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Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Weissbecker
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erblickten, die schon neue Pfeile auf ihre Sehnen legten. Taric und die beiden Ritter nutzten die unerwartete Unterstützung, um die Soldaten mit lauten Kampfesrufen endgültig in die Flucht zu schlagen. Durodan zeigte nur ein schwaches Lächeln, als er auf Taric zutrat.
    »Es war keine gute Idee, diese Männer anzugreifen«, sagte er. »Sie waren weit mehr als ihr.«
    »Wir haben es überlebt – mit eurer Hilfe«, sagte Taric.
    »Ihr hattet Glück, dass wir euch noch helfen konnten. Fast alle unsere Pfeile sind verschossen.« Durodan trat an den gefallenen Soldaten heran und nahm dessen Armbrust und einen Köcher mit Bolzen an sich. Seinen eigenen Köcher, in dem nur noch zwei Pfeile steckten, reichte er wortlos an einen seiner Kameraden weiter, bevor er sich wieder an Taric wandte.
    »Lass uns gehen«, sagte er. »Dein Haus wird angegriffen.«
    *
    In die ebenerdigen Gebäudeteile und den Innenhof des Komplexes waren die Soldaten des Königs bereits vorgedrungen, nur in den oberen Stockwerken hielten sich immer noch einige der Verteidiger. Auch Timon und Grimstan waren dort, dicht gedrängt mit einer kleinen Gruppe von Männern und Frauen, die sich in diesen Schlupfwinkel zurückgezogen hatten. Die Leiter, über die sie in den Raum hinaufgestiegen waren, hatten die Verteidiger nach oben gezogen, und bisher war der Zugang zu ihrem Versteck unentdeckt geblieben. Nur ein letzter Fluchtweg stand ihnen noch offen – ein Durchgang zu dem angrenzenden Gebäudeteil, wo sich das unübersichtliche Labyrinth aus Korridoren und Zimmern fortsetzte. Immer wieder sah Timon zu der Öffnung hin, denn genauso gut konnte es sein, dass ihre Feinde sich von dort nähern würden.
    Die gezielte Erstürmung des Gebäudes hatte die Verteidiger überrascht, und sie hatten den Rüstungen, Schilden und Schwertern der Angreifer nur wenig entgegenzusetzen gehabt. Nur ein paar Bogenschützen hatte Taric zum Schutz seines Heims zurückgelassen, die von den oberen Stockwerken aus auf die Soldaten geschossen hatten. Das hatte deren Vormarsch allerdings nur wenig gebremst. Nun hatte der Befehlshaber der königlichen Truppen Armbrustschützen an verschiedenen Positionen außerhalb des Gebäudes und im Innenhof postiert. Für die Verteidiger war es gefährlich geworden, sich an den Fenstern zu zeigen.
    Zumindest schienen die Soldaten sich mit der Durchsuchung der oberen Stockwerke Zeit lassen zu wollen, und sie beschränkten sich darauf, die Zugänge des Gebäudes zu kontrollieren. Der Ausgang des Kampfes in der Stadt war also offenbar auch für die Männer des Königs noch ungewiss. Doch falls die Drachenritter zu Tarics Haus zurückkehrten, würden sie es in der Hand ihrer Feinde vorfinden.
    Timon sah, dass auch Deryn unter den Menschen war, die sich in die fragwürdige Sicherheit des baufälligen Obergeschosses gerettet hatten. Er wusste nicht viel über diesen Mann, außer dass er ein Freund Loridans war und ein Gesandter des Königs aus Car-Tiatha. Oder, besser gesagt, ein ehemaliger Gesandter des Königs, denn nun hatte er sein Schwert gegen die Soldaten seines einstigen Herrn erhoben. Obwohl er nicht verwundet zu sein schien, wirkte er gehetzt und verstört – offenbar waren die Schrecken einer Schlacht neu für ihn. Neben ihm hockte Tirandor und versorgte einen Soldaten, der von einem Armbrustbolzen getroffen worden war.
    Ein lautes Krachen aus dem Innenhof schreckte Timon auf, und er kroch vorsichtig zu einem Spalt, von dem aus er nach unten blicken konnte. Eine zusammengekrümmte Gestalt lag dort auf dem unbefestigten Boden, inmitten einer langsam versickernden Lache aus Blut, aber die Quelle des Geräusches war von Timons Position aus nicht zu erkennen.
    »Was tun die Soldaten?«, fragte der Junge.
    »Ich nehme an, sie wollen sich Zugang zu den Kellerräumen verschaffen«, antwortete Grimstan.
    »Dann ist Tarics Familie also noch nicht in der Hand der Soldaten. Wir müssen dafür sorgen, dass dies so bleibt.«
    »Aber wie? Hast du in deinen Erinnerungen etwas gefunden, das uns weiterhelfen kann?«
    »Vielleicht.« Timon schwieg nachdenklich, und er kam sich töricht vor, weil er darauf bestanden hatte, sich den Verteidigern anzuschließen. So viele Erinnerungen drängten sich in ihm – er war einmal ein alter Mann gewesen, der von Zaubern wusste, mit denen gewaltige elementare Kräfte entfesselt werden konnten. Dennoch fühlte er sich immer noch wie ein Kind, und er fürchtete sich vor den Mächten, über die er selbst gebieten konnte.

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