Brüchige Siege
auch deinen idiotischen Frohsinn.«
»Soll ich Heiapupeia singen?«
»Schluß damit, ein für allemal.«
Darius zog das Kinn ein. »Ich soll die Jungs nicht mehr
wecken?«
»Durch das Haus gehen und schreien wie ein Fischverkäufer.
Ich hasse das. Es ist mir von Grund auf zuwider.«
»Und wie möchten Sie, daß ich sie aus den Federn kriege?«
»Geh die Treppe rauf. Klopf an jede Tür. Verkünde mit
leiser, normaler Stimme, daß es gleich Frühstück gibt.
Verstanden?«
»Ja, Ma’am. Einfache Anweisungen in einfachem Englisch.
Damit komme ich meistens zurecht.«
»Laß die Finger von den Brötchen!« fuhr sie ihn an. »Und
vergiß diesen belanglosen Rundgang für heute. Mr. Boles wird
ihn übernehmen.«
»Er kann anklopfen, Ma’am, aber er kann nicht reden. Es
wäre mir eine Freude, mitzugehen und ihm zu helfen.«
»Die Freude sei dir versalzen, Darius. Ich wünsche, daß du
aus dem Haus bleibst, bis Kizzy dich zum Frühstück ruft. Und
jetzt strengt Mr. Boles eben seine Fingerknöchel an und seine
unverbrauchte Phantasie. Raus, bitte.«
Darius ging mit erhobenem Kopf. Kizzy schwieg.
Dank meiner Phantasie stieg ich erst mal in den zweiten
Stock und weckte Jumbo. Ich kritzelte in mein Notizbuch, was
Miss Giselle mir aufgetragen hatte, und er polterte mit mir von Tür zu Tür. Ich klopfte und er sagte: »Frühstück. Aus den
Federn, wird’s bald. Zwingt uns nicht, euch Beine zu machen.«
Da war keiner, der es noch im Bett aushielt, nachdem er die Stimme gehört hatte.
Zum Frühstück stellte sich dann auch Mister JayMac ein. Eine
Solidaritätsbekundung vor einer wichtigen Tour nach Opelika
und LaGrange. Er nahm nicht am Kopf oder Fuß des Tisches
Platz – da saßen Muscles und Jumbo – nein, er zwängte sich
wie ein gewöhnlicher Hellbender zwischen Vito Mariani und
mich.
Lustig war nur – Miss Giselle tat ihm die Ehre an und
kredenzte ihm seinen eigenen, vipverdächtigen Servierteller
mit drei zigarrendicken Würstchen, einer Porzellankelle voll
dampfender Käsegrütze und einem schwangeren
cremefarbenen Omelett, das aussah wie eine von diesen
blaßgelben Halsbinden aus einem Smokingverleih. Erst dachte
ich: Na ja, man kann es auch zu weit treiben mit dem Ich-bin-
bloß-einer-von-euch. Mit dem Unterschied, daß Mister JayMac
die Stirn runzelte, als seine Frau ihm servierte, als ob er dächte, sie wolle ihn absichtlich vor den anderen blamieren, indem sie so ›dick auftrug‹.
»Was hast du in dieses schwangere Ei getan?« fragte er,
bevor sie die Schwingtüre zur Küche erreichen konnte.
»Schinken, gewürfelte Pfefferfrucht, Tomate, Zwiebel und
einen Schuß Tabascosoße.« Miss Giselle kippte den Kopf.
»Warum fragst du?«
»Das Grüne ist Ziegenpfeffer?«
»Ja. Hast du gedacht, ich hätte dir vom bittersten Löwenzahn
da reingeschnippelt?«
»Nein, eigentlich nicht. Das Problem ist, Darius macht sich
nichts aus Ziegenpfeffer, Liebling.«
Miss Giselle verschränkte die Arme. »Ich habe das für dich gemacht, Jay.«
»Na ja, das hat niemand verlangt. Ich esse, was die Jungs
essen, das weißt du. Nimm also dieses Glanzstück von Omelett
und gib es Darius. Er kann ja um das verdammte Geschnipsel
herumessen.«
Darius frühstückte an einem ausrangierten Tisch auf der
eingezäunten Veranda – nicht in der Küche, nicht in der
Kantine, niemandem im Weg. Er war jetzt da draußen und aß
zu Ende.
»Er würde das nicht wollen«, sagte Miss Giselle. »Er hat
schon für drei gegessen.«
»Bring es ihm trotzdem. Er soll selbst entscheiden. Ich kann
keine Sonderbehandlung dulden.«
»Nein, ich werde es ihm nicht bringen, Jay, weil ich keine
Kränkung oder Demütigung dulden kann. Ich kann sie nicht
nur nicht dulden, ich dulde sie nicht.«
Für die nächsten Sekunden hörte man nur Gabeln an
Porzellan scharren und das Glucksen, als Muscles einen
Mundvoll Orangensaft schluckte.
»Diese Mahlzeit darf nicht weggeworfen werden«, sagte
Mister JayMac endlich. »Bring sie zu Darius.«
Miss Giselle schloß die Augen, umarmte sich und wiegte sich
wie die trauernde Mutter am frischen Grab. Diese wortlose
Pose bereitete noch mehr Unbehagen als der vorangegangene
Wortwechsel. Also stieß ich meinen Stuhl zurück, griff mir das feudale Frühstück und ging damit zur Küche – mein Beitrag
zum Frieden.
Ich hörte Jumbo sagen: »Ich werde Miss Giselle zu Ihrem
Haus begleiten, Sir.«
»Eine gute Idee«, sagte Mister JayMac.
Auf der Veranda setzte ich
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