Brüder der Drachen
Kopf gezogen hatte, der Zweite den blassblauen Umhang eines angehenden Gelehrten oder Zauberers, der Dritte die farbenfrohe Tracht eines Seefahrers und der Vierte die lederne Schürze eines Schmiedes. Der Einäugige, der offenbar das Haupt der Versammlung war, trug eine Kettenrüstung und einen rostroten Umhang, auf den mit buntem Garn das Wappentier des Königs aufgestickt war: der Narvi-Vogel mit seinem leuchtend roten Kopf. Ein scharlachroter Streifen am Kragen wies ihn als Offizier der Burggarnison aus. Sein Helm lag vor ihm auf dem Tisch.
»Ich will gleich zur Sache kommen.« Der Einäugige fingerte an seiner Augenklappe herum. »Ihr alle habt davon gehört, dass König Gweregon sich entschlossen hat, Tan-Thalions Pläne zu unterstützen. Nur Loridans plötzliches Verschwinden hat den Start des Unternehmens verzögert. Wir müssen nun entscheiden, ob wir gegen Tan-Thalion vorgehen, oder ob wir das Risiko eingehen wollen, das sein Vorhaben für uns darstellt. Letztlich könnte eine Reise ins Drachenland auch für uns wichtige Informationen bringen, zumindest, wenn einer von uns daran teilnimmt. Ich selbst habe mich noch nicht endgültig entschieden, deshalb habe ich dieses Treffen einberufen. Wir sollten zusammen beraten, welche Argumente für und wider Tan-Thalions Reise sprechen. Wer hat etwas zu sagen?«
»Ich denke, wir sollten die Erkundungsreise nicht verhindern, denn wir müssen erfahren, in welchem Zustand sich der Turm befindet.« Der Mann mit dem silbergrauen Mantel blickte in die Runde, doch seine Züge waren unter der Kapuze kaum zu erkennen. »Und ich bitte um die Ehre, unsere Interessen auf dieser Fahrt vertreten zu dürfen. Ich denke, dass wir Tan-Thalion und den König davon überzeugen können, mich auf die Liste der Teilnehmer zu setzen.«
»Danke, Fünf .« Der Einäugige nickte dem Sprecher zu und wandte sich dann an den jungen Gelehrten. » Zwei , du hast dich zu Wort gemeldet?«
»Der Gedanke, dass Tan-Thalion uns einen Teil unserer Arbeit abnimmt, klingt verlockend.« Der junge Mann strich nachdenklich über seine bartlose Wange. »Allerdings birgt dieser Plan zwei Risiken. Tan-Thalion ist nicht dumm, und er besitzt ein ausgezeichnetes Gespür für alles, was mit Magie zu tun hat. Er hat offensichtlich durchschaut, dass unser Mechanismus den Drachenbann bewirkt hat. Was ist, wenn er bei einer Besichtigung des Turms erkennt, dass er noch einer anderen Aufgabe diente?
Das größte Problem sind aber die Drachen. Sie behalten den Turm sicherlich im Auge, und jeder Versuch, sich ihm zu nähern, wird ihre Wachsamkeit weiter erhöhen. Wenn die ganze Unternehmung uns also nur Informationen über den Zustand unserer Apparaturen bringen soll, dann ist sie zu riskant. Wenn es dagegen schon beim ersten Besuch möglich wäre, den Drachenbann zu erneuern, läge die Sache anders. Wie lange brauchst du noch, um den Kristall zu vollenden, Drei ?«
»Nun, ihr wisst, dass ich in den letzten Wochen große Fortschritte gemacht habe«, sagte der Schmied. »Die Ingredienzien, die Vier von seiner letzten Reise in die alte Welt mitgebracht hat, haben meine Arbeit stark beschleunigt. Ich gehe davon aus, dass ich den Kristall in wenigen Wochen vollenden kann.«
»Vorzüglich!«, sagte der junge Zauberer. »Allerdings hat diese Entwicklung unsere Planung weit hinter sich gelassen. Ich war davon ausgegangen, dass wir mit dieser Entscheidung noch einige Jahrzehnte Zeit hätten. Natürlich steht es uns immer noch offen, die Weiterführung unserer Pläne aufzuschieben. Mein Vorschlag lautet daher: Entweder wir verzögern Tan-Thalions Reise, bis der Kristall fertig ist, oder wir verhindern sie vollständig.«
»Eine Frage noch.« Der Schmied wandte sich an den jungen Gelehrten. »Wie steht es mit deinem ersten Einwand – dem Risiko, dass Tan-Thalion Verdacht schöpfen könnte?«
»Nun, wenn Tan-Thalion Verdacht schöpft, muss er sterben. Ich denke, in dieser Beziehung können wir uns auf Fünf verlassen.«
»Gut gesprochen!« Der Einäugige nickte zustimmend. »Wie Zwei schon treffend bemerkte, haben die Entwicklungen unsere Planung überholt. Bisher waren wir davon ausgegangen, dass es noch Jahre dauert, bis der Kristall vollendet ist. Dann hätten wir erst die nächste Konjunktion in siebzig Jahren für den Großen Zauber nutzen können. Aber auch in diesem Jahr wird es eine Konjunktion geben. Sollen wir versuchen, sie zu nutzen? Ich denke, es ist ein Wink des Schicksals, dass Tan-Thalion gerade jetzt zu
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