Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Weissbecker
Vom Netzwerk:
etwa die Hälfte der Strecke zurückgelegt hatten, ließ ein leises Plätschern Tirandor aufmerken. Ein wenig abseits des Bootes, undeutlich zu erkennen in dem spärlichen Licht, glaubte er für einen Augenblick, die schuppige Haut eines großen Wesens zu sehen. Eine Flosse – oder ein Arm – hob sich kurz aus dem Wasser heraus, und daran war eine klauenartige Hand, deren Finger in scharfen Krallen endeten.
    »Was war das?«, fragte er, doch als Halfas sich in die Richtung wandte, war das Wesen bereits wieder verschwunden.
    »Wahrscheinlich nur ein Fisch.« Halfas zuckte mit seinen Schultern und ruderte weiter.
    »Ein merkwürdiger Fisch«, bemerkte Tirandor. »Er hatte eine Klaue.«
    »Auch ich habe in den letzten Tagen seltsame Geschöpfe gesehen. So lange fahre ich nun schon über die Meere, dass ich geglaubt hatte, alle seine Wunder zu kennen. Nun scheint die Welt sich zu wandeln: Dämonen fliegen durch die Lüfte, und unbekannte Wesen durchstreifen die See. Lasst Eure Hand nicht über den Rand des Bootes hängen.«
    Noch schneller als zuvor ruderte Halfas nun, und bald ragte der Sturmvogel als massiver Schatten über ihnen auf. Kaum war das Boot mit einem dumpfen Geräusch gegen den Rumpf des Schiffes gestoßen, als ein Ruf von oben ertönte und ein Seil heruntergeworfen wurde. Der Kapitän vertäute das Boot und stieg mühsam die Strickleiter zum Deck des Schiffes hinauf. Ein Seemann half ihm dabei, über die Reling zu klettern. Als wenig später auch Tirandor das Deck erreichte, geleitete Halfas ihn sofort zu der Kabine, wo der Verletzte untergebracht war.
    Tirandor beugte sich über den Bewusstlosen und betrachtete ihn eingehend. Eine Gesichtshälfte des Mannes wies Spuren von schweren Verbrennungen auf, doch die Heilung hatte bereits begonnen und schien gute Fortschritte zu machen. Sein linker Unterarm war bandagiert und geschient.
    »Was ist diesem Mann widerfahren?«, fragte der Heiler.
    »Wir wissen es nicht genau. Wir fanden ihn im Wasser treibend, nachdem ein Dämon sein Schiff in Brand gesetzt hatte. Er war schon halb tot, als wir ihn fanden. Seine Verletzungen waren ernst, aber sie scheinen zu heilen. Sein Arm war gebrochen und sein Gesicht verbrannt.«
    »Und er hat seitdem sein Bewusstsein nicht wiedererlangt?«
    »Nein – nicht wirklich, auch wenn er manchmal gesprochen hat. Wirre Worte zumeist, die nicht zu verstehen waren oder keinen Sinn bildeten.«
    »Wisst Ihr, wer dieser Mann ist? Ich denke, dass ich ihm schon einmal begegnet bin.«
    »Das ist möglich. Denn dieser Mann ist Navaris, der Fürst von Car-Dhiorath.«
    »Der Fürst, in der Tat.« Tirandor lächelte traurig. »Ich erinnere mich. Einst verweilte ich an seinem Hof, und ich saß mit ihm zusammen am Krankenlager seiner Frau. Doch ich konnte nichts für sie tun – sie starb, kurz nachdem sie dem Fürsten eine Tochter geboren hatte.«
    »Glaubt Ihr, dass Ihr Navaris helfen könnt?«
    »Ich will es versuchen. Da Ihr berichtet habt, dass schon andere Heiler ihr Geschick an dieser Aufgabe erfolglos erprobt haben, ist es offenbar ein schwerer Fall. Sicher werden sie das Schwertkraut versucht haben und vielleicht auch den Siebenwurz. Wenn diese Kräuter nicht geholfen haben, dann ist es vielleicht an der Zeit, das Gewellte Sternblatt zu erproben. Es ist eine Pflanze, die nur wenigen Heilern bekannt ist. Ich fand sie in den weiten Sümpfen dieses Landes, ein paar Tagereisen südlich von hier.«
    »Und diese Pflanze heilt die Wunden, die die finsteren Dämonen verursachen?«
    »Nein. Die Wunden dieses Mannes heilen gut – und ich denke nicht, dass sie durch den Dämon direkt verursacht wurden.« Nach einer kurzen Suche zog der Heiler eine kleine Dose aus seiner Tasche hervor. »Leider weiß ich nicht viel über diese Wesen der Finsternis und über die Wunden, die sie verursachen. Danira wurde von einem starken Fieber befallen, nachdem die Klaue eines Dämons sie verwundete. Hat auch der Fürst gefiebert?«
    »Ja, allerdings nur für wenige Tage.«
    »Offenbar kann die Berührung der Dämonen verschiedene Wirkungen haben.« Tirandor seufzte leise, dann entnahm er der Dose ein fein gefiedertes Blatt, das zu einem blassen Grün verblichen war. »Aber ich will das Mittel erproben, von dem ich gesprochen habe.«
    Während Tirandor das Blatt in einem Tiegel zerrieb und mit anderen Zutaten mischte, schaute Halfas schweigend zu, bestrebt, die Konzentration des Heilers nicht zu stören. Schließlich gab Tirandor die zermahlenen Kräuter in einen

Weitere Kostenlose Bücher