Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Weissbecker
Vom Netzwerk:
unnötigen Geräusche zu erzeugen. Er packte die Leiter, trug sie zurück zum Schuppen. Während er den stillen Hof überquerte, sah er sich mehrfach zu der dunklen Fensteröffnung um. Dunkle Mächte sind am Werk. Mit zunehmender Hast setzte Deryn seinen Weg fort. Er warf die Leiter in den Schuppen und schlug die Tür zu. Meide unser Haus. Das Fenster schien plötzlich etwas Unheimliches auszustrahlen, eine namenlose Bedrohung, und Deryn beeilte sich, die Mauer wieder hinter sich zu bringen.
    *
    » Thaur-Angoths erste Kinder, Firion zu trotzen, gab Er ihnen Gestalt ähnlich dessen Kindern. Geboren in Dunkelheit, dunkel ihr Körper, dunkel auch ihr Geist, fürchten sie das Licht. Die Nacht ist ihr Reich, Aeons Licht ihr Feind. Groß ist ihre Zahl, doch Firions Funke, stark in seinen Kindern, fehlt Angoths Wesen. Dunkel und stark, behaart und rau, Zähne und Klauen, mehr Tier als Mensch. Ein Spottbild sind sie den Kindern Firions. Geschaffen in Missgunst, geschaffen im Zorn des Dunklen Herrn, zu dienen seinem Willen. «
    Tirandor beendete seine Rezitation und blickte zu den Gefährten auf, die regungslos um ihn herumstanden. Er war der Erste gewesen, der sich zu dem unheimlichen Leichnam niedergekniet hatte, während die anderen noch wie erstarrt schienen. Erst jetzt beugte auch Tan-Thalion sich hinab, um den grausigen Fund näher zu begutachten. Der Zauberer zuckte zusammen, als ein unangenehmer Geruch in seine Nase drang. Der Gestank von verbranntem Fleisch mischte sich mit einer raubtierhaften Ausdünstung.
    »Ich nehme an, Ihr habt diese Worte aus dem Buch Firion zitiert«, sagte Tan-Thalion. »Sie scheinen mir in der Tat eine gute Beschreibung dieses Wesens zu sein, wenngleich ich nicht beurteilen könnte, inwieweit die Dunkelheit seiner Haut durch die Verbrennungen bedingt ist. Zumindest die Zähne und Klauen können keinem Menschen gehört haben.«
    »Nein«, sagte Tirandor. »Dies war kein Mensch. Und ich denke, dass seine Haut auch zu seinen Lebzeiten schon recht dunkel war. Seht hier das Bein – die Behaarung ist kaum verbrannt. Der Feuerstoß des Drachen hat ihn wohl nicht voll getroffen, oder er war teilweise durch die Felsen geschützt. Jedenfalls zeigt auch hier die Haut diesen graubraunen Farbton. Ich denke, dass es sich um einen der Dunkelmenschen handelt, von denen im Buch Firion die Rede ist.«
    Mit einem Schaudern beobachtete Tan-Thalion, wie Tirandor den Leichnam betastete. Die kräftigen Beine des Wesens ragten unter einem ledernen Überwurf hervor, der ohne sonderliche Kunstfertigkeit aus gehärteten Echsenhäuten zusammengefügt war. Auch die dunkel behaarten Arme zeigten beachtliche Muskeln. Die Hände waren sehr groß, und die Finger endeten in spitzen Krallen. Der Schädel wies eine flache Stirn auf und saß auf einem kurzen, kräftigen Hals. Der Zauberer stellte fest, dass außer ihm nur Jandaldon näher herangetreten war und das verbrannte Wesen mit kindlichem Interesse musterte. Die vier Drachenritter standen zwar nach wie vor am Rand der Spalte, ihr Gespräch drehte sich jedoch nicht mehr um den Dunkelmenschen. Auch Sad Adan schien das Interesse an dem Leichnam schon verloren zu haben.
    »Denkt Ihr, dass Tirandor recht hat?«, wandte Tan-Thalion sich an den Priester. »Ist dies ein Geschöpf Thaur-Angoths?«
    »Zweifellos«, sagte Sad Adan. »Tirandor hat die Worte aus dem Buch Firion richtig zitiert, und die Beschreibung scheint mir treffend.«
    »Aber ein Drache hat dieses Wesen getötet«, sagte der Zauberer. »Warum sollten die Kinder Thaur-Angoths sich gegenseitig töten?«
    Zu Tan-Thalions Überraschung begann Sad Adan leise zu lachen. Tatsächlich schien sein sonst so strenges Gesicht echte Erheiterung widerzuspiegeln.
    »Ist der Mensch nicht merkwürdig?«, sagte er schließlich. »Er denkt, Thaur-Angoth sei der Meister alles Bösen und Firion der Herr des Guten. Warum glaubt Ihr dann, dass unter den Geschöpfen Thaur-Angoths mehr Eintracht herrschen sollte als unter Firions Kindern? Habt Ihr vergessen, wie Gwengol auf seinen Thron gekommen ist? Nur mit dem Schwert hat er es geschafft, die Fürsten unter seinem Banner zu vereinen. Immerhin hat seitdem Frieden geherrscht, und er hat seinem Sohn Gweregon ein geeintes Reich hinterlassen. Doch nun bahnt sich der nächste Krieg an, den Firions Söhne untereinander führen. Der König wird alt und schwach – entweder er wird selbst einen Krieg beginnen, oder der Krieg wird kommen, wenn Gweregon stirbt.«
    »Ihr habt wohl recht«,

Weitere Kostenlose Bücher