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Brückenorakel Bd 2 - Weltenwanderer (German Edition)

Brückenorakel Bd 2 - Weltenwanderer (German Edition)

Titel: Brückenorakel Bd 2 - Weltenwanderer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melissa Fairchild
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des gegenüberliegenden Dachs und die prächtigen Helme auf der richtigen Höhe, so dass sie im Licht der aufgehenden Sonne funkelten.
    Eines der Fenster war offen. Als Avi und Hannah daran vorbeikamen, flog eine geisterhafte Gestalt herein und landete geräuschlos vor ihnen auf dem Boden. Es war eine Schleiereule, wie Avi sie auch in der Festung der Elfen beobachtet hatte.
    »Das ist aber komisch«, meinte Hannah. Pennie, die neben ihnen hertrottete, verfärbte sich sofort schwarzweiß und verschmolz mit dem Schachbrettmuster des Fußbodens.
    Die Eule betrachtete Avi und Hannah mit großen, ernsten Augen und drehte den Kopf beinahe um die eigene Achse, als wolle sie die Gesetze der Anatomie Lügen strafen. Im nächsten Moment begann sie, sich zu verändern.
    Avi war schon öfter Zeuge solcher Verwandlungen geworden, allerdings keiner, die so elegant vonstatten gegangen wäre. Geschmeidig nahm die Eule Menschengröße an. Ihr Körper wuchs, die Raubvogelbeine rundeten sich, und das Gefieder wurde zu einem fließenden, seidigen Gewand. Der Schnabel bekam Nasenform, das flache Mondgesicht entwickelte hohe Wangenknochen und ein schmales, spitzes Kinn. Nur die Augen blieben, wie sie waren – rund und leuchtend. Vor ihnen stand eine schlanke, drahtige Frau, die etwa drei Zentimeter kleiner war als Avi. Sie hatte die scharfen Gesichtszüge und die spiralförmigen Ohren eines Kobolds. Eines ganz besonderen Kobolds.
    Eine Kundschafterin!
    Nichts wies darauf hin, dass die Frau bewaffnet war, denn ihr weißes Seidenkleid, das ihre Figur umschmeichelte, ließ der Phantasie nur wenig Spielraum. Aber Avi hatte inzwischen ausreichend Erfahrung mit Kellens Häschern gemacht. Deshalb schob er Hannah zurück und riss eine der nicht angezündeten Fackeln von der Wand.
    Die Koboldin zog eine Augenbraue hoch. »Nur weil ich meine Gestalt verändern kann, heißt das nicht, dass ich Kellen die Treue geschworen habe. Das solltest gerade du wohl am besten wissen, Avi.«
    »Woher kennst du meinen Namen? Wer bist du?«
    Die Koboldin machte einen Satz auf ihn zu und packte seine Hand, bevor er sie wegziehen konnte. Fest drückte sie seine Handfläche erst an ihre, dann an seine Wange.
    »Spürst du es?«, fragte sie. »Oder bist du mehr der Sohn deiner Mutter als der deines Vaters?«
    »Ich verstehe kein Wort«, erwiderte Avi. Aber während er der fremden Frau in die großen, runden Augen blickte, hatte er das Gefühl, ihr schon irgendwo begegnet zu sein. Gehörte sie auch zu den verlorenen Erinnerungen wie so viele andere, die vermutlich durch die Einöde seiner vergessenen Vergangenheit wanderten?
    »Doch«, entgegnete sie ernst. »Das tust du sehr wohl.«
    »Wer bist du?«
    Mit einem ungeduldigen Seufzer stieß sie seine Hand weg. »Also stimmt es«, zischte sie. »Du weißt überhaupt nichts mehr.«
    »Das ist schließlich nicht meine Schuld! Wenn du mir nicht verraten willst, wer du bist, lass uns vorbei. Ich muss zu meiner Mutter. Es ist wichtig.«
    »Nicht so wichtig wie die Begegnung mit mir, Avi. Da bin ich ganz sicher.«
    »Pass auf«, mischte Hannah sich ein. »Entweder sprichst du jetzt nicht mehr in Rätseln und verrätst uns, wer du bist, oder du gehst uns verdammt noch mal aus dem Weg!« Pennie, noch immer mit schwarzweißen Quadraten bedeckt, war auf ihren Arm geklettert, wo sie nun ängstlich wimmernd kauerte.
    Langsam drehte sich die Koboldin zu Hannah um. »Ach, das tapfere Mädchen, von dem ich schon so viel gehört habe. Und wie ich sehe, hast du ein Haustier. Nun, wenigstens einer von euch hat Mut. Meinetwegen. Da du es offenbar wirklich vergessen hast, sage ich dir jetzt genau, wer ich bin, nämlich Iritha, eine Koboldin aus dem siebten Haus des Alkenoi und die Schwester des Kobolds, den alle in diesem Reich als Oren von Alkenoi kennen.«
    Avi schnappte nach Luft. Schwester? Seine Tante? Als er Irithas Gesicht musterte, las er die Antwort in ihren Augen. Sie waren grün und aufmerksam wie die seines Vaters. Ein seltsames Gefühl durchströmte ihn. Es war kein Erkennen im eigentlichen Sinn, sondern eher die Gewissheit, dass sie die Wahrheit sagte.
    »Du bist nicht nur seine Schwester, sondern seine Zwillingsschwester«, stellte er fest.
    »Siehst du?«, erwiderte Iritha, und der Anflug eines Lächelns spielte um ihre Lippen. »Du hast doch nicht alles vergessen.«
    Unzählige Fragen gingen Avi im Kopf herum. Ehe er allerdings eine davon stellen konnte, hob Iritha die Hand.
    »Ich merke dir an, dass du vieles von mir

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