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Brücke der brennenden Blumen

Brücke der brennenden Blumen

Titel: Brücke der brennenden Blumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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befindlichen roten Teich die Trinkflasche zu füllen.
    Â»Ich danke euch beiden, Leifreg und Mied. Ihr habt mir sicherlich
das Leben gerettet.«
    Â»Wer weiß, ob das gut war?« brummte der Gribaillenlenker.
»Irgendeinen Krieg werdet Ihr schon mitgebracht haben, als hübsches
Gastgeschenk für die einfachen Menschen der Provinzen.«
    Â»Ich versichere dir, daß ich nicht darauf aus bin, mir hier Wünsche
in Erfüllung gehen zu lassen. Alles, was ich möchte, ist zurückzukehren – aber
nicht über die Brücke. Ich muß einen anderen Weg finden.«
    Â»Dann findet ihn. Findet ihn, ehe der Himmel sich die Erde
einverleibt. Seht Ihr die nicht mehr endenden Nebel dort oben, das sonnenlose
ungerichtete Licht? Als ich jung war, war der Himmel noch klar und blau, es gab
eine kräftige Sonne, sechs schattenwerfende Monde. Es war eine Herzensfreude,
ein Gribaillier zu sein, über das bunte Land zu fliegen und die Farben strahlen
und funkeln zu sehen. Heute herrscht Zwielicht über fast allen Ländereien, und
die Menschen erwürgen sich wegen einer Schale Haferschleim. Wenn es also einen
anderen Weg gibt als die Brücke, und Ihr findet diesen Weg, dann werdet Ihr eine
große Tat vollbringen – und Tausende Unglücklicher werden versuchen, Euch zu
folgen.« Mit diesen Worten stieg Leifreg auf sein Flugtier, schnallte sich in
den Sattel, tippte sich noch mal an den Augenschutz und hob dann senkrecht ab.
Aufgewirbelter Staub trieb Eljazokad in Deckung. Als er wieder etwas sehen
konnte, war die Gribaille nur noch ein kleines Kreuz unter den bleischweren
Wolkenmassen.
    Eljazokad suchte und fand den roten Teich. Nach der zweitägigen
Wüstenwanderung war ihm nach einem Bad, aber am Rand des Teiches hockten
seltsam aussehende Froschtiere unter Wasser und ließen Blasen steigen. Was,
wenn sie sich nicht nur von Fliegen ernährten? Er füllte behutsam seine Flasche
und kehrte in den Räderwald zurück. Sein ganzes Leben lang war er gut ohne
Waffe klargekommen, aber in dieser unheimlichen Umgebung fühlte er sich
eigentümlich nackt, zumal auch seine angestammte Magie nicht mehr vorhanden
war. Seine Kleidung immerhin rührte von Toten, das machte ihn vielleicht zu
einem entfernten Verwandten der Verstorbenen und berechtigte ihn zu einer
Durchquerung dieser Stätte.
    Eine Stunde marschierte er unter Gebeinen und verrottetem
Menschenfleisch hindurch, bis das Gewimmer mehrerer Lebendiger an seine Ohren
drang. Dort lagen zwei Männer und zwei Frauen, jeder auf seinem eigenen Rad,
umschwirrt von Fliegen und Mücken, die ihnen vor allem an die Augen gingen. Die
vier winselten und klagten, fingen dann aber übergangslos an zu singen. Ein
schönes, vierstimmiges Lied, dessen genauen Text Eljazokad nicht verstehen
konnte, aber die Zeilen
    es gibt kein Wunder mehr
    dies Land tönt kalt und leer
    wiederholten sich mehrmals. Er versuchte abzuschätzen, wie
sehr die vier verletzt waren, aber sie alle waren mit unmenschlicher Sorgfalt
durch die Speichen gewoben worden. Was nützte es einem Menschen mit mehrfach
gebrochenen Gliedmaßen, losgebunden zu sein? Nichts. Es kam höchstens einer
zusätzlichen Verspottung gleich.
    Eljazokad schrieb den Satz Mir scheint, dieses
Land wird von einem König namens Siusan regiert in seine Pergamente, und
eilte weiter. Ihm war übel. Und er fror trotz der pelzigen Fäulniswärme
ringsum.
    Er sah noch weitere Lebendige, insgesamt dreizehn unter Hunderten
und Aberhunderten von Leichnamen in allen Stadien der Zersetzung. Sich die
Handflächen auf die Ohren pressend, versuchte er, ihr Flehen und Schreien zu
ignorieren, aber dennoch drangen einige bis zu ihm durch. Einer flehte ihn an,
ihm einen kurzen, schmerzlosen Tod zu schenken. Er wollte nicht bei lebendigem
Leibe vom Ungeziefer verzehrt werden. Aber auch dazu war Eljazokad außerstande.
Er hatte keine Waffe. Hätte er den Unglücklichen aus Mildtätigkeit erdrosseln
sollen?
    Eljazokad spaltete von seinem Haß auf Siusan eine nicht
unbeträchtliche Portion ab und haßte die Stadt Destrisch, noch bevor er sie
deutlich erblicken konnte. Als es dann nach seinem inneren Sandglas Abend
wurde, ohne daß es wirklich dunkelte, sah er die Verhaßte tatsächlich vor sich.
Der Wald der Radgeflochtenen war ihr Vorgarten gewesen.
    Destrisch hatte in etwa die Ausmaße Aldavas ohne die außen
angelagerten Bezirke der Bürgerkriegs- und

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