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Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Weissbecker
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Männer standen – Deryn, Tirandor, Gerric und Grimstan – auch wenn sie schon zu weit entfernt waren, um sie zu erkennen. Alle diese tapferen Männer schauten erwartungsvoll auf ihn herunter, erhofften von ihm ein Lösung ihrer Probleme. Neben Timon stand Danira, und er sah die silberne Thrya-Rune, die sie nun um ihren Hals trug. Der Anblick der Rune, die er vor einigen Tagen in Car-Elnath geschmiedet hatte, half ihm zurück in die Wirklichkeit. Von neuer Entschlossenheit erfüllt, wandte der Junge sich wieder den Drachen zu, und sein Blick blieb an dem schwarzen Giganten hängen, den er auch in seinem Traum gesehen hatte. Immer noch war er zu verwirrt, um den Worten seiner Gefährten zu lauschen, er registrierte nur vage, dass ihre besorgten Stimmen in seinen Ohren klangen. Er horchte erst wieder auf, als Danira zu ihm sprach.
    »Timon, bitte, sag doch etwas zu mir.«
    »Es ist gut.« Timon sah in Daniras Gesicht, erfreut darüber, dass sie so besorgt um ihn schien. Lächelnd berührte er ihren Arm. »Lass uns weitergehen.«
    Er bemerkte, dass sie ihn mit einem Stirnrunzeln ansah, für Erklärungen blieb nun aber keine Zeit – zu sehr sehnte er sich danach, mit dem schwarzen Drachen zu reden. Mit einem Nicken signalisierte er Loridan und Selina, dass er bereit war weiterzugehen. Nur vage wurde Timon ein klägliches Keckern bewusst, und er ahnte, dass Gorm bereits zu viel Furcht verspürte, um ihm auf diesem Weg zu folgen. Er blickte dennoch nicht zurück und näherte sich ohne zu zögern den wartenden Drachen. Staunend betrachtete er die verschiedenen Färbungen der gewaltigen Wesen, doch nur kurz galt seine Aufmerksamkeit den kleineren Drachen, die zu beiden Seiten ihres Anführers warteten. Direkt auf Eisenklaue ging er zu, und als er vor dem schwarzen Drachen stehen blieb, blickte dieser aus seinen silbernen Augen auf den Jungen hinunter.
    »Eisenklaue grüßt dich«, sagte Selina, die neben Timon getreten war und eine Hand auf seine Schulter legte. »Er sagt, dass er neugierig darauf ist, dich kennenzulernen, denn deine Gefährten haben Merkwürdiges über dich berichtet.«
    »Ja, meine Geschichte ist merkwürdig«, sagte Timon. »Und ich selbst erinnere mich nur allmählich an all die Dinge, die mir widerfahren sind. Gerade eben ist ein Teil meiner Erinnerung erwacht. Ich habe dich schon einmal gesehen, in dem Moment, als mein erstes Leben endete. Ja, Eisenklaue, ich grüße auch dich und deine Gefährten. Und ich verzeihe dir, denn ich weiß, dass es nicht dein Wunsch war, mich zu töten.«
    Timon wunderte sich selbst darüber, wie kraftvoll und klar seine Stimme klang, und er begann, sein neu gewonnenes Selbstbewusstsein zu genießen. Während er darauf wartete, dass Selina seine Worte an die Drachen übermittelte, schaute er kurz zu Danira, die ihn mit offenkundigem Staunen betrachtete.
    »Ich erinnere mich.« Selina sprach die Worte, während Eisenklaue sich tief über Timon beugte. »Ich sah einen alten Mann durch das zerstörte Dach eines Hauses. In seiner Hand war ein leuchtender Stein, der eine fremdartige Macht ausstrahlte. Diese Macht hatte mich angelockt, denn schon aus der Entfernung hatte ich sie gespürt. Trotz der Ausstrahlung des Steins erkannte ich, dass der Mann, der ihn hielt, ein reiner Sohn Firions war. Es wundert mich, dass du meine Gedanken wahrgenommen hast.«
    »Ja, als mein Geist sich von meinem alten Körper löste, da empfand ich deine Gedanken so klar wie Worte.«
    »Unsere Gedanken sind Worte – und als dein Geist nicht mehr an deinen Körper gebunden war, da mag er für unsere Sprache empfänglich gewesen sein. Doch die Vernichtung von Car-Elnath ist lange her – wo ist dein Geist seitdem gewesen?«
    »Ich weiß es nicht, denn die Erinnerungen an diese Zeit sind mir verschlossen. Zumindest glaube ich, dass ich auch in dieser Zeit in mein altes Haus in Car-Elnath zurückgekehrt bin. Eine beschriftete Knochentafel wurde in dem Haus gefunden, und ich weiß, dass ich diese Inschrift angefertigt habe. Aber ich bin mir sicher, dass ich dies erst dann tat, als das Haus bereits zerstört war. Die Worte, die ich schrieb – ich glaube, ich habe sie in der Zeit gehört, als mein Geist von meinem Körper getrennt war. In einer Zeit, in der mein Geist in einer fernen, fremden Welt verweilte.«
    »Wie lauten diese Worte?«
    »Es ist ein Gedicht«, sagte Timon. »Und so lautet es:
      
    Wenn böses Auge leuchtet,
Thaur-Angoth sich regt,
der Wächter wird verdüstert,
mit dunklem Bann

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