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Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Weissbecker
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Ihr Euch doch noch entschlossen habt, uns zu begleiten? Ist Euer Interesse an dem Turm gestiegen, oder folgt Ihr einer Anweisung des Engels?«
    »Nein, keine Anweisung«, sagte der Sänger. »Ich folge nur meinem Interesse.«
    »Glaubt Ihr denn, dass Ihr in dem Turm den Stoff für ein neues Lied findet?«
    »Nein. Ich denke, dass der Turm mir den Stoff für ein altes Lied liefern wird.« Erst jetzt wandte Jandaldon sich wieder dem Zauberer zu, und in seinen Augen lag ein irres Funkeln.
    *
    Gebannt blickten Artan und Teris in die dunkle Einöde der Drachenberge, die sich vor ihnen ausbreitete. Die Sonne war schon vor einigen Stunden hinter den Bergen verschwunden, und auch die letzten Überreste ihres Lichts waren nun vergangen. Im Osten, wo die Berge weniger hoch waren, hatte Eril-Firion sich bereits weit in den Himmel gehoben. Sein Widerschein schimmerte auf dem ewigen Schnee der Berggipfel, gegen die die Täler und Niederungen fast schwarz erschienen. Der Rest der Gruppe lagerte irgendwo in den Schatten der Felsen, noch auf der östlichen Seite des Höhenzuges. Schweren Herzens hatten Herubald und Loridan beschlossen, ihr Lager schon vor der Überquerung des Passes aufzuschlagen, denn die Dämmerung hatte sie früher eingeholt als geplant. Obwohl die Craith-Echsen auch steile Hänge mühelos bewältigen konnten, barg der Aufstieg in der Dunkelheit zu viele Gefahren.
    Nach einer gemeinsamen Mahlzeit hatten Artan und Teris sich zu Fuß auf den Weg zum Pass gemacht, um dort die Nacht zu verbringen. Fast eine Stunde hatten sie für den Weg benötigt, denn das Gelände war schwierig, und der steile Aufstieg in voller Rüstung war anstrengend gewesen. Der grandiose Ausblick über das nächtliche Gebirge entschädigte die beiden Ritter für die Strapazen der Wanderung, schon bald jedoch fröstelten sie in dem kühlen Wind, der ihnen von Westen her entgegenblies.
    »Hier ist eine geschützte Nische«, sagte Artan und bückte sich unter einen Felsvorsprung. »Ich denke, dort können wir es uns gemütlich machen.«
    »Gut, dann lege dich eine Weile hin. Ich übernehme die erste Wache.«
    Teris wickelte eine Decke um seine Schultern und schlang dann seinen Umhang aus wind- und wetterfestem Echsenleder eng um sich. Um seine Müdigkeit abzuschütteln, begann er, am Rand des Verstecks auf und ab zu gehen. Die Bewölkung nahm zu und ließ Eril-Firions Licht nur noch gedämpft auf die Gipfel der Berge scheinen. Alles war ruhig, und nur Teris’ eigene Schritte und das metallische Schaben seiner Rüstung klangen in seinen Ohren. Unwillkürlich blieb er stehen und nahm seinen Helm ab, um unbehindert in die Dunkelheit lauschen zu können. Eine lange Zeit verharrte er so, doch außer dem leisen Plätschern eines Rinnsals unterbrach nichts die Stille der Nacht.
    Hoch am Himmel zog eine Wolke an Eril-Firion vorüber, und ihr Schatten wanderte langsam über das Land. Teris sah zu, wie weit im Westen das matte Leuchten eines entfernten Schneefeldes ausgelöscht wurde, um dann genauso langsam wiederzukehren. Er wollte sich gerade abwenden, als er glaubte, einen weiteren Schatten gesehen zu haben, kleiner, aber schärfer umrissen, der dem vagen Schatten der Wolke folgte und mit ihm verschmolz. Angestrengt blickte er in die Finsternis, um ein weiteres Auftreten dieser Erscheinung nicht zu verpassen, doch sie wiederholte sich nicht, und er zweifelte schon an seiner Beobachtung. Hatten seine müden Sinne ihm einen Streich gespielt?
    Es war ohnehin Zeit für einen Wachwechsel, und Teris ging zu Artan hinüber, der sich halb sitzend, halb liegend auf dem felsigen Untergrund gebettet hatte. Sanft rüttelte er seinen Schwertbruder an der Schulter, als er am Rand seines Gesichtsfeldes für einen Moment ein Licht aufflackern sah. Eilig kroch er wieder aus der Felsnische heraus, um einen freien Ausblick auf die nächtliche Landschaft zu haben, die wie zuvor in stiller Dunkelheit lag. Augenblicke später kauerte auch Artan neben ihm.
    »Was gibt es?«
    »Ein Feuerschein, irgendwo dort draußen«, sagte Teris. »Ich konnte nicht erkennen, was es war.«
    Da tauchte der Lichtschein ein zweites Mal auf, und nun sahen die beiden Ritter seine Ursache: eine Feuerwolke, die kurz aufflammte und sich schnell wieder auflöste – der Feueratem eines Drachen! Und in dem Moment, als das Leuchten am stärksten war, zeichnete sich kurz eine menschliche Silhouette dunkel gegen den Feuerschein ab. Vielleicht eine Viertelmeile von ihnen entfernt, auf der westlichen

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