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Brückenschläge: Zwei Generationen, eine Leidenschaft (German Edition)

Brückenschläge: Zwei Generationen, eine Leidenschaft (German Edition)

Titel: Brückenschläge: Zwei Generationen, eine Leidenschaft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Lindner , Hans-Dietrich Genscher
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der Persönlichkeit technisch möglich ist – dieser »Staatstrojaner« erlaubt auch den Zugriff auf persönlichste Notizen im Computer, das »ausgelagerte Gehirn«, wie Burkhard Hirsch das einmal sehr treffend gesagt hat. Zukünftig werden Daten zudem nicht mehr physikalisch auf dem eigenen Gerät abgelegt sein, sondern zunehmend zentral. Man spricht vom »cloud computing«. Der Einzelne weiß nicht mehr, wo seine Daten wirklich liegen. Da ist der Zugriff dann vielleicht noch leichter möglich, übrigens gerade bei Anbietern außerhalb Deutschlands. Die physikalische Speicherung der »Datenwolke« kann per Knopfdruck zwischen Staaten verschoben werden. Das stellt herkömmliches Regierungsdenken infrage.
    GENSCHER
    Man hat zudem bereits militärische Anwendungen gesehen …
    LINDNER
    … wie bei dem Computerwurm Stuxnet, der offensichtlich gegen das iranische Atomprogramm entwickelt wurde. Vorstellbar ist das auch bei kritischer Infrastruktur. Der Verursacher bliebe – anders als bei Auseinandersetzungen mit konventionellen Mitteln – dann oft unerkannt. Hier sind dringend Grenzen zu ziehen. Damit kann der deutsche Gesetzgeber zumindest für seinen Verantwortungsbereich beginnen. Die eigentliche Herausforderung ist aber global.
    GENSCHER
    Für uns als Liberale war das immer eine argumentative Anstrengung. Da begrüßen Leute, dass die FDP die Grenzen der Wirksamkeit des Staates im Blick behält. Dieselben Leute sagen dann aber auch, dass sie gar nicht verstehen können, warum denn die FDP gegen flächendeckende Video-Überwachung sei. Übrigens gibt es das auch andersherum: Leute, die Befugnisse für Sicherheitsbehörden kritisch sehen, aber den Staat gerne punktuell in die Wirtschaft eingreifen lassen wollen. Die FDP muss die Heimat für jene bleiben, die gleichermaßen in Wirtschaft und Gesellschaft Liberalität wollen.
    LINDNER
    In einem Satz: Freiheit ist unteilbar! Man hat höchstens fallweise die unterschiedlichen Sphären abzuwägen. Beispielsweise die Gewerbefreiheit eines Unternehmens, Daten zu sammeln, gegen mein Recht an meinen Daten. Ich betrachte mich als Eigentümer meiner Stammdaten, als Eigentümer auch meiner Persönlichkeitsdaten – welche Vorlieben ich habe, welche Musik ich höre. Information ist die neue Leitwährung im digitalen Zeitalter, weil viele Geschäftsmodelle auf Daten basieren – meine Daten sind aber mein Eigentum. Also müssen diese Eigentumsrechte auch durchsetzbar werden. Wo das nicht unbürokratisch möglich ist, muss der Rechtsstaat an die Seite des Einzelnen treten, damit auf Verlangen offengelegt und gelöscht wird. Wir sollten darüber nachdenken, ob personenbezogene Daten nicht grundsätzlich nach Ablauf geeigneter Fristen gelöscht werden sollten.
    GENSCHER
    Ich finde interessant, was Sie in diesem Zusammenhang über die Einschränkung der ökonomischen Kraftfelder sagen. Erinnern möchte ich an einen Konflikt nach dem Krieg, in der jungen Bundesrepublik, den ich bereits angeschnitten habe: Ludwig Erhard stand für die Soziale Marktwirtschaft, gestritten wurde um die Einführung des Kartellrechts. Dem Kampf um das Kartellrecht lag die Erkenntnis zugrunde, für die innere Demokratisierung sei es unverzichtbar, wirtschaftliche Macht zu bändigen. Das war eine Grundsatzentscheidung, die ja nicht von vornherein voll akzeptiert worden ist – ganz im Gegenteil.
    LINDNER
    Das kann man übertragen. Ich würde sagen, in gleicher Weise gibt es die Notwendigkeit, die staatliche wie die wirtschaftliche Macht über den Einzelnen zu begrenzen. So verstehe ich den politischen Liberalismus heute. Wir stehen dafür ein, den Lebensbereich des Einzelnen zu verteidigen, und da darf man nicht darauf schauen, ob das Machtdiktat von einem privaten oder von einem staatlichen Spieler kommt.
    GENSCHER
    Jetzt müssen Sie aber sagen, warum so viele junge Menschen freiwillig im Internet einen Teil ihrer Persönlichkeit offenbaren. Es ist ja die Rede davon, dass auch sehr private Momente mit Fremden geteilt werden.
    LINDNER
    Privatheit ist ein Recht, aber keine Pflicht. Den freiwilligen Verzicht muss man billigen, wenngleich das für mich auch eine Frage der Kompetenz und Reife im Umgang mit den neuen Medien ist. Letztlich also eine der Bildung, hier der Medienkompetenz. Bei jüngeren Menschen beginnen sich die Vorzeichen zu verändern. Hier sind inzwischen insgesamt die Sicherheitseinstellungen die höchsten. Nicht unterschlagen will ich aber, dass es eine gegenläufige Bewegung unter

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