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Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Weissbecker
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Eine Unzahl von Sternen funkelte hell vor der samtenen Schwärze des Firmaments, und quer über den Himmel zog sich Carallas leuchtendes Band. Es war hell genug, um einen sicheren Weg durch die Trümmer zu finden, jedoch nicht so hell, dass man einen Menschen aus der Entfernung hätte erkennen können. Deryn sah keine Gefahr, von den Schergen des Richters entdeckt zu werden. Er war bisher allen Begegnungen mit anderen nächtlichen Wanderern aus dem Weg gegangen, obwohl er von Zeit zu Zeit Menschen gesehen hatte oder Geräusche aus Fenstern und Kelleröffnungen zu ihm gedrungen waren. Meist hielt er sich in den Hinterhöfen der Häuserblocks, und er näherte sich den Straßen nur, um sie schnell zu überqueren.
    Wie Deryn wusste, war auch Loridan irgendwo in der Stadt unterwegs. Der Drachentöter wollte die meiste Zeit allein sein, war allerdings heute gemeinsam mit Danira zu einem unbestimmten Ziel aufgebrochen. Mit steigender Ungeduld fragte sich Deryn, wie viele Tage noch vergehen mochten, bis Loridan zur Rückkehr nach Car-Tiatha bereit sein würde.
    Seine ziellose Wanderung hatte Deryn zu einem kleinen Haus mit auffälligen Steinmetzarbeiten geführt. Der Türsturz und die Ecken des Hauses waren verziert mit seltsamen Ornamenten, in denen Deryn keine vertrauten Formen erkannte. Eine plötzliche Neugier erwachte in ihm, wer wohl einmal in diesem Haus gewohnt haben mochte, und vorsichtig bahnte er sich einen Weg in die Ruine. Ein Strahl von Eril-Firions Licht drang durch ein Fenster herein und tauchte den Raum in ein gespenstisches Licht. Keine Möbel waren zu finden, nichts, das Aufschluss über den Beruf des früheren Bewohners Auskunft gab. Offenbar hatten Plünderer alles Verwertbare bereits einer neuen Benutzung zugeführt oder als Brennholz verwendet. Auch Teile des Holzfußbodens waren entfernt worden, wohl ebenfalls, um Holz zu gewinnen, aber vielleicht auch, um nach verborgenen Schätzen zu suchen.
    In einer Ecke lag ein Haufen von Trümmern, anscheinend von den Plünderern dort zusammengetragen, um den restlichen Teil des Bodens besser inspizieren zu können. Zwischen den Steinen sah Deryn Knochen, Teile eines menschlichen Skeletts, ebenso achtlos beiseitegeworfen wie die Trümmer des Hauses. Ein plötzliches Gefühl des Abscheus überkam ihn – Abscheu vor diesem Ort und vor den Menschen, die hier lebten. Er wandte sich entschlossen ab, um das Haus zu verlassen, doch als er die Schwelle erreichte, ertönte hinter ihm eine leise Stimme. Überrascht drehte Deryn sich um, die Hand am Griff seines Schwertes. Der Anblick, der sich ihm bot, erfüllte ihn mit Schrecken, ließ ihn erstarren. Die Trümmer waren verschwunden, stattdessen sah er einen alten Mann im blauen Gewand eines Zauberers an einem Tisch sitzen, der mit seltsamen Gerätschaften und Dokumenten bedeckt war. Alles war von einem unwirklichen Silberschein umgeben, als ob Eril-Firions Licht plötzlich den gesamten Raum erfüllen würde. Der Alte bewegte seinen Mund, und Deryn hörte eine Stimme, die direkt in seinem Kopf zu sprechen schien.
    » Die Drachen kommen. Sie holen sich wieder, was ihnen gehört. Aber schrecklicher wird es sein, wenn Thaur-Angoth kommt. Hüte dich, Mensch, denn Er kennt weniger Gnade als die Drachen .«
    Langsam löste sich die Starre von Deryns Körper, und er musterte fassungslos den Raum, der ihm jetzt wieder so erschien, wie er sein sollte – dunkel und leer. Nachdem es ihm endlich gelang, sich abzuwenden, floh er eilig von dem Ort des unheimlichen Geschehens. Plötzlich erschien ihm die Dunkelheit erfüllt zu sein von Geistern und anderen Kreaturen der Nacht. Ängstlich blickte Deryn umher, während er sich auf den Weg zurück zu Tarics Haus machte.
    Wie zuvor mied er die Straßen und hastete durch die Schatten der zerfallenen Gebäude, nun jedoch ließ ihn jedes Geräusch zusammenzucken. Die leeren Fenster der Häuser waren wie Augen, die ihn begehrlich anstarrten, und er fühlte sich auf unangenehme Weise beobachtet. Als das Gefühl der Bedrohung unerträglich wurde, bahnte er sich seinen Weg zur Straße, um den Rest des Weges schneller zurücklegen zu können. Eilig bog Deryn um die nächste Ecke, dann jedoch erstarrte er, denn nur wenige Schritte vor ihm standen zwei Männer, die ihm entgegenblickten.
    »Sieh an, da ist ja wieder unser Freund von neulich«, sagte einer der beiden. Deryn staunte, dass der Fremde ihn im spärlichen Licht der Nacht erkennen konnte. Offensichtlich war es einer der Männer, die ihn

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