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Brücke der brennenden Blumen

Brücke der brennenden Blumen

Titel: Brücke der brennenden Blumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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einen
Tobsuchtsanfall, schmiß Kelche und Karaffen nach ihm und schrie so laut, daß
sich ihre Stimme in den gekachelten Räumen fing und brach wie ein wildes Tier.
Anschließend beklagte sie sich bei Bestar, der in seinem Bett lag und seinen
geschundenen, von Blutergüssen übersäten Körper ausruhte. »Wer braucht diese
Diener?« schimpfte sie. »Ich habe noch nie einen Diener gehabt, nie einen
gebraucht, warum muß ich mich jetzt herumquälen mit einem bescheuerten,
nichtsnutzigen Untertanen?«
    Â»Ich habe Jeree auch weggeschickt«, gab Bestar ihr recht. »Sie trug
ihr knappes Zeug, wann immer ich es ihr nicht ausdrücklich untersagte. Es hat
mich wahnsinnig gemacht, dauernd ihren … na, du weißt schon – vor mir zu haben.
Wie soll man sich so aufs Kämpfen konzentrieren?«
    Â»Wie läuft es denn, das Kämpfen?«
    Â»Gut. Über die Hälfte der Punkte habe ich schon zusammen.«
    Â»Je schneller wir hier wegkommen, desto besser.«
    Â»Ich weiß. Ich weiß. Aber morgen muß ich mal einen Ruhetag einlegen.
Meine Finger sind ganz angeschwollen von den vielen Hieben.«
    Nach zwei Tagen des mühsamen Aufstiegs über hunderttausend
Treppenstufen erblickte Eljazokad von den Zinnen des allerhöchsten Turmes aus
die Sonne, die einstmals ein Mond gewesen war.
    Die echte Sonne stand ebenfalls am Himmel, aber sie wirkte fahl und
unbeträchtlich neben dem gigantischen Glutball, der im Zenith über dem Schloß
loderte. Nur wenige Dutzend Schritte unterhalb der Zinnen wellte sich träge die
Oberkante der magischen Wolkendecke – ein endloses graubraunes Wattemeer.
    Â»Dies ist«, schnaufte Maitr’ Calmant, den der Aufstieg noch mehr
mitgenommen hatte als den jungen Magier, »der einzige Ort in unserer Welt, von
dem aus man diese Sonne erblicken kann. Gut, im Gebirge, durch das Ihr auf dem
Weg nach Destrisch geflogen seid, durchstoßen auch einige Gipfel die Wolken,
aber diese Gipfel sind unbesteigbar steil.«
    Â»Und Gribaillen? Könnten Gribaillen nicht durch die Wolkendecke
aufwärts tauchen?«
    Â»Das könnten sie wohl, aber das Licht dieser Sonne ist unnatürlich
und verbrennt ihre Augen und Flügel. Blind versänken sie im Wolkenmeer und
stürzten darunter wie in eine Hölle hinab.«
    Eljazokad hob beide Hände zur magischen Sonne. »Ich bin ein
Lichtmagier«, sagte er wie in Trance. »Ich fühle, wie sich meine magische
Energie auffüllt bis jenseits allen Fassungsvermögens, das ich bisher für
gegeben hielt. Dies ist eine Kraftquelle, die niemals versiegen wird und die
mich auch immer wieder aufs neue erquicken wird. In Melronia kann ich mächtig
werden ohne Beispiel.« Er sah den Maitr’ an. »Es ist erschreckend.«
    Â»Ja, das ist es. Aber ich wollte dennoch, daß Ihr das seht und
erlebt. Ich erzählte Euch schon von der Theorie, die besagt, daß jeder, der von
der alten Insel stammt, unsere Welt nach seinen Vorstellungen formt. Womöglich
ist dies alles hier Euer Werk. Was Eure Kraftquelle darstellt, ist für uns
Sterbliche unerträglich, so daß wir uns in Wolken hüllen müssen.«
    Â»Das würde bedeuten, daß ich mit Etridti Djuzul im Bunde bin.«
    Â»Oder daß Ihr Etridti Djuzul geschaffen habt, um einem Mond mehr als
nur Mondlicht zu verleihen.«
    Â»Sag, Maitr’ – glaubst du persönlich eigentlich an diese Theorien?
Als du uns das erste Mal empfangen hast, bist du nicht gerade vor Ehrfurcht vor
mir niedergekniet.«
    Â»Ihr wollt wirklich wissen, was ich glaube?«
    Â»Ja.«
    Der alte Mann holte tief Luft. »Ich glaube, daß Melronia genauso
wahnsinnig ist wie Destrisch. Destrisch opfert Menschen, um vom Krieg verschont
zu bleiben. Melronia führt einen Krieg, um vor weiteren Opfern verschont zu
bleiben. Beides ist paradox. Ich glaube, daß das Paradoxe existiert. Ich
glaube, daß Ihr und Eure beiden Begleiter gar nicht wirklich hier seid, sondern
Euch nur einbildet, hier zu sein, und zwar so sehr und mit so großer
Anstrengung, daß wir Euch sehen und anfassen können. Ich weiß also nicht: Soll
ich vor Euch niederknien, weil Ihr ein Gott seid, oder soll ich Euch
ignorieren, weil Ihr nicht wirklich seid? Also habe ich mich für den Mittelweg
entschieden und behandle Euch mit Höflichkeit.«
    Eljazokad lächelte. »Gibt es überhaupt eine Möglichkeit, so etwas
wie die

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