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Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Weissbecker
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bezichtigt, selbst auf der Seite des Bösen zu stehen. Wie sollte ein einfacher Mensch in dieser Lage den rechten Pfad finden, wenn die Lügengespinste des finsteren Gottes Hass und Zwietracht schürten? Längst ahnte Istaron, dass er nur eine Marionette in einem großen Schauspiel war. Doch wer zog die Fäden?
    Als eine kleine Gruppe von Soldaten sich seinem Zelt näherte, runzelte der Fürst verdrießlich die Stirn. Sie trugen die rostroten Umhänge von Gweregons Truppen, und ihr Anführer war Therion, einer der Offiziere des Königs. Er war ein gefährlicher Mann, das wusste Istaron – ehemals ein einfacher Soldat, war er durch Angbolds Wohlwollen in die Gunst des Königs gekommen. Für die Aussicht auf Ruhm und Kriegsbeute würde er zweifellos ein Blutbad in Kauf nehmen. Als Therion zielstrebig auf Istaron zutrat, stellten sich vier Soldaten der Leibwache mit gezogenen Schwertern in seinen Weg. Mit stiller Befriedigung registrierte der Fürst die aufflackernde Angst in den Augen des Offiziers, er verzog jedoch keine Miene, als er dem Besucher entgegenblickte.
    »Wir müssen reden«, sagte der Soldat ohne einen Gruß.
    »Worüber?« Der Fürst trat zwischen seinen Gardisten hindurch, doch auch er hatte eine Hand auf dem Schwertknauf.
    »Es ist Zeit, den Angriff zu beginnen. Der König selbst hat es befohlen.«
    »Ich kenne die Befehle des Königs, denn aus seinem eigenen Mund habe ich sie empfangen. Wie kommt es, dass Ihr glaubt, seinen Willen besser zu kennen als ich?«
    »Ich weiß, dass es der Wunsch des Königs ist, Navaris für seinen Verrat zu bestrafen. Wir dürfen nicht länger zögern.«
    »Ich entscheide selber, was ich darf.« Die Augen des Fürsten blitzten wütend. »Euren Rat brauche ich nicht. Ihr könnt gehen.«
    »Der König hat mich zu Eurem Vertreter bestimmt«, stieß der Offizier hervor. »Wenn Ihr es nicht wagt, den Angriff zu beginnen, dann übertragt mir den Befehl.«
    »Hütet Eure Zunge!« Offener Zorn lag nun in der Stimme des Fürsten. »Ich werde Eure Aufsässigkeit nicht länger dulden. Ich befehle über diese Armee, und ich entscheide, ob und wann wir angreifen.«
    »Noch«, murmelte Therion, als er sich von Istaron abwandte. Mit raschen Schritten ging der Offizier zurück in den Bereich des Lagers, in dem Gweregons Soldaten sich niedergelassen hatten. Der Fürst folgte ihm noch lange mit seinen Blicken.
    »Warum gierst du so danach, all diese Männer in den Tod zu führen?«, murmelte er leise.
    *
    Loridan und Herubald waren schon zum zweiten Mal in die Stadt aufgebrochen, um Craith-Echsen für ihren Weg in den Süden zu erstehen, und auch Tirandor hatte sich ihnen angeschlossen. Die Beschaffung der Reittiere gestaltete sich schwieriger als erwartet, und so hatten sie schweren Herzens beschlossen, ihre Abreise um einen weiteren Tag zu verschieben. Die übrigen Gefährten waren in dem Gasthaus zurückgeblieben, doch schließlich hatte Danira sich zu einem weiteren Streifzug durch den Hafen entschlossen. Der Himmel war von Wolken verhangen, und die Aussicht erschien gering, dass die Sonne sich noch einmal zeigen würde, bevor sie hinter dem Horizont verschwand. Immer noch lagen die beiden großen Schiffe im Hafenbecken – der Sturmvogel und der Seedrache, denn Herubald und Loridan hatten Raydan überzeugt, im Hafen zu warten, bis sie von ihrer Reise in den Süden zurückkehren würden.
    Eine Weile ging Danira an dem Anlegesteg entlang und schaute ins Wasser hinunter, wo von Zeit zu Zeit die verschwommenen Formen von Meerestieren zu sehen waren. Schon an den Marktständen hatte sie die merkwürdigen Fische bestaunt, die es hier in diesem Land gab. Manche hatten schlanke Körper mit langen Flossen, die fast an Flügel erinnerten, und nun sah Danira, dass diese Wesen tatsächlich von Zeit zu Zeit über die Oberfläche des Wassers hinaussprangen und in raschem Flug dahinzogen. Andere trieben mit trägen Bewegungen im Wasser – plumpe rundliche Geschöpfe, die in leuchtenden Farben schimmerten: grelles Rot, oder seltsame Musterungen aus Gelb und Grün. Plötzlich jedoch sah Danira ein Augenpaar, das sie aus dem Wasser heraus zu beobachten schien – zwei Augen in einem Gesicht, das nicht menschlich erschien, aber offenbar auch kein Fisch war. Hastig wandte sie sich ab, und sie verließ den Anlegesteg, um wieder den Ort aufzusuchen, an dem sie auch die letzten Tage verweilt hatte.
    Schon von Weitem erkannte sie, dass Halfas bereits auf der Mauer saß, und sie freute sich darüber, denn

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