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Brüchige Siege

Brüchige Siege

Titel: Brüchige Siege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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tun«, sagte Kizzy. »Und wenn doch, dann wir sind nie
    begegnet.«
    »Man sollte meinen, dieser Krieg sei schon Unheil genug«,
    sagte Miss Giselle. »Unglaublich, daß es Leute gibt, die zu
    allem Überfluß noch Aufstände in den eigenen Städten
    inszenieren. Was würdest du tun, wenn ein Polizist kommt und
    dir sagt, dein eigenes Kind sei dabei ums Leben gekommen?

    Es muß grausam sein, zu erfahren, daß dein Sohn als Soldat
    gefallen ist. Um wieviel schlimmer, wenn du erfährst, daß er
    auf amerikanischen Straßen getötet wurde – von Leuten, mit
    denen er gar keinen Streit hatte.«
    »Menschen suchen immer Streit«, sagte Kizzy.
    Miss Giselle sah sie forschend an. »So wie du?«
    »Keine Zeit, Ma’am. Das Frühstück ist noch nicht fertig.«
    »Sag mir, warum deine Leute so verrückt sind. Vor ein paar
    Tagen war es Beaumont in Texas. Jetzt Detroit. Was kommt
    als nächstes? Habt ihr euch verschworen, Hitler und die
    Japaner von innen heraus zu unterstützen?«
    »Ma’am, das sind nicht meine Leute«, sagte Kizzy. »Soweit ich weiß, hat es bei den Lorrows nie einen Verrückten
    gegeben.«
    Miss Giselle schritt zwischen den Spülbecken und der langen
    Anrichte auf und ab. »Arbeitest du gerne hier, Kizzy?«
    »Sonst war ich nicht mehr hier. Ich habe klare
    Abmachungen.«
    »Hast du je von den Eleanor-Clubs gehört? Weißt du, was es
    damit auf sich hat? Gehörst du einem solchen Club an? Hast
    du vor, einem beizutreten?« Miss Giselle klaubte sich eine
    ausgepreßte Orangenhälfte und leckte an der inwendigen
    Schale. »Ich werde dich nicht entlassen, wenn es so ist. Oder
    dir dein Zeugnis verderben. Aber für mich sind die Eleanor-
    Clubs ein ebensolcher Verrat wie das Chaos in Detroit.«
    »Woher soll ich Zeit nehmen für Club?« sagte Kizzy. »Ist die
    Full-Gospel-Holdiness-Church ein Club?«
    »Du hast noch nie von den Eleanor-Clubs gehört?«
    »Eleanor?« sagte Kizzy. »Mrs. Roosevelt?«
    »Sie mag die First Lady sein, aber die armen farbigen Frauen,
    die angeblich von ihren Herren ausgebeutet werden, zur
    Rebellion anzustiften
    – ich finde, das grenzt an
    Volksverhetzung.«

    »Ja, Ma’am«, sagte Kizy.
    »Beute ich dich aus, Kizzy?« sagte Miss Giselle. »Beute ich
    dich mehr aus als der großzügige und wundervolle Mister
    Jordan McKissic es mit meiner Wenigkeit tut, seinem Eheweib
    und Galeerensklaven?«
    »Ich gehöre nicht zu keinem Eleanor-Club, Miss Giselle. Ich
    kann Clubs nicht leiden. Die meisten kosten Geld.«
    »Und wenn sie Komitee heißen?« sagte Miss Giselle. Sie
    blieb stehen. Sie setzte sich auf den Schemel, auf dem ich mein Morgenbrötchen gefuttert hatte. »Dann hat Janet also Mrs.
    Dittrich nicht auf Drängen des Ortsverbandes der Eleanoren
    verlassen?«
    ∗
    »Ma’am, Janet ist nach Fomost Foge , weil sie da zwölf
    Dollar die Woche kriegt. Missus Dittrich gab ihr drei.«
    »Ist denn alles nur Geld? Geld und Sex? Was wird aus
    Loyalität und Anhänglichkeit und Treue? Das wüßte ich mal
    gerne.«
    »Ich weiß nicht«, sagte Kizzy, »aber man sagt mir, das ist ein freies Land und die Züge fahren in alle Richtungen.«
    Man hätte meinen können, Miss Giselle wär jetzt sauer
    gewesen – eine Bemerkung, so anmaßend – aber sie lachte. Sie
    rutschte vom Schemel, band sich eine fleckige, buntgewebte
    Baumwollschürze um und stürzte sich in die Vorbereitungen
    für das Frühstück. Ich deckte in der Kantine den Tisch, und
    hätte ich nicht gewußt, daß in der Küche die hochmütige
    Herrin mit der unterdrückten Köchin schwätzte, ich hätte sie
    für Geschwister gehalten.
    Ich war schon wieder in der Küche, als Darius endlich aus
    seiner Wohnung über der Busgarage kam. Er besaß noch einen
    alten Wecker aus Metall mit Glocke und Klöppel, der gegen
    sechs losrasselte. Solche Wecker gab es 1943 kaum noch, viele
    waren das Opfer von Alteisensammlungen geworden, und nur

    ∗ Fo(re)most Fo(r)ge, die hiesige Torpedofabrik

    ein paar Fabriken stellten noch welche her. Was erklärt, warum Darius in McKissic House als mobiler menschlicher Wecker
    fungierte.
    »Aus den Federn, aber plötzlich«, grummelte er in der
    Verandatür. »Fletscht die geputzten Zähne, Jungs.« Ein müder
    Scherz, aber auch eine Art verhohlener Groll.
    Miss Giselle hatte ihn ziemlich gut behandelt, seit wir wieder in Highbridge waren, doch jetzt fuhr sie wie ein tollwütiger
    Hühnerhund herum. »Spar dir deine ausgelassenen
    Wecktiraden! Ich meine es ernst, Darius. Ich habe den Lärm
    satt und

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