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Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Weissbecker
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erschlagen habe.«
    »War es der, der dich verletzt hat?«
    »Nein, der Drache, der mich verletzt hat, kam erst hinzu, als der Erste schon tot war. Ich überraschte ihn, als er den Kadaver seines Artgenossen beschnüffelte. Er hat mir direkt in die Augen gesehen, Deryn. Manchmal kommt es mir so vor, als könnte ich die Gefühle der Drachen wahrnehmen. Meistens spüre ich Hass, Wut oder den Willen zu töten, in jenem Moment habe ich jedoch Trauer in den Augen des Drachen gesehen. Man hat mir beigebracht, dass Drachen Bestien sind, die nur auf Zerstörung aus sind. Viele sagen sogar, dass sie die Werkzeuge des Bösen sind. Und bisher hatte ich nie einen Grund, daran zu zweifeln – aber Bestien trauern nicht. Ich bin nach Car-Elnath gekommen, um mir wieder vor Augen zu führen, was Drachen anrichten können. Vielleicht kann ich dann wieder Hass gegen sie empfinden, gegen sie kämpfen und sie töten. Im Moment kann ich es nicht.«
    »Aber dieser Drache hat dich angegriffen, dich verletzt.«
    »Ja, er hat mich angegriffen«, sagte Loridan. »Und er hätte mich töten können, trotzdem hat er es nicht getan. Deryn, wie kann ich gegen Wesen kämpfen, denen ich mein Leben schulde? Wie kann ich gegen sie kämpfen, wenn sie keine Bestien sind? Wenn sie fühlen wie wir, vielleicht sogar denken wie wir.«
    »Ich verstehe«, sagte Deryn. »Allerdings kam mir meine gestrige Begegnung mit einem deiner neuen Freunde nicht wie eine freundliche Plauderrunde vor. Loridan, der Drache hat versucht, dich zu rösten – und ich weiß immer noch nicht, wie du diesen Angriff überlebt hast. Und Danira und mich hätte er auch um ein Haar getötet. Aber ich will dich nicht beeinflussen, du sollst deine Entscheidung selbst finden. Willst du hierbleiben, bis du Klarheit gefunden hast? Oder können wir bald nach Hause aufbrechen, und du denkst unterwegs nach?«
    »Wir werden bald zusammen zurückreiten, das verspreche ich dir. Gib mir nur noch ein wenig Zeit, eine Weile brauche ich noch.«
    »Natürlich. Nur eine Frage noch: Willst du mir nicht sagen, wie du gestern dem Feuer des Drachen entgehen konntest?«
    »Wie ich es dir schon sagte – mit Magie. Tan-Thalion hat mir ein paar Kniffe beigebracht.« Zum ersten Mal an diesem Morgen zeigte Loridan ein fröhliches Lächeln.
    »Magie?« Deryns Blick verriet seine Zweifel. »Wozu brauchen wir eigentlich noch Drachentöter, wenn heute jeder Zauberlehrling mit Drachen fertig wird?«
    »Es war ein einfacher Elementarzauber, ein Schutz gegen Feuer, der auch gegen Drachenfeuer wirkt, wenn auch nur für einen Augenblick. Normalerweise schützt mich meine Rüstung, aber Tan-Thalion wollte mir den Zauber unbedingt beibringen, allein schon, um mein Zaubertalent zu prüfen. Am liebsten wäre es ihm, wenn ich die Gilde der Drachentöter endgültig verlassen würde und sein Lehrling werde. Meine Berufung sind jedoch die Drachen, und kein Magier des Reiches kennt einen Zauber, mit dem man einen Drachen töten könnte. Dazu braucht man immer noch das Schwert.«
    »Das Schwert, das du an Eldilion zurückgegeben hast.«
    »Ja, das Schwert, das ich zurückgegeben habe. Ich weiß nicht, ob ich es jemals wieder führen werde.«
    *
    Es war ein sonniger Tag gewesen, der erste Tag in diesem Jahr, der den nahenden Frühling erahnen ließ. Nun breitete sich die Kühle des Abends in Car-Tiatha aus, doch noch immer waren viele Menschen auf den Straßen. Hausfrauen und Handwerker hatten sich mit ihren Arbeiten vor ihre Häuser gesetzt, um das helle Licht der Abendsonne zu nutzen und gleichzeitig ein Schwätzchen mit ihren Nachbarn zu halten. Kinder spielten auf der Straße, die vom Viehmarkt zum Südtor der Burg führte.
    »Sollten wir nicht besser ins Haus gehen? Man könnte uns hier sehen.« Der kräftige, bärtige Mann schaute misstrauisch um sich. Er saß mit vier anderen Männern an einem Tisch, der im Hof eines kleinen Hauses aufgestellt war. Bierkrüge und Weinbecher standen vor ihnen.
    »Sei unbesorgt, Drei , ich habe einen Zauber der Verschleierung um uns gelegt. Niemand wird uns beachten. Wir wollen hier zusehen, wie Aeons Licht versinkt, und darauf warten, dass das Auge unseres Meisters auf uns hinunterblickt.« Der grauhaarige Mann, der gesprochen hatte, saß am Kopfende des Tisches. Eine lederne Augenklappe verbarg sein linkes Auge.
    Die Versammlung der fünf Männer hätte tatsächlich die Aufmerksamkeit neugieriger Augen auf sich ziehen können. Einer trug einen silbergrauen Mantel, dessen Kapuze er über den

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