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Brüchige Siege

Brüchige Siege

Titel: Brüchige Siege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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dem
    Dampflöffelbagger ins Schlafzimmer gemußt, um mich aus
    den Federn und zur Schule zu jagen. Anders in Highbridge.
    Hier liebte ich den Morgen, vor allem den frühen. Ich war
    längst auf den Beinen, wenn Darius durch die Flure kam und
    sein »Aus den Federn, aber plötzlich!« rief. Mich weckte ein
    merkwürdiges inneres Läuten, und ich reagierte. Vielleicht nur, weil ich mir das Gesicht waschen und mich anziehen wollte,
    ohne mich von Jumbos glibbrig gelben Augen beobachtet zu
    fühlen. Vielleicht, um dem mörderischen Sommer ein
    Schnippchen zu schlagen, bevor draußen die Milchwagen
    schepperten.
    Egal, am Dienstagmorgen vor unserem Trip nach Opelika
    krebste ich nach unten und roch den Speck in der Pfanne, die
    Brötchen im Backofen und die Orangen, die halbiert und
    ausgepreßt werden wollten. Kizzy hatte längst die Küche
    angeworfen. Mit ihren Löffeln, Schneebesen und Holzfeuern
    raubte sie dem Morgen die letzte Jugendfrische. Und wenn
    schon – gegen zehn oder elf schlug sowieso die rasselnde
    Klapperschlangenhitze zu. Ich setzte mich auf einen Schemel
    direkt neben dem Tisch, auf dem die Brötchen gemacht
    wurden, um so meinen Anspruch auf das Erstgebackene
    anzumelden.
    »Nicht einfach hinsetzen, Mr. Danny.« Kizzy wischte sich
    mit dem Handrücken über die Stirn. »Wenn Miss Giselle
    kommt, dann macht sie dir Beine.«
    Pfui. Kizzy hatte mich gern. Im Laufe der Zeit waren wir
    gute Kumpel geworden. Ich ging ihr morgens zur Hand, noch

    ehe Darius aus dem Wagenschuppen oder Miss Giselle aus
    dem Bungalow kam. Daß ich stumm war, mochte zu unserer
    Freundschaft beitragen. Kizzy benutzte mich sozusagen als
    toten Resonanzkasten. Ich gab nichts wieder her. Ich schluckte nur.
    Mit ihrem schwarzen knotigen Arm, die Hand im
    mehlverklebten Küchenhandschuh, zog sie ihr erstes
    Brötchenblech aus dem Ofen und setzte es mit einem Knall ab.
    »Nimm schon. Verbrenn dir deine gierigen Finger.« Ich
    gehorchte, auch was das Verbrennen anging, doch mit diesem
    Brötchen zu jonglieren, machte mich glücklich. Der Himmel
    hatte sich noch nicht mal gerötet, und ich hatte mir bereits
    einen kleinen eßbaren Schatz gesichert.
    »Schnell essen und Saft machen, oder Miss Giselle zieht
    deine Ohren lang. Und meine.« Kizzy drängte auf ihre
    schnoddrige Art.
    Ich brach das Brötchen in krümelnde Hälften und kaute und
    kaute…
    »Du meinst, Miss Giselle wär ‘ne harte Frau mit scharfer
    Zunge. Manchmal kommt sie einem so vor, aber die Männer
    hier im Haus – auch Darius, bei dem sie manchmal schon sauer
    wird, wenn er bloß vorbeikommt –, sie behandelt uns wie ihre
    Kinder. Das ist wie mit der Frau und dem Schuh in dem
    Kindergedicht. Sie füttert sie und gängelt sie, weil sie so glücklich mit ihnen ist.«
    Miss Giselle und glücklich? Sie machte nicht gerade den
    Eindruck. Sie verhielt sich, als wär Mister JayMac zum
    Arbeitsamt gegangen und hätte ein Dutzend hungrige Leute bei
    sich aufgenommen.
    »Sie hat nie ein Kind im Bauch gehabt«, sagte Kizzy. »Kein
    Kind haben, kein Kind bekommen, das hat sie bitter gemacht.
    Wie wenn du jeden Tag eine Ohrfeige bekommst. Kein

    Wunder, wie glücklich sie ist über ein Haus voll
    Baseballspieler.«
    Während Kizzy redete, halbierte ich Orangen und ›schraubte‹
    sie gründlich auf den geriffelten Clownhut der gläsernen
    Saftpresse.
    »Wenn Miss Giselle euch mit Blick durchbohrt und mit
    Schnabel schnappt wie Sumpfschildkröte«, sagte Kizzy, »dann
    hat sie nicht Wut auf euch. Es sind die Umstände, alles eben.
    Und daß Mister JayMac nicht, wie er sollte, vor Liebe strotzt, macht Sache auch nicht besser. Auch nicht, wenn er ab und
    zu…«
    Die äußere Verandatür knallte, und Kizzy verstummte so jäh
    wie das Hackmesser eines Fleischers, wenn die Finger in
    Gefahr sind. Besser so. Miss Giselle fegte herein, das Gesicht zurechtgemacht, das Haar auch. Gut sah sie aus, daran konnten
    auch Krähenfüßchen, ein ramponiertes Baumwollkleid und
    abgetragene Arbeitsschuhe nichts ändern.
    »Kizzy, hast du irgendwelche Leute in Detroit?«
    »Morgen, Ma’am«, sagte Kizzy. »Wie geht es Ihnen heute?«
    »Du hattest Verwandte, die früher mal nach Norden gezogen
    sind. Wo haben sie sich niedergelassen, Kizzy? In Detroit?«
    »Chicago, Ma’am. Und in Philadelphia.«
    »Die Farbigen in Detroit sind völlig übergeschnappt. Das
    Radio spricht von Chaos. Ein Aufstand. Häuser und Autos
    brennen.«
    »Verzeihung, Ma’am, aber da gibt es keine Lorrows, die so
    was

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