Brüchige Siege
an, selbst gegen
Monsterschulen mit weit mehr Schülern. Einmal haben wir’s
einem hochnäsigen Team von Fort Smith, Arkansas, besorgt.
In diesem April und Mai kämpften wir jeden Dienstag- und
Samstagnachmittag und kamen auf fünfzehn Siege und drei
Niederlagen. Die Leute in Tenkiller liebten uns. Wir waren
Helden für sie. Bald jeder arbeitende Spießer aus der Stadt
knapste sich die Zeit ab, um unsere Spiele zu sehen, selbst
wenn er die Stunden nacharbeiten mußte.
Tenkiller ist typisch für Ost-Oklahoma: Lebensmittelladen,
Friseur, Kosmetikstudio, Apotheke, ein Depot für Saatgut und
Futter, ein Eisenwarenladen und ein Dutzend Schlosser.
Unsere Hauptindustrie war damals Deck Glider, Inc. Deck
Glider gehörte einer Firma in Tulsa, der H. C. Hawkins
Company. Vor dem Krieg stellte das Deck-Glider-Werk
Hochleistungs-Bohnermaschinen her. Ma hat seit Herbst ‘37 in
dem Werk gearbeitet. Ihre Nachtschicht störte Daddy so sehr,
daß er eines Tages auf und davon war.
Wie dem auch sei, nachdem Daddy ohne Lebewohl oder
künftige Adresse fort war, da mußte Ma arbeiten, damit wir
was auf dem Teller hatten. Bis Pearl Harbor hatte sie sich zum Vorarbeiter hochgearbeitet. Das Problem war, nachdem FDR*
den hinterlistigen Nipponesen den Krieg erklärt hatte, da
erklärte uns das WPB*, daß Bohnermaschinen nichts zur
Verteidigung beitrügen. Dasselbe galt für Toaster,
Staubsauger, Kaffeemaschinen, Verkaufsautomaten,
Zahnpastatuben und eine Menge anderer Erzeugnisse, die
Metall oder Plastik enthielten. Also schnitt uns das WPB von
den Materialien ab, die wir zur Produktion des Deck Glider brauchten. In Wahrheit war die Herstellung einer
Bohnermaschine illegal. Schon das Horten von alten
Zahnpastatuben war mit Geldstrafe belegt.
Mama kriegte fast die Panik. Wie sollte sie uns über Wasser
halten, wenn die Fabrik zumachte? Was Jobs für Frauen
anging, hatte Tenkiller nicht viel zu bieten. Die Stadt hatte
schon alle Carhops*, Kellnerinnen, Telefonistinnen und
Sekretärinnen, die sie brauchte. Außerdem war jeder von
diesen Jobs schlechter bezahlt. Mama mußte jeden Monat für
das Haus bezahlen. Es gab Männer mit einem Hausstand, der
viel größer war als unsrer, die hatten noch mehr Angst als
Mama.
Dann kam ein Abteilungsleiter von H. C. Hawkins in Tulsa
vorgefahren und hat sie alle beruhigt. Die Muttergesellschaft –
der alte Mr. Hawkins hatte Köpfchen – hatte mit Uncle Sugar*
ein paar Rüstungsverträge unter Dach und Fach gebracht. Deck
Glider, Inc. würde für einen Monat dicht machen, um die
Maschinen und Montagebänder auf das Bohren von
Getriebelagern für Panzerabwehrgeschütze umzustellen.
Keiner würde entlassen. Vielleicht müßte man sogar anbauen
und noch Arbeiter von auswärts einstellen. Ansässige
Bauunternehmer müßten dann für diese Leute Wohnraum
schaffen. Das Pendeln – selbst mit Fahrgemeinschaften und
trotz Sonderzuteilungen an Sprit und Reifen für
Rüstungsarbeiter – galt als unpatriotisch.
Als Ma mir erzählte, wie die Hawkins Company die Jobs
gerettet hatte, da hat sie geweint. »Hier ist wieder Boomer-
Sooner-Land*, Danny Die Streitkräfte brauchen massenweise Panzerabwehrkanonen.«
Doch selbst als Deck Glider ein Rüstungsbetrieb war, teilte
sich ein Kern aus alten Arbeitern – Tenkiller-Urgestein
sozusagen – die Arbeit so ein oder tauschte die Schicht mit
zugezogenen Kollegen, daß er den Heimspielen der Red Stix
beiwohnen konnte. Das Werk arbeitete in drei Schichten zu je
acht Stunden. Mama arbeitete tagsüber, sechs Tage die Woche.
Immerhin hatte unser Spielfeld unüberdachte Sitze hinter dem
Catchernetz*, die für die Deck-Glider-Belegschaft reserviert
waren. Ma ließ kein Heimspiel aus und verschenkte keine
einzige Stunde bezahlter Arbeit, und das, wo sie doch immer
Tagesschicht hatte. Sie tauschte oder fing eben früher an. Und Ma war nicht verrückter auf die Red Stix als Mr. Neal, der
Friseur, oder Tom Davenport, der Eigner einer windigen
Ölgesellschaft, oder sonst jemand in Tenkiller. Es waren die
Red Stix, die diese Beifuß-Gesellschaft*
zusammenschweißten, nicht etwa Deck Glider oder die
hiesigen Kirchen…
Jeden Sonntagmorgen las LaGuardia*, der Bürgermeister von
New York, seinen Stadtkindern über Radio die Comicstrips
vor. Eine Station in Muskogee schnappte die Sendung auf und
gab sie an uns tumbe Okies und Arkies* weiter. Einmal hab
ich ihn gehört. Ich kannte sein Gesicht aus einer
Weitere Kostenlose Bücher