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Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Weissbecker
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verflogen, und aufmerksam musterte er das dunkle Wasser. Ein leises Rumpeln ließ ihn herumfahren, doch er sah, dass es nur Boote waren, die auf den Wellen tanzten und gelegentlich gegeneinanderstießen. Trotzdem ging Jandaldon nun noch vorsichtiger weiter, sein Blick streifte unstet über die Planken des Steges und die vertäuten Boote. Dann war auch Tirandor heran, und er trat neben den Sänger, die Fackel in einer Hand, sein Schwert in der anderen.
    »Jandaldon, was willst du hier?«
    »Ist es nicht meine Pflicht, mich dem Bösen zu stellen?«
    »Vielleicht«, flüsterte Tirandor. »Aber nicht alleine.«
    »Leise!« Jandaldon hob eine Hand, und sein Blick wandte sich einem Boot zu, das nahebei vertäut lag. Mit seiner Rechten hielt er die Rune vor sich, während er sich langsam der Kante des Steges näherte. Leise Geräusche waren zu hören, ein Schlürfen und Schmatzen, das den beiden Männern einen Schauder über den Rücken jagte. Gerade als Jandaldon weitergehen wollte, drängte Tirandor sich an ihm vorbei, und er hielt die Fackel vor sich ausgestreckt, während er sich über den Rand des Steges hinunterbeugte. Das flackernde Licht leuchtete in ein Boot, das sachte im Seegang schaukelte. Darin lag ein Mann, und über ihn beugte sich ein Wesen mit einer silbrigen, schuppigen Haut.
    Ruckartig fuhr die Kreatur herum, um Tirandor und Jandaldon anzusehen. Ihr Kopf war mit hornigen Schuppen bedeckt, zwischen denen zwei große silberne Augen das Licht der Fackel einfingen und widerspiegelten. Von den spitzen Zähnen lief ein Rinnsal von Blut und verlor sich in der feucht glänzenden Haut der Kreatur. Mit starrem Blick sah sie zu dem Heiler hinauf, regungslos verharrend, die klauenbewehrten Arme auf die Bordwand des kleinen Bootes gestützt. Der Mann, der im Boot lag, hatte eine klaffende Wunde im Hals. Der Moment erschien endlos, doch plötzlich stieß das Wesen sich von der Bootswand ab und versank mit einem leisen Plätschern im Wasser. Tirandor atmete tief durch, als sei eine schwere Last von ihm gefallen.
    »War das einer der Dämonen des Dunklen Herrn?«, fragte Jandaldon.
    »Ich weiß es nicht. Zumindest sah er anders aus als die Dämonen, denen ich im Norden begegnete.«
    »Vielleicht hätte ich ihn vernichten können mit der Macht dieses Amuletts.«
    »Valkar wurde von einem Dämon getötet, obwohl er eine der Runen trug.« Tirandor drückte seine Fackel in Jandaldons Hand und sprang in das Boot hinunter. Für einen Moment beugte er sich über den Mann, der leblos dort lag. Schließlich schüttelte er betrübt seinen Kopf.
    »Für diesen Mann kommt jede Hilfe zu spät. Trotzdem wollen wir ihn nicht hier zurücklassen.«
    Mühsam zogen Tirandor und Jandaldon den Toten aus dem schwankenden Boot auf den Steg hinauf und trugen ihn zu dem Platz, an dem sich einige der verängstigten Fischer gesammelt hatten. Die erregten Stimmen der Wartenden verstummten, als ihr toter Gefährte reglos zu ihren Füßen lag. Auch ein paar Frauen befanden sich in der Menge, angelockt durch den Tumult, der im Hafen ausgebrochen war. Eine von ihnen drängte sich zwischen den übrigen hindurch und begann laut zu klagen, als sie auf den Toten hinunterblickte. Sie warf sich über den blutverschmierten Leichnam ihres Mannes, und für eine Weile waren das Weinen und Schluchzen der Frau die einzigen Geräusche. Die Fischer standen um sie herum, die Hände zu Fäusten geballt und dennoch hilflos und voller Angst.
    Dann plötzlich hörten sie das klagende Singen, das vom Meer zu ihnen herübertönte. Es war wie ein trauriger Gesang, der aus vielen Kehlen zu kommen schien, unheimlich und schön zugleich. Das unmenschliche Klagen bildete eine passende Untermalung zum Schluchzen der Frau, doch diese hörte auf zu weinen, als sie des schaurigen Gesanges gewahr wurde.
    »Bringt meinen Mann nach Hause«, sagte sie, und ohne sich noch einmal umzuwenden verließ sie den Hafen.
    *
    Unzählige Fahnen und Wimpel flatterten von den Mauern und Türmen von Car-Osidia. Im Hof der Burg hatte sich eine große Reiterschar gesammelt, alle mit Speeren und Schwertern bewaffnet und schwer gerüstet. Auch die Echsen waren für den Kampf gepanzert worden – Hauben bedeckten ihre Köpfe, und Stahlplatten schützten die empfindlichen Schenkel. Am Kopfschutz der Tiere waren scharfe Klingen befestigt, die nun noch unter hölzernen Umhüllungen verborgen waren. Abseits der geordneten Reihen der Ritter stand eine kleine Gruppe von Craith-Echsen bereit, die ungeduldig auf

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