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Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Weissbecker
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unangenehm, derart im Mittelpunkt des Interesses zu stehen. Selina wurde offenbar wegen ihrer Schönheit bewundert, sie vermutete allerdings, dass man sie selbst als eine Kuriosität betrachtete und insgeheim erörterte, warum ein Mädchen mit Rüstung und Schwert durch das Land ritt. Und keines der möglichen Ergebnisse dieser Diskussion gefiel ihr – sie wollte nicht belächelt werden, aber sie wollte noch weniger, dass diese müden und ängstlichen Menschen sich auf ihre Fähigkeiten verließen, an denen sie selbst zweifelte. Auch wenn sie es gelernt hatte, sich mit dem Schwert in der Hand gegen Dämonen zu stellen, sollte sie nun einem Wesen gegenübertreten, das offenbar noch schrecklicher und noch mächtiger war.
    Die trostlose Landschaft, durch die sie sich stetig voranquälten, verstärkte noch ihre düstere Stimmung. Trotzdem bemerkte sie, dass einer der jungen Männer besonders oft zu ihr hinblickte. Er hatte lange blonde Haare und war nur ein paar Jahre älter als sie selbst. Tatsächlich war er der Einzige, dessen Name sich Danira gemerkt hatte, als Sad Olgar seine Begleiter den Reisenden aus dem Norden vorgestellt hatte. Kerol hieß er, und Danira erwischte sich dabei, dass auch sie immer wieder zu ihm hinsah. Der junge Mann schien jedoch zu schüchtern, um sie anzusprechen, während sie selbst nicht in der Stimmung war, neue Freundschaften zu knüpfen. Denn jede neue Freundschaft würde nur einen schmerzlichen Abschied bedeuten.
    Es war eine beschwerliche Reise, denn das Land war sumpfig, und selbst die Craith-Echsen mit ihren großen flachen Füßen sanken von Zeit zu Zeit tief in dem aufgeweichten Boden ein. Trotz aller Widrigkeiten zeigten zerfallene Brücken und überwucherte Wegsteine, dass es eine von Menschenhand angelegte Straße war, der sie folgten. Abseits des Weges war das Gelände unpassierbar, denn trügerische Moore wechselten sich dort mit dunklen Tümpeln ab, die im Licht der Sonne ölig glänzten. Die Bäume, die in dieser Landschaft wuchsen, waren offensichtlich schon lange tot. Manche hoben sich kahl und trostlos in die Höhe, wie mahnende Finger, die den unbedarften Wanderer warnen wollten, von der Sicherheit des Weges abzuweichen. Andere hatten mit ihren abgestorbenen Wurzeln den Halt in dem sumpfigen Boden verloren und ragten in schiefen Winkeln aus dem übel riechenden Wasser der Tümpel hervor, oder sie lagen umgestürzt in den vermoderten Überresten ihrer einstigen Kronen.
    Der Anblick des verwahrlosten Waldes war niederdrückend, und dieser Eindruck wurde nur gemildert durch das gelegentliche Aufblitzen von kleinen bunten Blüten und frischem Grün. Erst bei näherem Hinsehen bemerkte Danira, dass viele der ausgeblichenen Baumgerippe von einem Geflecht dünner Triebe überzogen waren, die die toten Bäume offenbar als Stütze benötigten, um sich aus den Sümpfen zu erheben. Und an diesen Trieben blühten blaue, gelbe und weiße Blüten, so winzig, dass ihre Form aus der Ferne nicht zu erkennen war.
    Auch wenn außer Sumpfpflanzen nichts Lebendiges oder Übernatürliches zu sehen war, so glaubten die Gefährten doch, eine beständige Drohung im Zwielicht zwischen den Bäumen zu erspüren. Ein Schatten lag auf dem Land, obwohl der Wald seiner Blätter beraubt war und die Strahlen der Sonne scheinbar ungehindert zwischen den toten Stämmen hindurchdringen konnten. Es war kein Schatten, der von dem Licht der Sonne geworfen wurde, sondern ein Hauch der Furcht und der Dunkelheit, der von der Oberfläche der schleimigen Tümpel aufzusteigen schien. Immer wenn der Weg der Gefährten sie nahe an einem der dunklen Pfühle vorbeiführte, beschleunigten die Reittiere unwillkürlich ihre Schritte. Manchmal waren Wellen auf der Oberfläche des Wassers zu sehen, als ob irgendwelche Wesen sich dort regten.
    Schon zur Mittagszeit schoben sich dichte Wolken über den Himmel, aus denen bald ein beständiger Regen herunterfiel. Das düstere Wetter ließ das Land noch trostloser erscheinen, und die Stimmung der Gefährten sank auf einen Tiefpunkt. Keiner sprach ein Wort, während sie in einer einfachen Reihe weiterritten. Die meiste Zeit war Danira tief in Gedanken versunken, und immer wieder wiederholte sie in ihrem Geist die magischen Worte, die Melia sie während der Morgenmahlzeit gelehrt hatte. Auch während ihrer Rast am frühen Nachmittag drehten sich ihre Gespräche einzig um die Runen und die Zaubersprüche, die die Macht der Elemente entfesseln würden.
    Tirandor allerdings nutzte die

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