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Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Weissbecker
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der Tarth seinen Kopf hin und her – und plötzlich sprang er los, das Horn zum tödlichen Stoß gegen Loridan gerichtet. Danira stieß einen ängstlichen Schrei aus, als sie sah, wie der Ritter unter dem Ungetüm verschwand. Der Tarth verharrte kurz, bevor er ein ohrenbetäubendes Kreischen ausstieß und sich zur Flucht wandte. Loridan blieb am Boden liegend zurück.
    Sofort lief Selina zu dem Ritter hin, und Danira blickte ihr besorgt hinterher. Auch sie wollte eigentlich loslaufen, aber sie wusste, dass sie ihr Reittier nun nicht allein zurücklassen durfte. Sie nahm daher Selinas Platz am Kopf des Tieres ein und ließ die Begrüßung durch die neugierig tastende Zunge über sich ergehen. Erleichtert sah sie, dass Loridan sich von Herubald auf die Füße ziehen ließ, und Hand in Hand mit Selina kehrte er zu der Gruppe zurück.
    »Warum hast du den Tarth angegriffen?«, fragte Danira, als der Ritter bei ihnen angekommen war.
    »Wir haben ohnehin kaum genug Reittiere«, sagte Loridan mit einem Lächeln. »Ich wollte nicht, dass wir eines von ihnen verlieren.«
    Sie gingen nun zu der kleinen Ansammlung von Häusern hin und erkannten, dass eines von ihnen ein Tempel gewesen war. In den meisten Häusern türmten sich die Trümmer der eingestürzten Dächer, und ohnehin war keines groß genug, um ihre Echsen aufzunehmen. Daher beschlossen sie, zwischen einigen der Gebäude Seile aufzuspannen, die einen provisorischen Pferch für die Reittiere bildeten. Dann nutzten sie das letzte Tageslicht, um im Schutz der Außenmauer ein Lager aus Zeltplanen zu errichten, denn die Nacht versprach kühl und regnerisch zu werden. Trotzdem wagten sie es nicht, ein Feuer zu entzünden, aus Furcht, dass das Licht unliebsame Besucher anziehen könnte. Sie nahmen eine rasche und freudlose Abendmahlzeit ein, während das Licht immer mehr dahinschwand, denn kein Stern zeigte sich am Himmel, um die Finsternis der Nacht zu durchdringen. Kaum jemand sprach etwas, und bald hüllten alle sich in ihre Decken und legten sich dicht beieinander zur Ruhe.
    Trotz ihrer Müdigkeit fand Danira keinen Schlaf. Wenn sie ihre Augen öffnete, sah sie von Zeit zu Zeit den Widerschein ferner Blitze. Von Süden und Westen her durchdrang dumpfes Donnergrollen die Stille der Nacht. Die Reittiere waren unruhig, und ihre zischenden Angstlaute und das gelegentliche Heulen weckten düstere Ahnungen in Danira. Ab und zu hörte sie leise Gespräche, denn die Wachen, die sie aufgestellt hatten, fanden keine Ruhe und immer wieder brachen sie zu Rundgängen um das Gehege der Reitechsen auf.
    Als das erste Licht des Morgens sich im Osten zeigte, schreckte Danira aus einem leichten Schlummer auf, in den sie erst kurz zuvor gefallen war. Sie sah, dass Loridan, der vor kurzer Zeit noch neben ihr gelegen hatte, nicht in der Nähe war. Auf der anderen Seite von Loridans verlassener Lagerstatt schliefen Selina und Timon, anscheinend unbeeindruckt von den Schrecken der Nacht. Danira fröstelte, als sie sich erhob, denn ihre Kleidung war feucht vom Regen, der irgendwie durch die Zeltplane gedrungen war. Nahebei sah sie Melia, die sich auf ihrem Lager aufgesetzt hatte. Die alte Frau wirkte müde und erschöpft, doch sie lächelte, als sie sich Danira zuwandte.
    »Bitte, hilf mir auf«, sagte sie leise.
    Als sie gemeinsam unter der Plane hervortraten, erblickten sie Loridan und Herubald, die sich mit schnellen Schritten dem Lager näherten.
    »Wo seid ihr gewesen?«, fragte Danira, als die Ritter herangekommen waren.
    »Wir haben nach Spuren gesucht«, sagte Loridan; auch er sah angespannt und müde aus. »Eine Tarth-Echse hat in der Nacht unser Lager belauert, vielleicht auch mehr als eine. Ich denke, die Unruhe der letzten Nacht kann erklärt werden durch das ferne Gewitter und die nahen Räuber.«
    »Vielleicht«, erwiderte Melia. »Die Nomaden des Öden Landes berichten allerdings, dass Ul’ur Herr über das Wetter und die wilden Tiere ist. Die Tarth-Echsen sind seine Diener, und Blitz und Donner sind seine finsteren Gedanken.«
    »Ich bin nicht erfreut über die Aussicht, diesem Wesen zu begegnen«, sagte Herubald. »Was können unsere Schwerter gegen es ausrichten?«
    »Nichts, fürchte ich«, sagte die alte Frau. »Dennoch bitte ich Euch, mit uns zu kommen, wenn wir heute ins Zentrum seiner Macht vordringen. Wir könnten weiteren Tarth-Echsen begegnen, oder anderen Wesen, die unter dem Befehl von Ul’ur stehen.« Melia blickte in die Augen des Ritters. »Es könnten auch

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