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Brüchige Siege

Brüchige Siege

Titel: Brüchige Siege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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los.
    »In meiner Familie haben die Männer immer schnell blaue
    Flecken gehabt. Blöd zwar, hat mir aber die Army erspart.
    Also bin ich vorsichtig. Meistens.«
    »Charlie, wenn du so schnell Blutergüsse kriegst«, meinte
    Muscles, »dann bist du schön blöd, wenn du Baseball spielst.«
    »Ich boxe ja nicht.«
    Mister JayMac kam vorbei. »Jeder, der so spielt wie Charlie
    – Mr. Snow, meine ich – wäre schön blöd, wenn er nicht
    spielen würde.« Er ging weiter, setzte die Füße methodisch,
    wie um seine Nervosität zu zügeln, ihm war gar nicht wohl in
    seiner Haut.
    Ich erfuhr, daß Snow einen Schwamm im Handschuh trug. Er
    trug auch Hüftpolster, Stoffeinlagen in den Schuhen,
    Gelenkschützer und ein ärmelloses Strickhemd unter dem
    Flanell – alles, um sich vor Blutergüssen zu schützen. Wer ihn nur in voller Mon-tur kannte, mußte ihn für pummelig halten.
    In Wahrheit war er oben- und untenrum nicht viel dicker als
    Dobbs oder ich. Mehr als alles andere tat ihm das Schlagen
    weh. Der Schock in Hand und Unterarm, wenn er den nächsten
    Hit schmetterte, hinterließ immer einen Bluterguß. Um den
    Schaden in Grenzen zu halten, trainierte er sich Schwielen an
    und versuchte, jeden Wurfball mit dem sattesten Teil des
    Schlägers zu treffen.
    Es war wie verhext, wir setzten auch das zweite Spiel der
    Viererserie gegen Eufala in den Sand, die Eröffnung des
    Doppels am Samstag. Zwischen den Spielen sagte Mister
    JayMac: »Sieg-Sieg, Niederlage-Niederlage, Sieg-Sieg,

    Niederlage-Niederlage! Verfluchtes Muster, in das ihr euch
    verknallt habt!«
    »Jetzt ist Sieg-Sieg dran, heute abend und morgen«, sagte
    Hoey. »Sollen wir es ändern?«
    »Ha-ha«, sagte Mister JayMac. »Nicht vor Mittwoch in
    Opelika.«
    Schon lustig, denn es blieb bei dem Muster. Wir schlugen
    Eufala am Samstagabend und am Sonntagnachmittag. Dann in Opelika verloren wir konsequent die zwei ersten Spiele gegen
    ∗
    die Orphans (die so hießen, weil sie keinen Mutterverein in
    den Großligen hatten und bis 1941 auch keinen Heimplatz, so
    daß sie bis dahin immer auf Achse gewesen waren) und
    schlugen sie erst Donnerstagabend im zweiten Spiel des
    Doppels. So weit, so gut.
    Doch am Abend darauf in LaGrange gegen die Gendarmes
    sprengten wir die Fesseln dieser Zwei-mal-Daumen-nach-
    oben-und-zweimal-Daumen-nach-unten-Schablone und
    verloren. Damit hatte uns der Juni neun Siege und sieben Niederlagen gebracht – insgesamt standen wir bei siebzehn
    und fünfzehn – ein Rekord im Siegen, aber leider nur ein
    knapper.
    »Himmel!« platzte Mister JayMac nach der Niederlage. »Das
    bringt euch aus dem Tritt – und uns alle in den
    Straßengraben.«
    Die beiden Wochenendserien gegen Opelika und LaGrange,
    unsere größten CVL-Rivalen, hätten uns Schwung geben
    können. Statt dessen setzten wir jede Serie mit zwei zu eins in den Teich und schlichen uns nach Hause, um unsere Wunden
    zu lecken und uns von unseren Fans daheim verwöhnen zu
    lassen.

    ∗ orphan = Waise

    20

    AN EINEM MONTAG, BEVOR WIR nach Opelika und LaGrange
    fuhren, saß ich auf meinem Feldbett und brachte meine
    Statistik aus der Eufala-Serie zu Papier, und zwar indem ich
    sie mit den Zahlen meiner Kameraden verglich. Als die Tür
    aufging und Jumbo hereinkam, war ich verlegen, weil – ich
    hatte immer noch einen himmelhohen Schlagschnitt und ging
    härter mit meinen Kameraden zu Gericht als mit mir. An
    Jumbos Zahlen war allerdings nicht zu deuteln. Er hatte
    unterwegs großartig gespielt – so stand es in meinem
    Notizbuch.
    »Daniel.«
    Ich klappte das Notizbuch auf meinen Knien zu.
    »Ein paar ausgeliehene Bücher sind diese Woche fällig.
    Komm, wir bringen sie in die Bibliothek.« Jumbo packte die
    Bücher in einen Wäschebeutel.
    Ich drehte mit beiden Händen ein imaginäres Steuerrad.
    Fahren wir? Jumbo lächelte auf seine Weise und ließ zwei
    Finger über seine Bettdecke spazieren. Ah-ah, dachte ich.
    »Komm bitte. Die Hitze hier ist barbarisch und das Licht über
    deinem Feldbett ist erbärmlich.«
    In ganz Highbridge war die Hitze barbarisch – außer in den
    gekühlten Lichtspieltheatern und Kegelbahnen. Ein Marsch
    zum Alligator-Park, wo die Bibliothek war, würde uns an den
    Rand eines Hitzeschlags bringen. Andererseits waren
    Einladungen von Jumbo so selten wie das Auftauchen des
    Halleyschen Kometen.

    »Ich helfe dir, damit du auch eine Karte bekommst«, sagte
    Jumbo. »Ich stehe auf sehr gutem Fuße mit Mrs. Hocking. Sie
    ist die Bibliothekarin.«
    Ich

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