Brüder der Drachen
gegenüber, die am Rand einer Felsspalte auf sie gewartet hatten.
»Artan, Teris«, sagte Herubald. »Was ist geschehen?«
»Wir haben letzte Nacht merkwürdige Geschehnisse beobachtet«, sagte Artan. »Und wir wollten das Licht des Morgens nutzen, um auszukundschaften, was hier vorgefallen ist. Ein Drache hat über dem Tal gekreist und zweimal seinen Feueratem eingesetzt.«
»Seinen Feueratem? Aber mit welchem Ziel?«, fragte Loridan.
»Nun, ja.« Teris wechselte einen kurzen Blick mit Artan. »Eine Spur haben wir etwa fünfzig Schritte von hier gefunden – eine große Menge Blut scheint dort vergossen worden zu sein, und die spärlichen Grasbüschel, die dort wuchsen, sind verbrannt. Und hier liegt ein zweites Opfer, in dieser Spalte. Wenn ihr dort hinunterblickt, könnte ihr ein Bein sehen und weitere Spuren von Blut. Wir haben versucht hinabzuklettern, aber in voller Rüstung und ohne ein Seil hat es keinen Zweck. Daher haben wir auf euch gewartet.«
»Dann lasst uns den Leichnam jetzt gemeinsam bergen«, sagte Herubald und löste eine Rolle Seil von dem Gepäck auf dem Rücken seiner Echse. »Auch wenn wir in Eile sind, sollten wir doch herausfinden, wer hier gestorben ist – und ihm ein würdiges Grab herrichten. Wer will das Klettern übernehmen?«
»Ich«, sagte Teris und begann damit, seine Rüstung abzulegen.
»Gut«, sagte Loridan. »Dann reite ich schnell zurück und sage den anderen Bescheid.«
Eilig trieb er seine Echse den Hang hinauf, wo die restlichen Gefährten ihn ungeduldig erwarteten. Herubalds Reittier führte er am Zügel hinter sich her.
»Artan und Teris haben Spuren eines Kampfes gefunden«, sagte er. »Und in der Schlucht scheint ein Leichnam zu liegen. Gerric, wollt Ihr unsere Echsen bewachen? Die anderen mögen mir folgen, wenn sie wollen. Achtet nur darauf, in Deckung zu bleiben, wann immer es möglich ist.«
Wenig später trafen Loridan und die übrigen Reisenden zu Fuß an der Felsspalte ein, wo Teris sich für den Abstieg bereit gemacht hatte.
»Tirandor und Loridan, wollt Ihr Teris sichern?«, fragte Herubald. »Dann werden Artan und ich bereitstehen, falls ein Drache uns überraschen sollte.«
Fragend blickte Loridan zu seinem Schwertbruder hin, überrascht von dessen Absicht, Seite an Seite mit Artan zu kämpfen, obwohl doch sein Schwertbruder zugegen war. Sogleich verstand er jedoch, dass es besser so war. Er hatte seinen Helm unbedacht am Sattel der Echse zurückgelassen, die nun eine Viertelmeile entfernt stand. Wenn es zu einem Kampf kommen sollte, dann würden Herubald und Artan ihn ausfechten müssen. Aber er würde versuchen, einen Kampf zu verhindern, wenn dies möglich war, und er hoffte, dass Jandaldon ihn dabei unterstützen würde. Er nickte seinem Schwertbruder zu und nahm wortlos das Seil entgegen, dessen Ende Teris um seine Hüften geschlungen hatte.
Schnell drang dieser in die Spalte vor, und gab mit lauter Stimme seine Anweisungen, immer mehr Seil nachzugeben, bis er nach kurzer Zeit den Boden der Kluft erreichte. Alle Gefährten blickten neugierig zu ihm hinunter, doch die tief stehende Sonne konnte ihr Licht nicht in den Abgrund senden, sodass nur undeutliche Schemen zu erkennen waren.
»Lasst noch ein Seil herunter«, erklang Teris’ Stimme aus der Tiefe, und sein Wunsch wurde umgehend erfüllt. Nachdem er das zweite Seil an dem Leichnam befestigt hatte, ließ der Drachentöter sich von seinen Gefährten wieder nach oben ziehen. Als sein Kopf aus der Spalte zum Vorschein kam, wunderte Loridan sich über den ernsten Ausdruck im Gesicht seines sonst so heiteren Gildenbruders.
»Was hast du gefunden?«, fragte er.
»Ich weiß es auch noch nicht.« Mit betretener Miene schüttelte Teris seinen Kopf. »Aber macht euch auf eine Überraschung bereit. Helft mir beim Ziehen, dann werdet ihr sehen, was ich meine.«
Mit vereinten Kräften zogen die Ritter an dem Seil, während die restlichen Gefährten erwartungsvoll am Rand der Spalte verharrten.
*
Deryn lenkte seine Echse von der Handelsstraße herunter auf den schmalen Weg, der geradlinig auf das Gehöft von Elea und Aldaron zuführte. Schon aus der Entfernung war zu sehen, dass das Tor geschlossen war, genauso wie die Fensterläden des Wohnhauses, dessen Obergeschoss die Mauer überragte. Dies war ungewöhnlich, wenn nicht gar beunruhigend, denn normalerweise begann die Arbeit auf dem Hof mit dem Aufgang der Sonne, die nun bereits seit mehr als einer Stunde am Himmel stand.
Nach seinen
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