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Brückenschläge: Zwei Generationen, eine Leidenschaft (German Edition)

Brückenschläge: Zwei Generationen, eine Leidenschaft (German Edition)

Titel: Brückenschläge: Zwei Generationen, eine Leidenschaft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Lindner , Hans-Dietrich Genscher
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Meinungsforen des Internets stehen ja Torwächter – Betreiber der Netze wie die Telekom, die den technischen Zugang schaffen. Und Suchmaschinen wie Google, mit denen sie Inhalte finden. Stellen Sie sich den wohl noch nur fiktiven Fall vor, dass in der Zukunft neue, kleine Anbieter im Internet einfach diskriminiert werden könnten: weil ihre Daten langsamer übermittelt werden oder sie schlicht nicht als Suchergebnis präsentiert werden. Um das mal zu veranschaulichen, in Moskau können sich Privatleute offenbar ein Blaulicht für ihr Auto kaufen und haben dann Vorrangrechte. Wie Polizei und Feuerwehr. Die gleiche Situation könnte in wenigen Jahren schon im Internet drohen. Dann könnten sich Menschen mit mehr Geld oder größerer Marktmacht bessere Zugänge auf die neuen Marktplätze in den Online-Medien kaufen.
    Dahinter liegt eine Grundsatzfrage, die ich hier nur vorsichtig berühren will: Wenn Unternehmen solch einen Infrastrukturcharakter bekommen, kann man dann eigentlich noch von privaten Unternehmen im herkömmlichen Sinn sprechen? Zudem handelt es sich um Unternehmen, die oftmals ihren Sitz außerhalb unseres oder überhaupt eines nationalen rechtlichen Rahmens haben.
    GENSCHER
    Das können Sie auch auf systemische Banken anwenden.
    LINDNER
    Richtig, für die gilt dasselbe. Wer den Markt – und hier geht es sogar noch um mehr, um den gesellschaftlichen Diskurs – beherrscht, muss sich einer besonderen öffentlichen Aufsicht stellen. Hier muss man sich kartellrechtliche Eingriffe vorbehalten. Eine der ordnungspolitischen Aufgaben ist es also, einen diskriminierungsfreien Zugang für alle sicherzustellen. Das ist eine Frage mit globalem Charakter. Bei den Finanzmärkten ist inzwischen so gut wie allen klar, dass es hier Regeln geben muss. Beim Internet stehen wir da am Anfang. Vor allem die Frage der sogenannten Netzneutralität wird eminent wichtig – für uns Liberale muss entscheidend sein, dass sich auch im Internet die bessere Idee durchsetzt und nicht die größere Brieftasche oder die größere Marktmacht. Das zu gewährleisten, ist unsere Aufgabe.

Welt von gestern, Welt von morgen
    GENSCHER
    Wir haben bei einer unserer letzten Begegnungen über Deutschland und Europa gesprochen. Diesmal sollten wir über unsere Rolle, die Rolle Europas in der Welt sprechen. Bis heute sind hier die Vereinigten Staaten traditionell unser engster Partner und Verbündeter – auch wenn das deutsch-amerikanische Verhältnis in der Regierungszeit von Bush junior vielschichtiger geworden ist.
    LINDNER
    Deutschland und die USA teilen bei manchen Unterschieden dennoch dieselben Werte des »Westens« – Marktwirtschaft, Demokratie, Rechtsstaat, offene Gesellschaft. Die Vereinigten Staaten waren immer schon eine pazifische Macht, inzwischen hat der amerikanische Präsident allerdings den Pazifik zur Priorität Nummer eins erklärt. Weil Europa kein Hot Spot mehr ist, weil die Probleme der Welt anderswo liegen, weil sich die Gewichte der Weltwirtschaft nach Asien verlagern – oder weil Europa mit sich selbst beschäftigt ist. Vermutlich von allem etwas. Vermissen Sie nicht eine intensive Diskussion darüber in Europa, Herr Genscher? Sollte nicht von Deutschland eine Initiative ausgehen, die transatlantischen Beziehungen neu zu beleben? Beispielsweise die jetzt wieder aufgenommene Idee einer Freihandelszone mit Nordamerika finde ich faszinierend, um das Interesse Europas an den USA zu dokumentieren. Ich fände es bedauerlich, wenn wir es zu einer Normalisierung dieser besonderen Beziehungen kommen lassen würden.
    GENSCHER
    In der Frage Freihandelszone bin ich völlig Ihrer Meinung, im Grunde wäre die längst fällig. Ich glaube jedoch, dass die Probleme dabei nicht in Europa, sondern in Amerika liegen. Da gab es immer protektionistische Stimmen. Gottlob hat Präsident Obama in seiner letzten Rede zur Lage der Nation einen neuen Anlauf zu einer Freihandelszone unternommen. Jetzt heißt es für Europa beherzt handeln.
    Aber das ist nicht alles, was zwischen Europa und den USA der Gestaltung bedarf. Ich habe nach dem Fall der Mauer im Jahr 1989 dazu geraten, dass nun, nach dem Ende der Ost-West-Konfrontation, dafür zu sorgen ist, dass der Atlantik nicht breiter wird. Damit meine ich, dass Europa, Deutschland und die USA nicht auseinanderdriften, denn wir tragen weiterhin eine gemeinsame Verantwortung. Sie gründet auf gemeinsamen Wertvorstellungen und auf gemeinsamen Interessen, Sie sprachen von den Werten des

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