Brüder der Drachen
Menschen sein, die er seinem Willen unterworfen hat. Ein paar der Männer, die mit mir aus dem Süden gekommen waren, sind in Ul’urs Gewalt geraten.«
»Gibt es für diese Menschen noch eine Rettung?«, fragte Loridan. »Oder kann nur der Tod sie befreien?«
»Ich weiß es nicht.« Traurig schüttelte Melia ihren Kopf. »Vielleicht können Tirandors Heilkräuter ihnen Rettung bringen, doch dazu müsste es Euch zunächst gelingen, sie lebend zu überwältigen. Aber wenn wir keinen anderen Weg sehen, müssen wir sie töten. Vielleicht sind unsere Kameraden ohnehin bereits tot, und wir werden nie wieder eine Spur von ihnen sehen.«
»Vielleicht«, sagte Loridan. »Und doch wollen wir beten, dass es nicht so ist, denn ohne Jandaldon ist all unsere Hoffnung verloren.«
»So ist es«, sagte Melia. »Wir wollen auf Firion vertrauen, wenn wir uns auf den Weg nach Car-Lanadhon machen. Denn es ist nun soweit – gleich hebt die Sonne sich über den Horizont. Lasst uns nun aufbrechen, sobald alle bereit sind.«
Nach einer schnellen Morgenmahlzeit machten die Gefährten sich auf den Weg. Die vier Erwählten gingen voraus, und Melia war unter ihnen. Dicht hinter ihnen folgten die anderen – Herubald, Gerric und diejenigen von Sad Olgars Gefolgschaft, die willig gewesen waren, diese Gefahr auf sich zu nehmen. Tirandor hatte sich dazu überreden lassen, mit ein paar anderen Männern bei den Echsen zurückzubleiben, denn sie hatten beschlossen, die Stadt ohne ihre Reittiere zu betreten.
Neugierig blickte Danira den Ruinen entgegen, die sie an die Stadt der Geister erinnerten. Es dauerte nicht lange, bis sie die ersten Mauern von Car-Lanadhon erreichten. Vor ihnen lag ein weites Trümmerfeld, und nicht viel mehr war von den meisten Häusern geblieben als die steinernen Fundamente. Weit im Osten war die Sonne zu sehen, die sich über den flachen Horizont erhoben hatte, doch dunkle Wolken türmten sich über der Stadt, finster und bedrohlich. Die Spitze des Hügels, auf dem Car-Lanadhon errichtet war, lag in den Wolken verborgen. Wieder setzte ein leichter Regen ein, und ein kühler Wind ließ die Gefährten frösteln. Geradlinig führte ihr Weg bergauf, zuweilen über weite Treppen, die die gesamte Breite der einstigen Hauptstraße einnahmen.
Als sie sich langsam dem Zentrum der Stadt näherten, begannen die Trümmer sich zu verändern. Stabilere Häuser hatten hier gestanden, manche ganz aus Steinen erbaut, andere zumindest mit einem hohen steinernen Sockel. Diese Häuser waren nicht gänzlich zerstört, und Danira betrachtete mit nervösen Blicken die Mauerreste, die den Wegesrand säumten. Ihre linke Hand hielt sie an der Thrya-Rune, die an einem Lederriemen um ihren Hals hing, die rechte lag am Heft ihres Schwertes. Plötzlich waren Laute zu hören – der hastige Tritt von Füßen und ein unartikuliertes Heulen. Alle blieben stehen, verharrten lauschend. Waffen wurden aus den Scheiden hervorgezogen.
»Zur Seite!«, rief Loridan im gleichen Moment, als drei Tarth-Echsen zwischen den Gebäuden auftauchten und ohne zu zögern gegen die Gemeinschaft vorstürmten. Während der Drachenritter Melia zum Eingang eines zerfallenen Hauses zog, verharrte Danira mit gezogenem Schwert am Rand der Straße. Sie machte sich bereit, die Untiere abzulenken, falls die alte Frau nicht schnell genug in Sicherheit gelangen würde. Trotz ihrer Entschlossenheit ließen der ungestüme Angriff und die drohend vorgereckten Hörner Danira einen Augenblick vor Angst erstarren. Erst im letzten Moment warf sie sich zur Seite, und das Horn des ersten Tarth zog direkt über ihr eine tiefe Furche in die Wand des Hauses. Staub und Steinsplitter rieselten auf Danira herunter, während die Füße des Ungetüms eine Handbreit entfernt an ihrem Kopf vorbeitrampelten. Sofort bemühte sie sich, wieder auf die Füße zu kommen, denn der Tarth wirbelte herum, um sie erneut anzugreifen.
In dem kurzen Moment, den das Raubtier für seine Wendung brauchte, sprang Gerric herbei, der nahebei gestanden hatte. Mit beiden Händen rammte er sein Schwert tief in die Flanke des Tarth. Dieser erstarrte mitten in der Bewegung und brach in sich zusammen. Gleichzeitig ertönten aus einiger Entfernung verzweifelte Schreie, denn die beiden anderen Raubechsen waren in die Gruppe der Männer aus der Seestadt gerast. Herubald und Loridan eilten ihnen zur Hilfe, und auch Danira wandte sich den Kämpfenden zu, doch bis sie sie erreichte, hatten die Drachentöter die beiden Tiere
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