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Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Weissbecker
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Verhandlungen mit dem Fürsten von Lornmund hatte Deryn einigen weniger bedeutenden Landadeligen der Umgebung Besuche abgestattet. Seine Reise nach Lornmund hatte einen Tag länger gedauert als geplant, und es war spät am vergangenen Abend gewesen, als er bei seiner Familie in Ber-Eliath eingetroffen war. Sein Vater hatte ihm erst bei der gemeinsamen Morgenmahlzeit die seltsame Botschaft überreicht, die er am Morgen des vorigen Tages auf seinem Grundstück vorgefunden hatte. Es waren nur ein paar Zeilen gewesen, geschrieben in Eleas Handschrift: » Dunkle Mächte sind am Werk. Wir müssen fliehen. Meide unser Haus. Hüte dich vor Angbold. Warne Loridan, wenn du ihn vor uns triffst. «
    Unruhig gab der Craith ein leises Heulen von sich, und der königliche Bote fragte sich, ob die feinen Sinne der Echse irgendeine Gefahr spürten oder nur auf seine eigene Nervosität reagierten. Nach kurzem Zögern lenkte Deryn sein Reittier zur Südseite der Ummauerung, wo es eine kleine Pforte gab, doch auch diese fand er verschlossen vor. Er ging zu Fuß weiter und führte die Echse am Zügel hinter sich her, bis er ein dichtes Gestrüpp auf der Westseite des Gehöfts erreichte. Dort band er den Craith fest – außer Sicht für eventuelle Reisende auf der Handelsstraße. Einige Schritte entfernt fand er eine Stelle, an der die Mauer von einem breiten Riss durchzogen war. Schon in seiner Jugend hatte er mit Loridan hier gespielt und diese Stelle genutzt, um die Einfriedung zu überwinden. Zum Glück hatte Loridans Familie den Schaden nie ausgebessert. Die Mauer war ohnehin ein Relikt aus vergangenen Zeiten, als das Land noch nicht unter einem König vereint war. Würde die Einheit des Reiches nun erneut zerbrechen – oder standen sogar noch schlimmere Zeiten bevor? Dunkle Mächte sind am Werk. Meide unser Haus .
    Entschlossen machte sich Deryn daran, die Mauer zu erklimmen. Er hatte schon dem Geist in Car-Elnath getrotzt – wie konnte Elea glauben, dass er sich davon abhalten ließe, den Ereignissen in diesem vertrauten Haus auf den Grund zu gehen? Trotzdem lief ihm ein Schauder über den Rücken, als er von der Mauerkrone in den Hof hinabblickte. Noch nie hatte er diesen Ort in so völliger Stille erlebt, und nicht einmal Sardocs Keckern ertönte, um ihn zu begrüßen. Alle Läden des Wohnhauses waren geschlossen bis auf einen. Ein Fenster im Obergeschoss war stark beschädigt und stand offen. Ein Hala, der offenbar durch irgendeine Spalte in das Gehöft gelangt war, spazierte seelenruhig über das Gelände und pickte gelegentlich mit seinem dünnen gebogenen Schnabel nach vermeintlichen Leckerbissen. Als Deryn seine Beine über die Mauer schwang und sich auf den Boden hinunterhangelte, floh der kleine Vogel mit einem protestierenden Pfeifen um die Ecke des Wohnhauses. Der königliche Bote warf einen kurzen Blick in den Stall und in Grimstans Schuppen, fand beide Gebäude allerdings verlassen vor. Aus dem Schuppen nahm er eine Leiter mit sich, die er an das Wohnhaus anlehnte, direkt unter dem beschädigten Fenster.
    Eine Hälfte des zweiflügeligen Fensterladens war mitsamt den Scharnieren aus der Wand herausgerissen worden und lag am Boden vor der Hauswand. Der zweite Flügel stand offen, und an ihm baumelte ein Brett, nur noch von einem Nagel gehalten. Anscheinend hatte man dieses Brett angebracht, um einen früheren Schaden notdürftig zu beheben. Aber offenbar hatte jemand – oder etwas – den Fensterladen erneut aufgebrochen. Deryn hoffte inständig, dass dieser zweite Überfall erst stattgefunden hatte, nachdem Loridans Familie mit Danira geflohen war. Wenn dies jedoch der Fall war – konnte es dann nicht auch sein, dass der Einbrecher sich noch im Haus befand? Doch wie hätte er das Fenster ohne Leiter erreichen sollen?
    Dunkle Mächte sind am Werk. Meide unser Haus. Eleas Botschaft drängte sich wieder in Deryns Gedanken, während er sich Sprosse für Sprosse auf der Leiter nach oben schob. Schnell hatte er das Fenster erreicht, und er warf einen langen Blick in das Zimmer, in dem Danira die letzten Tage gewohnt hatte. Das Bett war zerwühlt, eine Waschschüssel und eine Wasserkanne lagen auf dem Boden, die Tür stand offen. Der Korridor lag wie der Rest des Hauses im Dunkeln, da alle Fenster geschlossen waren. Dunkle Mächte sind am Werk. Meide unser Haus.
    Von einem plötzlichen Gefühl der Angst gepackt, stieg Deryn wieder hinunter. Seine Füße setzte er vorsichtig auf die knarrenden Sprossen, um keine

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