Brüchige Siege
los.
»In meiner Familie haben die Männer immer schnell blaue
Flecken gehabt. Blöd zwar, hat mir aber die Army erspart.
Also bin ich vorsichtig. Meistens.«
»Charlie, wenn du so schnell Blutergüsse kriegst«, meinte
Muscles, »dann bist du schön blöd, wenn du Baseball spielst.«
»Ich boxe ja nicht.«
Mister JayMac kam vorbei. »Jeder, der so spielt wie Charlie
– Mr. Snow, meine ich – wäre schön blöd, wenn er nicht
spielen würde.« Er ging weiter, setzte die Füße methodisch,
wie um seine Nervosität zu zügeln, ihm war gar nicht wohl in
seiner Haut.
Ich erfuhr, daß Snow einen Schwamm im Handschuh trug. Er
trug auch Hüftpolster, Stoffeinlagen in den Schuhen,
Gelenkschützer und ein ärmelloses Strickhemd unter dem
Flanell – alles, um sich vor Blutergüssen zu schützen. Wer ihn nur in voller Mon-tur kannte, mußte ihn für pummelig halten.
In Wahrheit war er oben- und untenrum nicht viel dicker als
Dobbs oder ich. Mehr als alles andere tat ihm das Schlagen
weh. Der Schock in Hand und Unterarm, wenn er den nächsten
Hit schmetterte, hinterließ immer einen Bluterguß. Um den
Schaden in Grenzen zu halten, trainierte er sich Schwielen an
und versuchte, jeden Wurfball mit dem sattesten Teil des
Schlägers zu treffen.
Es war wie verhext, wir setzten auch das zweite Spiel der
Viererserie gegen Eufala in den Sand, die Eröffnung des
Doppels am Samstag. Zwischen den Spielen sagte Mister
JayMac: »Sieg-Sieg, Niederlage-Niederlage, Sieg-Sieg,
Niederlage-Niederlage! Verfluchtes Muster, in das ihr euch
verknallt habt!«
»Jetzt ist Sieg-Sieg dran, heute abend und morgen«, sagte
Hoey. »Sollen wir es ändern?«
»Ha-ha«, sagte Mister JayMac. »Nicht vor Mittwoch in
Opelika.«
Schon lustig, denn es blieb bei dem Muster. Wir schlugen
Eufala am Samstagabend und am Sonntagnachmittag. Dann in Opelika verloren wir konsequent die zwei ersten Spiele gegen
∗
die Orphans (die so hießen, weil sie keinen Mutterverein in
den Großligen hatten und bis 1941 auch keinen Heimplatz, so
daß sie bis dahin immer auf Achse gewesen waren) und
schlugen sie erst Donnerstagabend im zweiten Spiel des
Doppels. So weit, so gut.
Doch am Abend darauf in LaGrange gegen die Gendarmes
sprengten wir die Fesseln dieser Zwei-mal-Daumen-nach-
oben-und-zweimal-Daumen-nach-unten-Schablone und
verloren. Damit hatte uns der Juni neun Siege und sieben Niederlagen gebracht – insgesamt standen wir bei siebzehn
und fünfzehn – ein Rekord im Siegen, aber leider nur ein
knapper.
»Himmel!« platzte Mister JayMac nach der Niederlage. »Das
bringt euch aus dem Tritt – und uns alle in den
Straßengraben.«
Die beiden Wochenendserien gegen Opelika und LaGrange,
unsere größten CVL-Rivalen, hätten uns Schwung geben
können. Statt dessen setzten wir jede Serie mit zwei zu eins in den Teich und schlichen uns nach Hause, um unsere Wunden
zu lecken und uns von unseren Fans daheim verwöhnen zu
lassen.
∗ orphan = Waise
20
AN EINEM MONTAG, BEVOR WIR nach Opelika und LaGrange
fuhren, saß ich auf meinem Feldbett und brachte meine
Statistik aus der Eufala-Serie zu Papier, und zwar indem ich
sie mit den Zahlen meiner Kameraden verglich. Als die Tür
aufging und Jumbo hereinkam, war ich verlegen, weil – ich
hatte immer noch einen himmelhohen Schlagschnitt und ging
härter mit meinen Kameraden zu Gericht als mit mir. An
Jumbos Zahlen war allerdings nicht zu deuteln. Er hatte
unterwegs großartig gespielt – so stand es in meinem
Notizbuch.
»Daniel.«
Ich klappte das Notizbuch auf meinen Knien zu.
»Ein paar ausgeliehene Bücher sind diese Woche fällig.
Komm, wir bringen sie in die Bibliothek.« Jumbo packte die
Bücher in einen Wäschebeutel.
Ich drehte mit beiden Händen ein imaginäres Steuerrad.
Fahren wir? Jumbo lächelte auf seine Weise und ließ zwei
Finger über seine Bettdecke spazieren. Ah-ah, dachte ich.
»Komm bitte. Die Hitze hier ist barbarisch und das Licht über
deinem Feldbett ist erbärmlich.«
In ganz Highbridge war die Hitze barbarisch – außer in den
gekühlten Lichtspieltheatern und Kegelbahnen. Ein Marsch
zum Alligator-Park, wo die Bibliothek war, würde uns an den
Rand eines Hitzeschlags bringen. Andererseits waren
Einladungen von Jumbo so selten wie das Auftauchen des
Halleyschen Kometen.
»Ich helfe dir, damit du auch eine Karte bekommst«, sagte
Jumbo. »Ich stehe auf sehr gutem Fuße mit Mrs. Hocking. Sie
ist die Bibliothekarin.«
Ich
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