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Brücke der brennenden Blumen

Brücke der brennenden Blumen

Titel: Brücke der brennenden Blumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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führt?
    Er verstaute die Notizen in seiner Hosentasche und
lauschte in sich hinein. Es schien, daß sich seine magische Energie in dieser
fremden Welt schneller regenerierte. Die sechs Tage in Destrisch hatten in ihm
wieder einen Vorrat wachsen lassen, der jedoch sehr viel kleiner war als der,
den er benutzt hatte, um Scord und Gudvin blind zu brennen. Wenn es in dieser
Welt wenigstens eine richtige Nacht gegeben hätte, hätte er vielleicht eine
ausreichende Irritation damit erzeugen können, aber am düsteren, ewigwährenden
Tag war ein wenig Licht mehr oder weniger kaum von Bedeutung.
    Tatsächlich hatte man wenig Geduld mit ihm. Die Götter waren
dauerhungrig, ihnen mußte unablässig geopfert werden. Schon nach wenigen
Stunden in der übelriechenden Gemeinschaftszelle holten sechs Gardisten
Eljazokad ab, um ihn zu seinem Rad zu führen. Es war Abend, aber genauso hell
wie in der Mittagsstunde. Mit auf den Rücken gebundenen Händen ließ Eljazokad
sich leiten und wehrte sich nicht.
    Ihr Weg führte sie durch die schriftstückübersäten Straßen von
Destrisch, wo Liebesbriefe, Kampfreden, Rechnungen und Rezepte vom Wind
umhergeweht wurden, durch die Außenbereiche des Walds der Radgeflochtenen bis
hin zu jenem Rad, das für Eljazokad bestimmt worden war. Weit und breit waren
keine anderen Lebendigen zu sehen. Vier Gardisten enterten den drei Schritte
hohen Radmast auf und hievten Eljazokad hinter sich hoch, bis er mit dem Rücken
auf den schmuddeligen Speichen zu liegen kam. Seine Handgelenke wurden an den
Radrand geknüpft. Im aschenen Himmel kreisten die Greifvögel mit den winzigen
Köpfen.
    Eljazokad fiel auf, daß seine Situation nun ziemlich genau der auf
Siusans Tisch entsprach. Zwischen den beiden Welten schien eine Beziehung zu
bestehen, die zwar eine gewisse Entfernung zuließ, dann aber auch wieder in die
Nähe zurückführte. Folgerichtig würden die Gardisten nun auch mit seinem
rechten Bein beginnen, es brechen und zu einem Weberschiffchen machen.
    So war es. Zwei von ihnen ergriffen das rechte Bein und fädelten
Fuß, Knöchel und Wade zwischen zwei Speichen hindurch. Die Angst vor dem
neuerlichen Schmerz überfiel den Lichtmagier so heftig, daß er beinahe keine
Luft mehr bekam zum Schreien. Gleichzeitig fiel ihm ein, daß er in der
wirklichen Welt, der Welt des Mammuts , selbst wenn er
das alles überleben würde, niemals wieder würde normal gehen können, bei dem,
was Siusan alles mit seinem Bein angestellt hatte. Die Welt der Räder war also
eigentlich ein schöner Traum, eine Erinnerung an sein heiles Bein. Und als der
Begriff »Welt der Räder« ihm in den Sinn kam, fiel ihm das Rätsel der Riesen
wieder ein, mit den vier Brüdern, die zwar zusammen reisen, sich jedoch nie
begegnen. War er denn nicht selbst ein Gott? Hatte Leifreg ihn nicht so
genannt? Konnte er die Nähe zu Siusans Tisch nicht nutzen, um seine von ihm
getrennten Gefährten herzuholen?
    Er wehrte sich mit Tritten und Aufbäumen gegen das Gerädertwerden,
und die papiergekleideten Gardisten, die schon gar nicht mehr mit einer
Gegenwehr gerechnet hatten, bekamen Gleichgewichtsschwierigkeiten auf dem
schwankenden Rad, hielten sich aber erfahren oben und verstärkten ihren Griff.
Gleichzeitig rief Eljazokad: »Martelas Zwei! Bestar und Tjarka, könnt ihr mich
hören?«
    Nur wenige Augenblicke später wurde einer der Gardisten von einem
Pfeil in die Seite getroffen und kippte stöhnend vom Rad. Hellas? dachte Eljazokad, der den Kopf nicht weit genug drehen konnte, um nach unten zu
blicken. In die übrigen Gardisten kam Unruhe. Sie riefen »He, halt, was soll
das?« wurden aber offensichtlich weiterhin beschossen. Zwei von ihnen fühlten
sich oben auf dem Rad zu ungedeckt und sprangen hinab. Kampflärm ertönte, der
nach mehreren Beteiligten klang. Hellas, Bestar und Tjarka? Der
letzte auf dem Rad verbliebene Destrischgardist mußte Eljazokad nun ganz
alleine festhalten, und das gelang ihm nicht. Eljazokad lag flach da und hatte
somit besseren Halt. Der Stehende konnte nicht allen Tritten ausweichen und
strauchelte über die Radkante nach unten. Eljazokad zog sein eingeklemmtes Bein
aus den Speichen, stemmte sich auf einen Ellenbogen und betrachtete das
Geschehen unter sich.
    Weder Hellas noch Bestar noch Tjarka waren dort unten zu sehen. Die
Gardisten wurden von fünf hageren, schmutzigen

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