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Brüchige Siege

Brüchige Siege

Titel: Brüchige Siege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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auch deinen idiotischen Frohsinn.«
    »Soll ich Heiapupeia singen?«
    »Schluß damit, ein für allemal.«
    Darius zog das Kinn ein. »Ich soll die Jungs nicht mehr
    wecken?«
    »Durch das Haus gehen und schreien wie ein Fischverkäufer.
    Ich hasse das. Es ist mir von Grund auf zuwider.«
    »Und wie möchten Sie, daß ich sie aus den Federn kriege?«
    »Geh die Treppe rauf. Klopf an jede Tür. Verkünde mit
    leiser, normaler Stimme, daß es gleich Frühstück gibt.
    Verstanden?«
    »Ja, Ma’am. Einfache Anweisungen in einfachem Englisch.
    Damit komme ich meistens zurecht.«
    »Laß die Finger von den Brötchen!« fuhr sie ihn an. »Und
    vergiß diesen belanglosen Rundgang für heute. Mr. Boles wird
    ihn übernehmen.«
    »Er kann anklopfen, Ma’am, aber er kann nicht reden. Es
    wäre mir eine Freude, mitzugehen und ihm zu helfen.«
    »Die Freude sei dir versalzen, Darius. Ich wünsche, daß du
    aus dem Haus bleibst, bis Kizzy dich zum Frühstück ruft. Und
    jetzt strengt Mr. Boles eben seine Fingerknöchel an und seine
    unverbrauchte Phantasie. Raus, bitte.«
    Darius ging mit erhobenem Kopf. Kizzy schwieg.

    Dank meiner Phantasie stieg ich erst mal in den zweiten
    Stock und weckte Jumbo. Ich kritzelte in mein Notizbuch, was
    Miss Giselle mir aufgetragen hatte, und er polterte mit mir von Tür zu Tür. Ich klopfte und er sagte: »Frühstück. Aus den
    Federn, wird’s bald. Zwingt uns nicht, euch Beine zu machen.«
    Da war keiner, der es noch im Bett aushielt, nachdem er die Stimme gehört hatte.

    Zum Frühstück stellte sich dann auch Mister JayMac ein. Eine
    Solidaritätsbekundung vor einer wichtigen Tour nach Opelika
    und LaGrange. Er nahm nicht am Kopf oder Fuß des Tisches
    Platz – da saßen Muscles und Jumbo – nein, er zwängte sich
    wie ein gewöhnlicher Hellbender zwischen Vito Mariani und
    mich.
    Lustig war nur – Miss Giselle tat ihm die Ehre an und
    kredenzte ihm seinen eigenen, vipverdächtigen Servierteller
    mit drei zigarrendicken Würstchen, einer Porzellankelle voll
    dampfender Käsegrütze und einem schwangeren
    cremefarbenen Omelett, das aussah wie eine von diesen
    blaßgelben Halsbinden aus einem Smokingverleih. Erst dachte
    ich: Na ja, man kann es auch zu weit treiben mit dem Ich-bin-
    bloß-einer-von-euch. Mit dem Unterschied, daß Mister JayMac
    die Stirn runzelte, als seine Frau ihm servierte, als ob er dächte, sie wolle ihn absichtlich vor den anderen blamieren, indem sie so ›dick auftrug‹.
    »Was hast du in dieses schwangere Ei getan?« fragte er,
    bevor sie die Schwingtüre zur Küche erreichen konnte.
    »Schinken, gewürfelte Pfefferfrucht, Tomate, Zwiebel und
    einen Schuß Tabascosoße.« Miss Giselle kippte den Kopf.
    »Warum fragst du?«
    »Das Grüne ist Ziegenpfeffer?«

    »Ja. Hast du gedacht, ich hätte dir vom bittersten Löwenzahn
    da reingeschnippelt?«
    »Nein, eigentlich nicht. Das Problem ist, Darius macht sich
    nichts aus Ziegenpfeffer, Liebling.«
    Miss Giselle verschränkte die Arme. »Ich habe das für dich gemacht, Jay.«
    »Na ja, das hat niemand verlangt. Ich esse, was die Jungs
    essen, das weißt du. Nimm also dieses Glanzstück von Omelett
    und gib es Darius. Er kann ja um das verdammte Geschnipsel
    herumessen.«
    Darius frühstückte an einem ausrangierten Tisch auf der
    eingezäunten Veranda – nicht in der Küche, nicht in der
    Kantine, niemandem im Weg. Er war jetzt da draußen und aß
    zu Ende.
    »Er würde das nicht wollen«, sagte Miss Giselle. »Er hat
    schon für drei gegessen.«
    »Bring es ihm trotzdem. Er soll selbst entscheiden. Ich kann
    keine Sonderbehandlung dulden.«
    »Nein, ich werde es ihm nicht bringen, Jay, weil ich keine
    Kränkung oder Demütigung dulden kann. Ich kann sie nicht
    nur nicht dulden, ich dulde sie nicht.«
    Für die nächsten Sekunden hörte man nur Gabeln an
    Porzellan scharren und das Glucksen, als Muscles einen
    Mundvoll Orangensaft schluckte.
    »Diese Mahlzeit darf nicht weggeworfen werden«, sagte
    Mister JayMac endlich. »Bring sie zu Darius.«
    Miss Giselle schloß die Augen, umarmte sich und wiegte sich
    wie die trauernde Mutter am frischen Grab. Diese wortlose
    Pose bereitete noch mehr Unbehagen als der vorangegangene
    Wortwechsel. Also stieß ich meinen Stuhl zurück, griff mir das feudale Frühstück und ging damit zur Küche – mein Beitrag
    zum Frieden.

    Ich hörte Jumbo sagen: »Ich werde Miss Giselle zu Ihrem
    Haus begleiten, Sir.«
    »Eine gute Idee«, sagte Mister JayMac.
    Auf der Veranda setzte ich

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