Double Plays* angeht, die
    aber am Home Base leer ausgehen. Ich konnte treffen. Diesen Frühling hatte ich sechsunddreißig Volltreffer bei

    fünfundsiebzig Schlägen, das Spiel gegen die
    halbprofessionelle Riege der Ölgesellschaft eingeschlossen,
    das für unsere Schnitte nicht zählte. Ein 0.480-Schnitt, der
    siebzig Punkte höher lag als die Bestleistung von Ted
    Williams*, der als erster Major-Leaguer nach Rogers
    Hornsby* die 0.400 überbot.
    Nicht, daß ich die Red Stix im Schlagen geführt hätte. Das tat Franklin Gooch. Goochie warf, spielte im Centerfield und
    rannte wie ein Hase. Er übertraf mich um mehr als dreißig
    Punkte. Am Tag nach seinem Abschluß meldete er sich
    freiwillig zur Marine. Juni ‘45 starb er auf dem Kunischi-Grat von Okinawa: Der japanische Heckenschütze schoß ihm mitten
    ins Auge. Ich habe noch immer den Feldpostbrief von
    Goochie, den er kurz vorher geschrieben hat.
    Tut mir leid, daß ich abschweife. Aber Goochies Story paßt
    irgendwie hier rein. Also der zweite Grund, warum ich neben
    der tollen Statistik ein sicherer Kandidat für die Minor-
    Leagues war, hatte mit meinem Alter zu tun: Achtzehn wurde
    ich erst nach der Saison von ‘43. Ich habe im November Geburtstag. Und auch als lediger

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