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Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Weissbecker
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Was wäre, wenn er die Kontrolle verlöre? Unschlüssig kramte er in Tan-Thalions Tasche und suchte nach einem Zaubermittel, das ihm einen gezielten Angriff gegen seine Gegner erlauben würde. Aber schon in der letzten Nacht hatte er genau das Gleiche getan, wieder und wieder, ohne zu einem Entschluss zu kommen. Die Erinnerung an die Worte eines Zaubers reichte nicht aus, auch seine geistigen Kräfte musste er neu schulen, musste lernen, den Fluss der Magie zu lenken. Und dann, ganz plötzlich, wusste er, was er zu tun hatte.
    »Gerugrim hatte nie den Wunsch, jemandem Schaden zuzufügen«, sagte er schließlich, »auch wenn einige Zauber zweifellos dazu in der Lage wären. Würde ich die Kontrolle über einen solchen Zauber verlieren, dann könnte ich viele Menschen verletzen – Freunde und Feinde gleichermaßen. Daher möchte ich etwas tun, das unsere Feinde mit Angst und Verwirrung erfüllt, ohne einen großen Schaden anzurichten. Ich trage Valkars Rune, die Rune des Eises, und ich werde ihre Macht entfesseln. Denn ich spüre nun, dass du recht hattest. Das Eis ist mein Element, und die Rune gehört zu mir, wie sie vorher zu Valkar gehörte.«
    »Das mag sein«, erwiderte Grimstan. »Aber wirst du auch herausfinden, wie du diese Macht freisetzen kannst?«
    »Ich muss es nicht herausfinden, denn ich weiß es bereits.« Timon zog die Rune aus seinem Hemd hervor. »Gerugrim wusste von der Macht der Elemente aus den Schriften der Runenschmiede, und in den Tagen unserer Wanderung hat auch Valkar mir einiges über diese Rune erzählt. Ich weiß, was ich zu tun habe, auch wenn ich mir nicht sicher bin, was geschehen wird. Trotzdem – ich werde die Macht von Seth beschwören, um unsere Feinde in die Flucht zu schlagen.«
    Eine Weile schwieg Grimstan, während er den Jungen abschätzend ansah.
    »Hmm …«, sagte er endlich. »Ich denke, es ist einen Versuch wert.«
    *
    Taric und seine Begleiter eilten durch die Straßen von Car-Elnath, immer von Deckung zu Deckung hastend, um Begegnungen mit überlegenen feindlichen Truppen zu vermeiden. Die Ruinen des alten Palastes waren ihr Ziel, denn diesen Treffpunkt hatten sie zuvor mit Eldilion verabredet. Bald erreichten sie das Trümmerfeld, aber kein Mensch war zu sehen, und sie gingen an seinem Rand entlang der südlichen Ecke des Komplexes entgegen, wo noch einige Gebäudereste erhalten waren. Als sie sich näherten, trat der Gildenmeister aus einem Versteck hervor und winkte die Ankömmlinge zu sich. Sein Gesicht war von Anstrengung und Kummer gezeichnet.
    »Taric, es ist gut, Euch zu sehen«, sagte Eldilion und legte eine Hand auf die Schulter des Gesetzlosen. »Wir haben schwere Kämpfe gefochten, und wir konnten die Truppen des Königs zerstreuen. Unsere Verluste waren allerdings bitter – Ardawan ist tot, und mindestens fünf weitere Kameraden. Wie ist es Euch ergangen?«
    »Auch wir mussten kämpfen«, sagte Taric, »aber lasst uns später darüber reden. Durodan hat berichtet, dass die Soldaten mein Haus besetzt haben. Wir müssen meine Familie retten.«
    »Dann lasst uns eilen«, sagte Eldilion.
    Sechs weitere Drachenritter und drei Gesetzlose waren inzwischen aus dem zerstörten Gebäude zu ihm getreten. Die Schar, die sich bald darauf in Bewegung setzte, war nur klein, doch die Gesichter der Männer zeigten grimmige Entschlossenheit. Neun Drachenritter waren es, mit schartigen Schwertern in den Händen, die Rüstungen zerbeult und mit Blut verschmiert. Und sieben Gesetzlose marschierten mit ihnen, bewaffnet mit Äxten oder kurzen Schwertern, die sie von ihren gefallenen Feinden erbeutet hatten. Durodan und seine beiden Kameraden trugen ihre Schusswaffen in den Händen, bereit, jederzeit einen Pfeil oder Bolzen abzuschießen. Sie liefen rasch, denn Taric drängte es, seine Familie wiederzusehen.
    Als sie ihr Ziel fast erreicht hatten, führte der Gesetzlose die Gruppe durch einen schmalen Durchgang in den engen Innenhof eines großen Gebäudekomplexes, ähnlich dem Haus, in dem er selbst wohnte. Vorsichtig durchquerte er den Hof, um die andere Seite des Blocks zu erreichen, dort bahnte er sich einen Weg durch die Räume, in denen sich Schutt und Geröll häuften. Nur Eldilion folgte ihm zu dem Fenster, denn sie wollten nicht die Aufmerksamkeit ihrer Feinde auf sich lenken. Nachdem er einen ersten Blick nach draußen geworfen hatte, blieb Taric mit einem Ausruf des Erstaunens vor der leeren Fensteröffnung stehen. Schnell trat Eldilion an seine Seite, und auch er

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