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Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Weissbecker
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darum gekümmert hatte, das Schloss zu ölen oder es auszubauen und durch einen magischen Schutz zu ersetzen. Immer hektischer wurden seine Bewegungen, bis der Schlüssel sich mit einem knirschenden Geräusch drehte und die breite Schublade sich öffnen ließ.
    Der Blaue Stein war in ein weiches Tuch gewickelt, und Gerugrims Hände schlossen sich um das kostbare Artefakt. Vielleicht war dieser Stein, der selbst nicht in diese Welt gehörte, ein Mittel, um die Drachen zu vertreiben. Die Drachen! Hatte Tarbalas ihm nicht gesagt, dass die Drachen nicht Thaur-Angoths Kreaturen seien? Es erschien nun nutzlos, über diese Frage nachzudenken, denn offensichtlich waren sie Feinde der Menschen, und er musste einen Weg finden, sie zu bannen. Als Gerugrim den Stein ergriff, fielen seine Augen auf das Schwert, das erst seit kurzer Zeit in seinem Besitz war – das Schwert, das der Engel ihm gegeben hatte.
    Doch in diesem Augenblick erschütterte ein schwerer Schlag das Haus. Das Dach barst, und Bruchstücke von Balken und Dachschindeln regneten auf den Zauberer herunter. Ein Dachbalken streifte Gerugrims Kopf, traf seine Schulter und begrub ihn unter sich. Benommen und mit gebrochenen Rippen blieb der Zauberer am Boden liegen. Seine schwindenden Sinne klarten noch einmal kurz auf, als durch das geborstene Dach die Klaue eines Drachen sichtbar wurde. Das Dach ächzte unter dem Gewicht des gewaltigen Wesens, als dieses sich langsam auf das Haus hinuntersenkte.
    Unfähig, sich zu bewegen, blickte Gerugrim zu der metallisch schimmernden Klaue hinauf. Weitere Trümmer fielen auf ihn herunter, er spürte jedoch kaum noch den Schmerz der schweren Verletzungen, die er erlitten hatte. Merkwürdig intensiv erschien ihm dagegen das Gefühl des Luftzuges in seinem Gesicht, als der Drache mit seinen Flügeln schlug, um das Haus nicht vollständig unter sich zu begraben. Gewaltig war dieser Drache, dunkel, fast schwarz seine schuppige Haut, und silbern schimmerten seine Augen. Der gewaltige Körper hing für einen Moment unruhig über dem Haus, hob und senkte sich im Rhythmus seiner Flügelschläge. Der Kopf des Drachen senkte sich zu dem Loch in dem geborstenen Dach, und für einen Moment sah er auf Gerugrim hinunter. Die Hand des Zauberers umkrampfte den Blauen Stein, als er den Feuerstoß des Drachen erwartete – doch es kam kein Feuer. Die silbernen Augen zogen Gerugrims Blick auf sich, und er wunderte sich, dass keine Grausamkeit in ihnen lag. Das Letzte, was er empfand, bevor sich sein Geist von seinem sterbenden Körper löste, war die Trauer des Drachen. Und es war ihm, als würde der Geist des Drachen zu dem seinen sprechen.
    »Verzeih mir«, sagte er. »Es war nicht meine Absicht, dich zu töten.«
    *
    »Timon, was ist mit dir?« Daniras Stimme weckte den Jungen aus seinem Traum. »Du musst keine Angst haben, sie tun uns nichts.«
    »Ich habe dir verziehen«, erwiderte Timon. »Es war nicht dein Fehler.«
    »Timon, wovon redest du?«, fragte Danira. »Was hast du mir verziehen?«
    Immer noch verwirrt sah Timon in Daniras Augen, und er wunderte sich über ihren besorgten Blick. Nur langsam erinnerte er sich, dass er an der Seite des Mädchens das Lager verlassen hatte, um den Drachen gegenüberzutreten. Selina und Loridan waren ihnen schon eine kurze Strecke voraus, doch nun hatten auch sie sich umgewandt und kehrten langsam zurück. Ein rascher Blick verriet Timon, wo er war: Sie hatten erst einige hundert Schritte zurückgelegt, seit sie in ihrem Lager aufgebrochen waren. Durch ein dichtes Gesträuch hatte ihr Weg sie geführt, und als der Blick sich wieder vor ihnen geöffnet hatte, waren sie dem Ort nahe gewesen, wo die Drachen sich versammelt hatten.
    Sieben der gewaltigen Geschöpfe standen dort dicht beieinander, und in ihrer Mitte residierte Eisenklaue, alle anderen überragend. Ein leichter Druck an seiner Hüfte verriet Timon, dass auch Gorm bei ihm war.
    »Was ist mit dir, Timon?« Loridan war zu ihm hingetreten und legte eine Hand auf die Schulter des Jungen. »Geht es dir nicht gut?«
    »Doch, es geht mir gut. Ich hatte nur einen Traum. Ich habe mich an den Tag erinnert, als Gerugrim gestorben ist.«
    Noch einmal schaute Timon sich in alle Richtungen um, ruhiger jetzt, und endlich verflogen die Nachwirkungen der seltsamen Vision. Auf dem Hügel hinter sich sah er eine Reihe von Menschen, und die tief stehende Sonne glänzte rot auf den Rüstungen der Drachentöter. Timon wusste, dass neben den Rittern noch andere

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